Leitsatz (amtlich)
1. Ergibt sich die Gläubigerstellung des Grundschuldbriefbesitzers aus einer zusammenhängenden, auf den eingetragenen Gläubiger zurückgehenden Reihe von öffentlich beglaubigten Abtretungserklärungen, so hat ihn das Grundbuchamt so zu behandeln, als würde er bereits als Grundpfandrechtsgläubiger aus dem Grundbuch hervorgehen. Bei Zweifeln an der Rechtsinhaberschaft eines Zedenten, ist deshalb auch die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs in Betracht zu ziehen.
2. Die Eintragung des Zessionars im Wege der Grundbuchberichtigung darf unter diesen Umständen nur abgelehnt werden, wenn der Erwerber nach Überzeugung des Grundbuchamtes um das beim Veräußerer fehlende Recht wusste, der gutgläubige Erwerb also widerlegt ist.
Verfahrensgang
LG Dessau (Beschluss vom 07.04.2003; Aktenzeichen 7 T 36/03) |
AG Köthen (Aktenzeichen WG-1003-5) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des LG Dessau vom 7.4.2003, Geschäftszeichen: 7 T 36/03, abgeändert:
Der Beschluss des AG Köthen - Grundbuchamt - vom 29.4.2002, Geschäftszeichen: WG-1003-5, wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über den Eintragungsantrag des Antragstellers an das Grundbuchamt des AG Köthen zurückverwiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 51.129,19 Euro.
Gründe
I. Der Antragsteller, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, hat sich am 1.8.2001 unter Vorlage mehrerer, auf die vom Beteiligten zu 1) repräsentierte Gemeinschuldnerin zurückgehender, notariell beglaubigter Abtretungserklärungen sowie der Grundschuldbriefe an das Grundbuchamt gewandt und seine Eintragung als Gläubiger der seit dem 5.12.2000 in Abt. III lfd.-Nr.: 1 und 2. des Grundbuchs vermerkten Grundschulden über 60.000 DM und 40.000 DM beantragt. Die Grundschuldbriefe sind erst am 18.1.2001 gefertigt worden. Bereits am 1.11.2000 hat das AG Charlottenburg im Insolvenzverfahren über das Vermögen der eingetragenen Gläubigerin Sicherungsmaßnahmen angeordnet. Danach waren Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam. Das Grundbuchamt hat den Antragsteller mit Verfügung vom 22.2.2002 darauf hingewiesen, dass die Gemeinschuldnerin die Grundpfandrechte nicht habe wirksam abtreten können, weil die Verfügungsbefugnis auch noch zum Zeitpunkt der Briefübergabe bestehen müsse, was hier angesichts des Herstellungszeitpunkts der Briefe auszuschließen sei. Der Antragsteller habe daher von der Zweitzedentin, bei der es sich um die Beteiligte zu 2) handelt, nichts erworben.
Durch Beschluss vom 29.4.2002 hat das Grundbuchamt den Eintragungsantrag aus den Gründen der Verfügung vom Februar 2002 zurückgewiesen. Am 12.6.2002 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gläubigerin im Grundbuch vermerkt.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Entscheidung des Grundbuchamtes blieb erfolglos. Das LG Dessau hat das Rechtsmittel mit Beschluss vom 7.4.2003 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit der am 29.12.2003 beim OLG eingegangenen weiteren Beschwerde.
II. Die nach §§ 78 S. 1, 80 Abs. 1 GBO zulässige weitere Beschwerde ist begründet und führt zur Zurückverweisung an das Grundbuchamt. Die Entscheidung des LG beruht auf einer Rechtsverletzung, woraufhin dem Beteiligten zu 1) rechtliches Gehör gewährt und Weiteres festgestellt werden muss.
1. Die eingetragene Gläubigerin hatte sich die Grundschulden noch als Eigentümerin der belasteten Grundstücke bestellt (§ 1196 Abs. 1 u. 2 BGB). Auch als Briefrecht entstehen Eigentümergrundschulden bereits mit der Eintragung. Die Übertragung der Grundpfandrechte erfolgt nach §§ 1154, 1192 Abs. 1 BGB, setzt also, wie bei einer Fremdgrundschuld, die Aushändigung des Briefes voraus (§§ 1117, 1192 Abs. 1 BGB). Findet ein Eigentumswechsel am Grundstück statt, entsteht eine Fremdgrundschuld in der Hand des bisherigen Eigentümers (Erman/Wenzel, BGB, 10. Aufl., § 1196 Rz. 8).
Der Antragsteller leitet seine Rechtsinhaberschaft aus Abtretungen der eingetragenen Gläubigerin an die Beteiligte zu 2) und von dort an ihn her. Soll die Übertragung einer Briefgrundschuld in das Grundbuch eingetragen werden, so genügt es, wenn an Stelle der Eintragungsbewilligung die Abtretungserklärung des bisherigen Gläubigers vorgelegt wird (§§ 26 Abs. 1, 29 Abs. 1 S. 1 GBO). Auf die Voreintragung des Betroffenen kann verzichtet werden, wenn der Rechtserwerb durch eine zusammenhängende, auf den eingetragenen Gläubiger zurückgehende Reihe von öffentlich beglaubigten Abtretungserklärungen nachgewiesen und der Brief vorgelegt ist (§§ 39 Abs. 2, 42 S. 1, 41 Abs. 1 S. 1, 29 Abs. 1 S. 1 GBO i.V.m. §§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 1 S. 1, 1155, 1117 Abs. 3 BGB; vgl. zur Notwendigkeit der Briefvorlage BayObLG, Beschl. v. 2.3.1987 - 2 Z 25/87, RPfleger 1987, 363). Dennoch hat das Grundbuchamt nach dem Legalitätsprinzip ihm bekannt gewordene Verfügungsbeschränkungen zu beachten, wenn durch die Vornahme der Eintragung des vermeintlichen Erwerbers der I...