Leitsatz (amtlich)
Ein Beklagter gibt keine Veranlassung zur Klage, solange der eingeklagte Anspruch noch nicht entstanden ist. Einem solchen „Anspruch” darf er sich widersetzen, ohne Kostenfolgen befürchten zu müssen. Erst wenn die Klage zulässig und schlüssig wird, trifft ihn eine Obliegenheit zu einem „sofortigen” Anerkenntnis. Bei der Befreiung von den Prozesskosten, die bei einer unzulässigen oder unschlüssigen Klage eintritt, bleibt es, auch wenn der Beklagte den mit einer solchen Klage geltend gemachten „Anspruch” anerkennt, denn ein – rechtlich unnötiges – Anerkenntnis ist nie verspätet, sondern verfrüht und steht also einem „sofortigen” Anerkenntnis in nichts nach.
Verfahrensgang
AG Halle-Saalkreis (Aktenzeichen 25 F 768/02) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird das Anerkenntnisurteil des AG-FamG – Halle-Saalkreis vom 17.10.2002 im Kostenausspruch wie folgt abgeändert:
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Beschwerdewert: Bis 900 Euro.
Gründe
Die – zulässige – sofortige Beschwerde des beklagten Kindes gegen die im Anerkenntnisurteil getroffene Kostenentscheidung (§ 99 Abs. 2 ZPO) ist begründet, da nicht das Kind, sondern die klagende Kindesmutter die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat:
1. Dies ergibt sich zum Teil schon daraus, dass die klagende Kindesmutter die – auf Abänderung (Reduzierung) des in der Kreisjugendamtsurkunde vom 19.2.2001 titulierten Kindesunterhalts gerichtete – Klage (§ 323 ZPO) im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17.10.2002 teilweise zurückgenommen hat (§ 269 Abs. 3 S. 2 ZPO).
2. Im Übrigen hat das beklagte Kind den mit der Abänderungsklage (§ 323 ZPO) geltend gemachten Anspruch zwar im Termin anerkannt, weshalb das FamG ohne Rücksicht auf die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage – von Amts wegen – ein entspr. Anerkenntnisurteil gegen das Kind verkündet hat (§ 307 Abs. 1 ZPO n.F.). Mit dem dadurch bedingten Unterliegen des Kindes in der Hauptsache ist aber – abw. von dem Grundsatz, nach dem die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits trägt (§ 91 ZPO) – keine Verpflichtung des Kindes zur Übernahme der entspr. Prozesskosten verbunden, weil das Kind keine Veranlassung zur Klage gegeben und den – nach der teilweisen Klagerücknahme noch eingeklagten – Anspruch rechtzeitig anerkannt hat (entspr. § 93 ZPO):
a) aa) Von dem Grundsatz, dass die in der Hauptsache unterlegene Partei auch die Kosten des Rechtsstreits trägt (§ 91 ZPO), macht das Gesetz eine Ausnahme, wenn der Beklagte auf Grund eines Anerkenntnisses verurteilt wird, keine Veranlassung zur Klage gegeben und den Anspruch „sofort” anerkannt hat (§ 93 ZPO).
bb) Ein Beklagter gibt keine Veranlassung zur Klage, solange der eingeklagte Anspruch noch nicht entstanden ist; einem solchen „Anspruch” darf er sich widersetzen, ohne Kostenfolgen befürchten zu müssen (§ 91 ZPO). Erst wenn die Klage zulässig und schlüssig wird, trifft ihn eine Obliegenheit zu einem „sofortigen” Anerkenntnis. Erkennt der Beklagte jetzt „sofort” an, wird er von den Kosten des Rechtsstreits befreit (§ 93 ZPO; OLG Schleswig JurBüro 2000, 657 [unter Bezugnahme auf OLG München WM 1979, 292 f.]; OLG Nürnberg NJW-RR 1996, 636; OLG Düsseldorf v. 23.11.1992 – 20 W 61/92, OLGReport Düsseldorf 1993, 77 = MDR 1993, 801; OLG Zweibrücken JurBüro 1979, 446 [unter Bezugnahme auf die versicherungsrechtliche Rspr.]; ferner Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 93 Rz. 9 [unter Bezugnahme auf RGZ 103, 104 [108]]; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 93 Rz. 6 [Stichwort: unschlüssige Klage]; Wieczorek, ZPO [1956], § 93 Anm. B I a, jew. m.w.N.).
Bei der Befreiung des Beklagten von den Prozesskosten, die bei einer unzulässigen oder unschlüssigen Klage eintritt (§ 91 ZPO), bleibt es, auch wenn der Beklagte den mit einer solchen Klage geltend gemachten „Anspruch” anerkennt. Denn ein – rechtlich unnötiges – Anerkenntnis ist nie verspätet, sondern verfrüht, steht also einem „sofortigen” Anerkenntnis (§ 93 ZPO) in nichts nach. Mit einem verfrühten Anerkenntnis begibt sich der Beklagte zwar in der Hauptsache in die Rolle des Unterlegenen (§ 307 ZPO); er trägt aber nicht auch noch die Kosten des Rechtsstreits, da er den eingeklagten „Anspruch” nicht verspätet, sondern vor der Zeit – mithin allemal rechtzeitig – anerkannt hat (entspr. § 93 ZPO; OLG Düsseldorf v. 23.11.1992 – 20 W 61/92, OLGReport Düsseldorf 1993, 77 = MDR 1993, 801 [unter Hinweis auf die abweichende Rspr.]; OLG Karlsruhe v. 29.9.1979 – 4 W 47/79, MDR 1980, 501 [unter Bezugnahme auf RGZ 103, 104 [108]]; ferner Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 93 Rz. 59 [Stichwort: Unschlüssigkeit]).
b) Die auf Abänderung (Reduzierung) des in der Kreisjugendamtsurkunde titulierten Kindesunterhalts (von 125 % des Betrags nach § 2 Regelbetrag-Verordnung) gerichtete Klage der Kindesmutter (§ 323 ZPO) war von Anfang an unzulässig und blieb es bis zur Verkündung des Anerkenntnisurteils. Denn eine Titelabänderungsklage (§ 323 ZPO) – oder eine Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) – gegen einen dynami...