Leitsatz (amtlich)
Hinreichende Erfolgsaussicht i.S.d. § 114 ZPO liegt für die Rechtsverfolgung schon dann vor, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der antragstellenden Partei aufgrund ihrer Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Es muss also aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich sein, dass die antragstellende Partei mit ihrem Begehren durchdringen wird, wobei die Anforderungen an die rechtlichen und tatsächlichen Erfolgsaussichten nicht überspannt werden dürfen.
Deshalb darf hinreichende Erfolgsaussicht nicht verneint werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage schwierig und nicht eindeutig geklärt ist.
Die Frage, ob es sich bei den Kosten einer Konfirmation oder einer Klassenfahrt um Sonderbedarf eines Kindes i.S.d. § 1613 BGB handelt, ist in der Rspr. str.
Verfahrensgang
AG Wernigerode (Aktenzeichen 11 F 1365/02) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG Wernigerode vom 12.9.2002, Az.: 11 F 1365/02, abgeändert.
Der Antragstellerin wird ratenfreie Prozesskostenhilfe für die erste Instanz unter Beiordnung von Rechtsanwalt H. aus W. zu ihrer Vertretung bewilligt.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die gem. den §§ 127 Abs. 2 S. 2 und S. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des AG Wernigerode vom 12.9.2002, Az.: 11 F 1365/02 (Bl. 21 bis 23 d.A.), ist begründet.
Denn das AG hat zu Unrecht das Vorliegen der Voraussetzungen, unter welchen einer Partei Prozesskostenhilfe gem. den §§ 114, 115 ZPO zu bewilligen ist, verneint. Das Rechtsmittel der Antragstellerin führt dazu, ihr für ihre beabsichtigte Klage auf Erstattung der anlässlich der Konfirmation bzw. Klassenfahrten der gemeinsamen minderjährigen Kinder angefallenen Kosten i.H.v. 213,64 Euro unter dem Gesichtspunkt des Sonderbedarfs Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Hinreichende Erfolgsaussicht i.S.d. § 114 ZPO liegt für die Rechtsverfolgung schon dann vor, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der antragstellenden Partei aufgrund ihrer Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 114 Rz. 19). Es muss also aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich sein, dass die antragstellende Partei mit ihrem Begehren durchdringen wird, wobei die Anforderungen an die rechtlichen und tatsächlichen Erfolgsaussichten nicht überspannt werden dürfen (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., Rz. 19).
Hier hat die Antragstellerin im Sinne der für die im Prozesskostenhilfeverfahren im oben näher bezeichneten Umfang erforderliche, jedoch auch ausreichende summarisch-prognostische Prüfung der Erfolgsaussichten hinreichend schlüssig dargelegt, dass ihr der begehrte Sonderbedarf zustehen könnte. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass das Prozesskostenhilfeverfahren nicht dem Zweck dient, über zweifelhafte Rechtsfragen abschließend vorweg zu entscheiden. Deshalb darf hinreichende Erfolgsaussicht nicht verneint werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage schwierig und nicht eindeutig geklärt ist (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., Rz. 21m. z. N.).
Die Frage jedoch, ob es sich bei den Kosten einer Konfirmation oder einer Klassenfahrt um Sonderbedarf eines Kindes i.S.d. § 1613 Abs. 2 BGB handelt, ist in der Rspr. str. (vgl. die Darstellung des Meinungsstandes bei Palandt/Diederichsen, BGB, 61. Aufl., § 1613 Rz. 20, 21). Daher wird das AG im Hauptverfahren unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls zu prüfen haben, ob die geltend gemachten Aufwendungen als Sonderbedarf von dem Antragsgegner verlangt werden können oder nicht. Hierbei hat es auch die wirtschaftlichen Umstände beider Parteien zu beachten und konkret abzuwägen, ob im vorliegenden Fall der Sonderbedarf im Verhältnis zum laufenden Unterhalt außergewöhnlich hoch i.S.d. § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist, wovon i.d.R. bei sehr beengten finanziellen Verhältnissen, in denen der Mindestbedarf der Kinder mit dem laufenden Unterhalt lediglich annähernd gedeckt ist, auszugehen sein dürfte.
Nach alledem hat das Rechtsmittel der Antragstellerin in der Sache Erfolg und ist ihr für die erste Instanz Prozesskostenhilfe – aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse ohne Anordnung von Ratenzahlungen – gem. den §§ 114, 115 ZPO zu gewähren.
II. Die Nebenentscheidung beruht auf § 11 Abs. 1 GKG, Anlage 1, KV Nr. 1956 und § 127 Abs. 4 ZPO.
gez. Hahn gez. Materlik gez. Ewald
Fundstellen