Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe: Berechnung der Vierjahresfrist bei Änderung der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe zum Nachteil der Partei
Leitsatz (amtlich)
Bei einer Änderung der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe zum Nachteil der Partei genügt es für die Einhaltung der Vierjahresfrist nach § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO nicht, wenn das Änderungsverfahren innerhalb der Frist eingeleitet worden ist, vielmehr muss die Änderungsentscheidung vor Ablauf dieser Frist getroffen werden. In einem Scheidungsverbundverfahren bestimmt sich der Beginn der Frist grundsätzlich nach dem Eintritt der Rechtskraft in der zuletzt abgeschlossenen Folgesache. Ist das Verbundverfahren mit dem Scheidungsurteil beendet und das Verfahren über den Versorgungsausgleich mit dem Scheidungsurteil nach § 2 VAÜG ausgesetzt worden, so beginnt die Frist mit Rechtskraft der Verbundentscheidung.
Normenkette
ZPO § 120 Abs. 4 S. 3; VAÜG § 2
Verfahrensgang
AG Haldensleben (Beschluss vom 17.09.2009; Aktenzeichen 16 F 326/03) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Haldensleben, Zweigstelle Wolmirstedt, vom 17.9.2009 aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht frei von Gerichtsgebühren, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Mit Verfügung vom 31.3.2009 leitete das AG ein Überprüfungsverfahren hinsichtlich der dem Antragsteller im Scheidungsverbundverfahren mit Beschluss vom 8.12.2003 bewilligten Prozesskostenhilfe ein. Das Scheidungsverfahren war am 25.8.2005 aufgrund beiderseitig erklärten Rechtsmittelverzichts rechtskräftig geworden, das Verfahren über den Versorgungsausgleich als einzige Folgesache hatte das Gericht in dieser Entscheidung gem. § 2 VAÜG ausgesetzt. Die Einleitungsverfügung wurde am 30.4.2009 an den Antragsteller übersandt, dieser legte am 3.6.2009 eine aktuelle Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vor. Mit Verfügung vom 16.6.2009 wurde der Antragsteller auf die zu seinem Nachteil beabsichtigte Änderung der Bewilligungsentscheidung hingewiesen. Trotz verfügter Wiedervorlage zum 16.7.2009 wurden die Akten der Rechtspflegerin erst am 3.9.2009 erneut vorgelegt, woraufhin sie am 17.9.2009 den streitgegenständlichen Beschluss erließ, der dem Antragsteller am 12.10.2009 zugestellt wurde.
Mit seinem am 20.10.2009 eingelegten und als sofortige Beschwerde ausgelegten Widerspruch wendet sich der Antragsteller gegen die Änderung des Bewilligungsbeschlusses und meint, die Änderung zu seinem Nachteil habe gem. § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO nach Ablauf der dort bestimmten Vierjahresfrist nicht mehr ergehen dürfen.
Die Rechtspflegerin hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie nach Beteiligung der Bezirksrevisorin dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das als sofortige Beschwerde auszulegende Rechtsmittel ist gem. §§ 127 Abs. 2, 569, 571 ZPO zulässig, da es form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist. Zur Entscheidung ist gem. § 568 Satz 1 ZPO der Einzelrichter berufen.
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Das AG hat die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe zu Unrecht zum Nachteil des Antragstellers abgeändert und eine Ratenzahlung (über 115,- EUR monatlich) angeordnet. Diese Änderung war, worauf der Antragsteller zutreffend hinweist, nach § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO ausgeschlossen.
Nach h.M. und ständiger Rechtsprechung des Senats genügt es - im Gegensatz zur Auffassung des AG und der Bezirksrevisorin - grundsätzlich nicht, wenn das Änderungsverfahren innerhalb der Vierjahresfrist eingeleitet wird; es muss vielmehr die Änderungsentscheidung vor Ablauf dieser Frist getroffen werden (Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 120, Rd 20; Motzer in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 120 Rz. 21, OLGReport Koblenz 1999, 96; OLG Naumburg FamRZ 1996, 1425; Beschl. v. 20.2.2007 - 8 WF 41/07; a.A. Thomas/Putzo/Fischer, ZPO, 29. Aufl., § 120 Rz. 20). Dies war hier nicht der Fall, da mit dem Verbundurteil die Entscheidung in der Hauptsache bereits am 25.8.2005 rechtskräftig geworden ist und die Vierjahresfrist mithin am 25.8.2009 abgelaufen war. Zwar bestimmt sich der Beginn der Frist in einem Verbundverfahren grundsätzlich nach dem Eintritt der Rechtskraft in der zuletzt abgeschlossenen Folgesache (z.B. Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl. § 120 Rz. 26). Ist aber das Verbundverfahren mit dem Scheidungsurteil beendet und das Verfahren über den Versorgungsausgleich - wie hier gem. § 2 VAÜG - ausgesetzt worden, so beginnt die Frist mit Rechtskraft der Verbundentscheidung (KG FamRZ 2007, 646; Zöller/Geimer, a.a.O.; MünchKomm/Motzer, a.a.O.).
Der Fristablauf kann auch nicht ausnahmsweise als unbeachtlich angesehen werden, wie dies dann der Fall sein mag, wenn das Abänderungsverfahren rechtzeitig eingeleitet, allein aufgrund einer von der Partei verursachten Verzögerung jedoch nicht vor Fristablauf abgeschlossen werden kann. Denn dem AG lagen bereits am 3.6.2009 sämtliche Angaben des Antragstellers vor, so dass es die Abänderungsentscheidung...