Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe bei Zurückweisung eines Antrages auf einstweilige Umgangsregelung wegen fehlender Hauptsache
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Antrag auf einstweilige Umgangsregelung wegen fehlender Hauptsache zurückgewiesen, und wird für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe verweigert, ist gegen diesen Beschluss die sofortige Beschwerde nach § 1217 ZPO zulässig.
Normenkette
ZPO §§ 114, 127, 620
Verfahrensgang
AG Wernigerode (Beschluss vom 29.09.2008; Aktenzeichen 11 F 532/08) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der die Prozesskostenhilfe betreffende Beschluss des AG Wernigerode vom 29.9.2008 aufgehoben und der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für das einstweilige Anordnungsverfahren in erster Instanz ohne Zahlungsverpflichtung unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. zu ihrer Vertretung bewilligt.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Das AG Wernigerode hat durch Beschluss vom 29.9.2008 (Bl. 32/33 d.A.) einen vom 22. des gleichen Monats datierenden Antrag der Kindesmutter auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Regelung des Umgangs mit ihrem bei dem Kindesvater lebenden Sohn M. H. für die Zeit vom 02. bis zum 5.10.2008 mangels anhängigen Hauptsacheverfahrens als unzulässig zurückgewiesen.
Ferner hat es durch Beschluss vom gleichen Tage (Bl. 35 d.A.), der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin zugestellt am 1.10.2008 (Bl. 77 d.A.), mit gleicher Begründung den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mangels hinreichender Erfolgsaussicht i.S.d. § 114 ZPO zurückgewiesen.
Allein gegen letzteren Beschluss richtet sich die am 16.10.2008 eingelegte sofortige Beschwerde (Bl. 79/80 d.A.) der Antragstellerin, die eine Verletzung der Hinweispflicht von Seiten des AG moniert und weiterhin Prozesskostenhilfe beansprucht, hilfsweise zumindest beantragt, keine Gerichtsgebühren für das erstinstanzliche Verfahren zu erheben.
II. Die sofortige Beschwerde ist sowohl (nach Maßgabe des § 14 FGG i.V.m. den §§ 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569, 621a Abs. 1 Satz 1, 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) zulässig als auch in der Sache begründet.
Die auf eine kurzfristig mittels einstweiliger Anordnung zu realisierende Umgangsregelung Anfang Oktober letzten Jahres abzielende Rechtsverfolgung der Antragstellerin hätte nicht mangels hinreichender Erfolgsaussicht i.S.d. § 114 Satz 1 ZPO mit der Begründung des - nach § 621g ZP0 i.V.m. § 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO - fehlenden Hauptsacheverfahrens zum Umgang abgelehnt werden dürfen. Zugunsten der subjektiv uneingeschränkt gemäß den §§ 114 Satz 1, 115 Abs. 1 bis 3 ZPO der Prozesskostenhilfe bedürftigen Antragstellerin kann daher zumindest eine hinreichende Aussicht auf Erfolg ihrer seinerzeit beabsichtigten Rechtsverfolgung, auch unter erforderlich erscheinender Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten nach § 121 Abs. 2 ZPO, nicht verneint werden.
Eine notwendigerweise analog § 133 BGB nicht nur dem bloßen Wortlaut verhaftete, sondern auch und vornehmlich dem eigentlichen Sinn und Zweck Rechnung tragende Auslegung des mit Schriftsatz vom 22.9.2008 erstinstanzlich artikulierten Rechtsbegehrens der Antragstellerin hätte dem erkennbar zentralen Umstand Rechnung tragen müssen, dass es der Antragstellerin vor allem um eine möglichst kurzfristige Verwirklichung des Umgangs mit ihrem Sohn zu tun war, was sie offensichtlich nur im Wege der gerade für Eilfälle vorgesehenen einstweiligen Anordnung noch glaubte prozessual realisieren zu können. Wenn der Antragstellerin bzw. deren Prozessbevollmächtigter bekannt gewesen wäre, dass die einstweilige Anordnung, hier gem. § 621g ZPO i.V.m. § 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, im Gegensatz zur prozessual selbständig verfolgbaren einstweiligen Verfügung stets eines Hauptsacheverfahrens oder wenigstens eines darauf abzielenden Prozesskostenhilfeantrags bedarf, hätte sie sicherlich zweifelsfrei den zugleich unabdingbaren Hauptsacheantrag gleichen Inhalts nebst zusätzlichem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Wenn das Rechtsbegehren der Antragstellerin allerdings nicht, was allemal recht nahe liegend, wenn nicht sogar sachlich unabweisbar gewesen sein dürfte, bei zweckentsprechender Auslegung sogleich in dem Sinne einer, sofern prozessual nötig, gleichermaßen gewollten Anhängigkeit der Hauptsache und des akzessorischen einstweiligen Anordnungsverfahrens hätte ausgelegt werden können und müssen, wäre das AG jedenfalls gem. § 139 Abs. 1 ZPO wegen der Verpflichtung, stets auf eine sachlich zweckdienliche Antragstellung hinzuweisen und hinzuwirken, wie auch bei Gewährleistung eines rechtsstaatlich fairen Verfahrens gehalten gewesen, die vor Ort ansässige Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin in Anbetracht der Eilbedürftigkeit der Sache unverzüglich, sei es telefonisch oder per Fax, auf die Defizite ihrer von vornherein prozessual zum Scheitern verurteilten Antragstellung hinzuwe...