Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten der Kommunion als Sonderbedarf im Sinne des § 1613 Abs. 2 BGB
Leitsatz (amtlich)
Ob Kosten einer Kommunion Sonderbedarf sind ist sehr streitig. Aus diesem Grund ist PKH zu bewilligen, da sonst eine schwierige Rechtsfrage in das PKH-Verfahren unzulässig vorverlagert würde.
Normenkette
ZPO §§ 114-115; BGB § 1613 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Wernigerode (Beschluss vom 15.09.2005; Aktenzeichen 11 F 1367/05) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG Wernigerode vom 15.9.2005 - 11 F 1367/05, abgeändert und der Antragstellerin uneingeschränkt für die beabsichtigte Klage auf Sonderbedarf Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung unter Beiordnung von Rechtsanwalt H. aus W. zu ihrer Vertretung bewilligt.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die gem. den §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insb. form- und fristgerecht gem. § 569 ZPO i.V.m. § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 17.10.2005 (Bl. 43 ff. d.A.) gegen den ihr nur teilweise i.H.v. 416 EUR statt, wie beantragt, 1.166,05 EUR für eine Klage auf Sonderbedarf Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss des AG Wernigerode vom 15.9. dieses Jahres (Bl. 30-32 d.A.) ist in der Sache begründet.
Die objektiven Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem. § 114 ZPO - die dafür subjektiv erforderliche Bedürftigkeit ist bereits bindend vom AG festgestellt worden - sind erfüllt. Die nicht mutwillig erscheinende Klage hat vollen Umfanges zum mindesten hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Diese in objektiver Hinsicht gem. § 114 ZPO für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe entscheidende Voraussetzung ist bereits dann zu bejahen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der antragstellenden Partei aufgrund ihrer Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und, nötigenfalls, in tatsächlicher Hinsicht wenigstens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Es muss also aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich sein, dass die antragstellende Partei mit ihrem Begehren durchdringen wird, wobei die Anforderungen an die Erfolgsaussicht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht überspannt werden dürfen. Das Prozesskostenhilfeverfahren dient nämlich nicht dem Zweck, über zweifelhafte Rechtsfragen bereits in diesem Stadium abschließend zu befinden (s. dazu exemplarisch Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 114 Rz. 19 und 21).
Die Antragstellerin hat demnach hinreichend schlüssig dargetan, dass ihr der begehrte Sonderbedarf für die Kommunionsfeier vollen Umfanges zustehen könnte. Denn die Frage, ob es sich bei den Kosten einer Konfirmation oder einer Kommunion um Sonderbedarf eines Kindes i.S.d. § 1613 Abs. 2 BGB handelt, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt (vgl. die Darstellung des Meinungsstandes bei Palandt/Diederichsen, BGB, 64. Aufl. 2005, § 1613 Rz. 18 bis 21). Daher wird erst im Hauptsacheverfahren unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls endgültig zu beurteilen sein, in welchem Umfang die geltend gemachten Aufwendungen als Sonderbedarf von dem Beklagten zu erstatten sind oder nicht. Keineswegs kann von vornherein als sicher gelten, dass die kontroversen Bekleidungskosten und die Kosten für den Wein, wovon das AG indes auszugehen scheint, nicht dem unterhaltsrechtlichen Sonderbedarf zugerechnet werden können.
Die üblicherweise für eine katholische Kommunion speziell angefertigte oder angeschaffte Bekleidung wie das sog. Brautkleid für Mädchen wird ob seiner besonderen religiösen Bedeutung in aller Regel, wenn nicht im Extremfall sogar jegliche anderweitige Verwendung ausgeschlossen ist, nicht zu anderen Gelegenheiten getragen. Die gegenteilige Annahme des AG, das Kommunionskleid zähle zum üblichen Bedarf, erscheint daher zum mindesten zweifelhaft und überprüfungsbedürftig.
Auch die anlässlich der Kommunion für die Gäste anfallenden Getränkekosten sind nachgerade zwangsläufig mit der einmaligen Festivität verbunden, die in angemessenem und allgemein üblichem Rahmen zu begehen - für eine gegenteilige Annahme dürfte ein nicht exzessiv erscheinender Konsum von 12 Flaschen Wein nicht ausreichen - das Kind auch unterhaltsrechtlich von den Eltern wird erwarten können. Klärungsbedürftig erscheint nunmehr der mit Schriftsatz vom 22.11.2005 revidierte Vortrag der Antragstellerin (Bl. 52 d.A.), die Teilnehmer an der Kommunionsfeier hätten, entsprechend der dergestalt üblichen Praxis in Süddeutschland, jeweils eine Flasche Wein als Gastgeschenk erhalten.
Schließlich wird auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse beider Elternteile im vorliegenden Fall konkret abzuwägen sein, ob der von der Antragstellerin für die Kommunion beanspruchte Bedarf im Verhältnis zum laufenden Unterhalt als außergewöhnlich hoch und damit ...