Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der unbenannten Zuwendung und deren Rückabwicklung
Leitsatz (amtlich)
Eine unentgeltliche Zuwendung im Sinne einer Schenkung liegt dann nicht vor, wenn die Übertragung (hier: eines Grundstückes) in der Erwartung, dass die Lebensgemeinschaft weiterhin und für längere Zeit anhalten werde, erfolgt.
Im Gegensatz zur Schenkung kann eine unbenannte Zuwendung von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung nach den Regeln des § 313 BGB rückabgewickelt werden.
Dies gilt sowohl in der Ehe als auch einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (BGH v. 28.9.1990 - V ZR 109/89, MDR 1991, 514 = FamRZ 1991, 168).
Normenkette
BGB §§ 313, 516
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Beschluss vom 05.01.2006; Aktenzeichen 11 O 23/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Einzelrichterbeschluss der 11. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 5.1.2006 in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 31.1.2006 abgeändert.
Dem Antragsteller wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt A. in B. ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt.
Gründe
Abweichend von der Ansicht des LG bietet die vom kostenarmen Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).
Der Antragsteller begehrt die Rückabwicklung eines notariellen "Grundstücksüberlassungsvertrages" vom 31.10.1997, in dem er seine Erbteile seiner damaligen Lebensgefährtin (Antragsgegnerin) übertragen hat. Als "Rechtsgrund" der Überlassung ist zu § 6 des Vertrages ausdrücklich genannt:
Die Überlassung erfolgt schenkweise "aufgrund" der nunmehr seit acht Jahren bestehenden Lebensgemeinschaft zwischen Überlasser und Übernehmerin und deren anzunehmendem Fortbestand beziehungsweise anschließender Eheschließung.
Eine Schenkung setzt Unentgeltlichkeit der Zuwendung voraus (§ 516 Abs. 1 BGB). Daran fehlt es, wenn die Zuwendung nach dem Inhalte des Rechtsgeschäftes von einer Gegenleistung abhängig ist. Unentgeltlichkeit fehlt nicht nur dann, wenn der Zuwendung eine Leistung gegenübersteht, die zu ihr in einem Gegenseitigkeitsverhältnis steht, sondern auch dann, wenn die Zuwendung rechtlich die Geschäftsgrundlage hat, dass dafür eine Verpflichtung eingegangen oder eine Leistung bewirkt wird. Dabei braucht die Leistung nicht geldwerter oder vermögensrechtlicher Art zu sein; sie kann auch immateriellen Charakter haben. Hieraus ergibt sich, dass eine Zuwendung an einen Lebenspartner, der die Vorstellung zugrunde liegt, dass die Lebensgemeinschaft Bestand haben werde, oder die sonst um der Ehe willen erbracht wird und die darin ihre Geschäftsgrundlage hat, keine Schenkung, sondern eine unbenannte Zuwendung darstellt (BGH v. 17.1.1990 - XII ZR 1/89, MDR 1990, 716 = FamRZ 1990, 600 [601], m.w.N.). Letzteres war hier nach der ausdrücklichen Zweckabrede der Fall, so dass die Überlassung - abweichend vom weiteren Wortlaut des Vertrages - nicht "schenkweise" erfolgt ist.
Im Unterschied zu Schenkungen (BGH v. 17.1.1990 - XII ZR 1/89, MDR 1990, 716 = FamRZ 1990, 600 [602 f.]; andererseits aber auch BGH v. 28.9.1990 - V ZR 109/89, MDR 1991, 514 = FamRZ 1991, 168 [169 f.]) können unbenannte Zuwendungen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung ohne Weiteres nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (jetzt: § 313 BGB n.F.) rückabgewickelt werden, wenn die Lebensgemeinschaft als Geschäftsgrundlage nicht mehr besteht. Dies gilt nicht nur für Zuwendungen innerhalb einer Ehe (bei Unanwendbarkeit der §§ 1372 ff. BGB), sondern auch für Zuwendungen innerhalb einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (BGH v. 28.9.1990 - V ZR 109/89, MDR 1991, 514 = FamRZ 1991, 168 [169 f.]; ferner Hausmann/Hohloch, Das Recht der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 1999, S. 227 ff.).
Diese Entscheidung will nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen.
Fundstellen
Haufe-Index 1509243 |
NJW 2006, 2418 |
FamRZ 2006, 1534 |
NJ 2006, 468 |
NJW-Spezial 2006, 396 |
OLGR-Ost 2006, 716 |