Leitsatz (amtlich)
Die Zuständigkeitsregel des § 642 ZPO ist auch dann gegeben, wenn von einem inzwischen volljährig gewordenen Kind ausschließlich Unterhalt für die Zeit der Minderjährigkeit gefordert wird. (Hinweis: a.A. OLG Naumburg v. 15.4.1999 - 3 AR 9/99, JMBL 1999, 1778 = FuR 1999, 489; 8 WF 8/03 (n.v.))
Verfahrensgang
AG Sangerhausen (Beschluss vom 28.11.2003; Aktenzeichen 2 F 274/03) |
Tenor
Als örtlich zuständiges Gericht wird das AG - FamG - Sangerhausen bestimmt.
Gründe
I. Mit Schriftsatz vom 16.9.2003 reichte der am 23.9.1985 geborene Kläger beim AG - FamG - Sangerhausen Klage auf Zahlung rückständigen Kindesunterhaltes für die Zeit vom 1.6.2001 bis 22.9.2003 i.H.v. 3.407,30 Euro zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit ein (Bl. 1 bis 6 d.A.).
Aufgrund Verfügung des AG Sangerhausen vom 2.10.2003 (Bl. 17 d.A.) wurde die Klageschrift am 7.10.2003 dem Beklagten zugestellt (Bl. 21 Rs d.A.).
Nachdem das AG Sangerhausen bereits mit Verfügung vom {0}2.10.2003 (Bl. 17 d.A.) den Kläger auf Bedenken gegen die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts hingewiesen hatte, beantragte dieser mit Schriftsatz vom 16.10.2003 (Bl. 22 d.A.), das Verfahren an das FamG Berlin-Hohenschönhausen zu verweisen.
Mit Beschluss vom 20.10.2003 (Bl. 20 d.A.) hat sich sodann das AG Sangerhausen für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das "AG - FamG - Berlin-Hohenschönhausen" verwiesen.
Das AG Berlin-Hohenschönhausen hat mit Verfügung vom 11.11.2003 (Bl. 27 d.A.) seine Zuständigkeit unter Hinweis auf § 642 ZPO sowie darauf, dass dort keine familiengerichtliche Abteilung existiere, verneint und die Akte an das AG Sangerhausen zurückgesandt.
Mit Beschluss vom 28.11.2003 (Bl. 31 d.A.) hat sich das AG Sangerhausen erneut für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit unter Hinweis auf den Wohnsitz des Beklagten an das AG - FamG - Berlin Tempelhof-Kreuzberg verwiesen.
Mit Beschluss vom 8.12.2003 (Bl. 33 d.A.) hat sich sodann das AG Tempelhof-Kreuzberg unter Hinweis auf § 642 ZPO für örtlich und sachlich unzuständig erklärt.
Die Sache ist nunmehr vom AG Sangerhausen dem OLG Naumburg zur Entscheidung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vorgelegt worden (Bl. 37/37 Rs d.A.)
II. 1. Sowohl das AG Sangerhausen, dieses durch Beschluss vom 28.11.2003 (Bl. 31 d.A.), als auch das AG Tempelhof-Kreuzberg durch Beschluss vom 8.12.2003 (Bl. 33 d.A.) haben sich durch rechtskräftige Entscheidungen i.S.v. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (vgl. BGH v. 5.3.1980 - IV ARZ 2/80, MDR 1980, 564 = NJW 1980, 1282) für unzuständig erklärt. Da das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht im vorliegenden Fall der BGH ist, war gem. § 36 Abs. 2 ZPO das zuständige Gericht durch das OLG zu bestimmen, in dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört. Das ist für den Amtsgerichtsbezirk Sangerhausen als zuerst mit der Sache befasstem Gericht das OLG Naumburg.
2. Als örtlich zuständiges Gericht ist gem. § 36 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO im vorliegenden Fall gem. § 642 Abs. 1 S. 1 ZPO das AG - FamG - Sangerhausen zu bestimmen. Nach vorgenannter Norm ist für Verfahren, die die gesetzliche Unterhaltspflicht eines Elternteils oder beider Elternteile ggü. einem minderjährigen Kind betreffen, das Gericht ausschließlich zuständig, bei dem das Kind oder der Elternteil, der es gesetzlich vertritt, seinen allgemeinen Gerichtsstand hat.
Zwar ist dem vorliegenden AG zuzugeben, dass der Kläger bei Eintritt der Rechtshängigkeit, also bei Zustellung der Klage am 7.10.2003, bereits volljährig war, indes lässt dies hier gleichwohl nicht die Zuständigkeit des zunächst angerufenen Amtsgerichtes nach § 642 Abs. 1 S. 1 ZPO entfallen. Bei dem eingeklagten Unterhalt i.H.v. 3.407,30 Euro handelt es sich ausweislich des Klageantrags (Bl. 2 d.A.) sowie der detaillierten Forderungsberechnung auf S. 5 der Klageschrift ausschließlich um rückständigen Kindesunterhalt des Klägers gem. den §§ 1601 ff. BGB für die Zeit vom 1.6.2001 bis einschließlich 22.9.2003. Während dieses Zeitraumes war der Kläger noch minderjährig. Da aber § 642 Abs. 1 S. 1 ZPO seinem unmissverständlichen Wortlaut nach die ausschließliche örtliche Zuständigkeit für Klagen und vereinfachte Verfahren, welche die Unterhaltspflicht von Eltern ggü. ihren minderjährigen Kindern betreffen, an den allgemeinen Gerichtsstand des Kindes oder des Elternteils, der das Kind gesetzlich vertritt, anknüpft, ist die Zuständigkeitsregelung durch § 642 Abs. 1 S. 1 ZPO auch dann (noch) abschließend und einschlägig, wenn von einem zwischenzeitlich volljährig gewordenem Kind - wie hier dem Kläger - ausschließlich Unterhalt für die Zeit seiner Minderjährigkeit gefordert wird (Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl. 2003, § 642 ZPO Rz. 2a m.w. Rechtsprechungsnachweisen).
Da der Kläger seinen Wohnsitz und damit seinen allgemeinen Gerichtsstand im Sinne der §§ 12, 13 ZPO in Allstedt, also im Bezirk des AG Sangerhausen hat, war und ist demzufolge für seine Klage auf Zahlung des rückständigen Minderjährigenunterhaltes, unbeschadet seines Al...