Leitsatz (amtlich)

Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes im Sinne der Gefährdung eines Verfügungsanspruchs indiziert nicht automatisch auch eine Klageveranlassung im Sinne des § 93 ZPO.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Beschluss vom 26.03.2014; Aktenzeichen 4 O 40/14)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers gegen den Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Halle vom 26.3.2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Verfügungskläger zu tragen.

Der Beschwerdewert beträgt 3.800,00 Euro.

 

Gründe

I.1. Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers ist zulässig.

Soweit sie gegen den das Teilanerkenntnisurteil betreffenden Kostenausspruch gerichtet ist, ist sie nach §§ 99 Abs. 2 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, und soweit der Verfügungskläger mit seinem Rechtsmittel die Kostenentscheidung nach einvernehmlicher Erledigungserklärung des restlichen Hauptsacheteils angreift, ist die sofortige Beschwerde nach §§ 91a Abs. 2 S. 1, 567 Abs. 1 S. 1 ZPO eröffnet und auch im Übrigen gemäß § 569 Abs. 1 ZPO form -und fristgerecht eingelegt worden. Zugunsten des Verfügungsklägers geht der Senat davon aus, dass auch der Streitgegenstandswert des durch Teilanerkenntnisurteil zugesprochenen Hauptsacheteils (Teil des Klageantrages zu 1) den Wert der Beschwer aus § 511 ZPO übersteigt (§ 99 Abs. 2 S. 2 ZPO).

2. Das zulässige Rechtsmittel des Verfügungsklägers bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

Das LG hat dem Verfügungskläger zu Recht die gesamten Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens auferlegt. Das Beschwerdevorbringen des Verfügungsklägers rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.

a) Was die Kosten des Teilanerkenntnisurteils anbelangt, so hat das LG die Voraussetzungen des § 93 ZPO, der auch im einstweiligen Verfügungsverfahren Anwendung findet (vgl. OLG Köln NJW 1975, 454; Herget in Zöller, ZPO, 30. Aufl., Rdn. 6 zu § 93 ZPO Stichwort: "Einstweilige Verfügung"), zutreffend bejaht und den Verfügungskläger mit den Kosten belastet, denn die Verfügungsbeklagte hat durch ihr Verhalten keine Veranlassung zur Einleitung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens geboten und den Anspruch insofern mit Erwiderungsschriftsatz vom 11.3.2014 sofort anerkannt.

aa) Veranlassung zur Klageerhebung bzw. hier zur Beantragung einer einstweiligen Verfügung gibt eine beklagte Partei, wenn ihr Verhalten vor Prozessbeginn aus Sicht des Klägers bei vernünftiger Betrachtung ohne Rücksicht auf Verschulden und materielle Rechtslage so war, dass dieser annehmen musste, er werde ohne eine Klage nicht zu seinem Recht gelangen (vgl. BGH NJW 2006, 2490; Herget in Zöller, ZPO, 30. Aufl., Rdn. 3 zu § 93 ZPO). Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes im Sinne der Gefährdung des Verfügungsanspruchs indiziert allerdings nicht automatisch auch eine Klageveranlassung im Sinne des § 93 ZPO. Der Verfügungsgrund darf vielmehr nicht schematisch mit einem Anlass zur Verfahrenseinleitung gleichgesetzt werden, was zur Folge hätte, dass die Anwendung der Norm zu Gunsten der Verfügungsbeklagten im einstweiligen Verfügungsverfahren aufgrund der Bindung des Gerichts an das Anerkenntnis per se ausscheiden würde (vgl. OLG Zweibrücken MDR 2007, 925; Herget in Zöller, ZPO, 30. Aufl., Rdn. 6 zu § 93 ZPO). Die nach einem Anerkenntnis eintretende Bindung des Gerichts, die dem erkennenden Gericht eine sachliche Überprüfung von Verfügungsgrund und Verfügungsanspruch versagt, enthebt es jedoch nicht der Verpflichtung, in dem konkreten Einzelfall zu überprüfen, ob der Verfügungsbeklagte durch sein Verhalten kostenrechtlich relevanten Anlass zur Einleitung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gegeben hat (vgl. OLG Zweibrücken MDR 2007, 925). Mag auch in den Fällen, in denen der Verfügungsgrund auf ein Verhalten des Verfügungsbeklagten zurückgeht, eine Klageveranlassung häufig anzunehmen sein, ist dies aber nicht notwendig der Fall. Eine differenzierte Betrachtung gebietet bereits die unterschiedliche Zielsetzung des § 93 ZPO und der Vorschriften über den vorläufigen Rechtsschutz. Während letztere das Interesse des Anspruchsberechtigten in den Vordergrund stellen, die Gefahr zu beseitigen, dass bei Durchsetzung des Anspruchs im Erkenntnisverfahren durch den hierfür erforderlichen Zeitaufwand die Verwirklichung seines Rechts nach dem Obsiegen vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, dient § 93 ZPO allein der Kostengerechtigkeit und soll den Beklagten vor allen vor übereilten Klagen schützen (vgl. BGH NJW 2006, 2490). Deshalb verbietet es sich aber, den Verfügungsgrund mit der Veranlassung zur Beantragung der einstweiligen Verfügung im Sinne des § 93 ZPO gleich zu setzen.

Danach kann hier aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Verfügungsbeklagte durch ihr vorprozessuales Verhalten zur Einleitung des einstweiligen Rechtschutzverfahrens Anlass geboten hat.

Dass die Verfügungsbeklagte dem Verfügungskläger bei dessen unangemeldeten Erscheinen im ihrem Hause am 20.2.2014 den Zutritt zu den Wohnräumlichkeiten versagt und di...

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