Normenkette

BGB §§ 133, 181

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des Grundbuchamts Oschersleben vom 5. Oktober 2020 aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Beschwerdewert: 17.000,00 EUR

 

Gründe

I. Der Beteiligte ist auf Grund einer Vorsorgevollmacht vom 19. Februar 2015 umfassend und über den Tod hinaus bevollmächtigt, seine inzwischen verstorbene Mutter, I. W., geb. am 14. September 1940, zu vertreten. Die durch den Notar H. St. in N. zur Urk.Nr. 0233/2015 beurkundete Vollmacht (Bl. 42-45 der Grundakten) enthält unter § 1 im vorletzten Absatz folgende Erklärung:

"Der Bevollmächtigte kann im Einzelfall Untervollmachten erteilen. Der Bevollmächtigte ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit und kann mich und einen Dritten gleichzeitig vertreten."

Seit 15. März 2017 ist Frau I. W. als Eigentümerin des im Grundbuch von N., Blatt ..., unter der laufende Nr. 1 eingetragenen Grundstücks der Gemarkung N., Flur ... Flurstück ... eingetragen.

Über dieses Grundstück ließ der Beteiligte zur Urk.-Nr. 1065 / 2020 des oben genannten Notars einen Grundstückskaufvertrag nebst Auflassung beurkunden, wobei er im eigenen Namen als Erwerber und zugleich als Bevollmächtigter der Verkäuferin, seiner Mutter, handelte. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertragsinhalts wird auf die beglaubigte Abschrift der Vertragsurkunde vom 13. August 2020 (Bl. 32-41 der Grundakten) Bezug genommen.

Unter Vorlage dieser Kaufvertragsurkunde und einer notariell beglaubigten Ablichtung der Vollmachtsurkunde vom 19. Februar 2015 beantragte der mit dem Vollzug beauftragte Notar St. am 18. August 2020 die Eintragung der Auflassungsvormerkung in das Grundbuch.

Mit Beschluss vom 5. Oktober 2020 erließ das Grundbuchamt N. eine Zwischenverfügung, in welcher es darauf hinwies, dass der beantragten Eintragung einer Auflassungsvormerkung ein Hindernis entgegenstehe, zu dessen formgerechter Behebung gemäß § 18 GBO eine Frist von einem Monat bestimmt wurde. Die Zwischenverfügung wurde damit begründet, dass die Vorsorgevollmacht vom 19. Februar 2015 keine unbeschränkte Befreiung des Beteiligten von den Beschränkungen nach § 181 BGB enthalte. Zwar sei eine solche Befreiung erteilt worden, im Nachsatz sei jedoch diese Befreiung beschränkt worden auf Geschäfte, in denen der Bevollmächtigte die Eigentümerin und einen Dritten gleichzeitig vertrete. Da die Befreiung folglich nur für Fälle der gleichzeitigen Mehrfachvertretung gelte, die hier nicht vorliege, sei eine Genehmigung der Auflassung durch die Eigentümerin in der Form des § 29 GBO vorzulegen.

Hiergegen legte der Beteiligte, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2020 Beschwerde ein mit dem Antrag, den Beschluss vom 5. Oktober 2020 aufzuheben und die beantragte Eintragung einer Auflassungsvormerkung vorzunehmen. Er ist der Auffassung, eine Einschränkung der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB auf Fälle der Mehrfachvertretung liege hier nicht vor und könne dem Wortlaut nicht entnommen werden. Insbesondere handelt es sich bei der Formulierung "und" lediglich um ein Bindewort. Es werde nur wiederholt, was im Satz davor bereits enthalten sei. Des Nachsatzes hätte es nicht bedurft. Er sei gleichsam überflüssig. Wäre tatsächlich eine begrenzte Befreiung gewollt, hätte die Vollmachtgeberin explizit darauf hingewiesen, etwa mit einer Formulierung, dass sich die Befreiung ausschließlich auf die Doppel- oder Mehrfachvertretung beschränke. Die vom Notar gewählte Formulierung könne allenfalls so ausgelegt werden, dass sowohl der Fall des In-sich-Geschäfts als auch der Fall einer Doppel- oder Mehrfachvertretung erfasst sein solle.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 2. November 2020 unter Wiederholung seiner Rechtsauffassung nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat das Grundbuchamt ausgeführt, für die Auslegung der Vollmacht sei auf den Wortlaut der Erklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergebe. Bei Anwendung dieser Grundsätze komme dem Bestimmtheitsgrundsatz besondere Bedeutung zu, denn auf eine Auslegung von Erklärungen könne nur zurückgegriffen werden, wenn diese zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führten. Dies sei hier nicht der Fall. Die Vollmacht sei eng auszulegen. Mithin liege bezüglich des letzten Halbsatzes eine Einschränkung vor und nicht eine nochmalige Aufzählung.

Unter dem 6. November 2020 reichte der beurkundende Notar einen Nachtragsvermerk vom 2. November 2020 zur Vollmachtsurkunde vom 19. Februar 2015 zu den Akten, mit dem er die Intention der Vollmachtgeberin bei Erteilung der Vollmacht, den Bevollmächtigten immer von den Beschränkungen des § 181 BGB zu befreien, darlegte und den vom Grundbuchamt in Zweifel gezogenen Satz wie folgt berichtigte:

"Der Bevollmächtigte ist von den Beschränkungen des §§ 181 BGB befreit und kann insbesondere auch mich und einen Dritten gleichzei...

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