Leitsatz (amtlich)
Aufgrund des Gesetzes zur Verbesserung des zivilrechtlichen Schutzes bei Gewalttaten (GewSchG) ist eine Neuerung im Bereich des einstweiligen Rechtssschutzes eingetreten. Nach dem neu eingefügten § 621g ZPO kann das Gericht in anhängigen Verfahren nach § 621 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 oder 7, also auch in den dort aufgeführen selbstständigen (isolierten) Familiensachen, Regelungen im Wege der einstweiligen Anordnung treffen.
Gleichzeitig sind gebührenrechtliche Vorschriften eingeführt worden in §§ 8, 41 BRAGO.
Verfahrensgang
AG Wittenberg (Aktenzeichen 5 F 97/02) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG W. vom 15.4.2002, Az.: 5 F 97/02, abgeändert.
Der Antragstellerin wird für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts betreffend das minderjährige Kind J. ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin Sch. aus W. zu ihrer Vertretung bewilligt.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die gem. § 14 FGG i.V.m. den §§ 127 Abs. 2 S. 2 und 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ff., 621a Abs. 1 S. 1, 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (in der ab dem 1.1.2002 geltenden Fassung, vgl. § 26 Nr. 10 EGZPO) zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr Prozesskostenhilfe für das einstweilige Anordnungsverfahren versagenden Beschluss des AG Wittenberg vom 15.4.2002, Az.: 5 F 97/02 (Bl. 22 d.A.), ist begründet.
Denn entgegen der Auffassung des AG Wittenberg liegen die Voraussetzungen gem. den §§ 114, 115 ZPO, unter welchen einer Partei Prozesskostenhilfe zu gewähren ist, zugunsten der Antragstellerin auch insoweit vor, als sie jene für ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 11.2.2002 (Bl. 1 ff. d.A.) begehrt.
1. An der Bedürftigkeit der Antragstellerin i.S.d. Prozesskostenhilferechts bestehen keine Bedenken, ebensowenig an der sachlichen Erfolgsaussicht ihres Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Nicht zuletzt hat das AG bereits mit Beschluss vom 21.2.2002 (Bl. 11 d.A.) der Antragstellerin auch Prozesskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren bewilligt.
2. Die für das einstweilige Anordnungsverfahren gesondert beantragte Prozesskostenhilfe ist entgegen der Auffassung des AG Wittenberg auch nicht aus dem Grund zu versagen, weil neben den in den §§ 118, 31 BRAGO für das Hauptsacheverfahren vorgesehenen Rechtsanwaltsgebühren keine weiteren Gebühren angefallen sein könnten.
Zwar hat das AG zunächst in zutreffender Weise darauf hingewiesen, dass lediglich die in § 41 BRAGO aufgeführten besonderen Angelegenheiten eigenständige Gebührentatbestände auslösen und ansonsten grundsätzlich die allgemeine Regelung des § 13 Abs. 2 BRAGO zur Anwendung gelangt, wonach der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern kann, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes gesetzlich, wie in § 41 BRAGO für die dort erwähnten einstweiligen Anordnungen, bestimmt ist.
Für den Rechtsanwalt gelten nämlich nur die in § 41 BRAGO enumerativ und exklusiv, d.h. abschließend, aufgezählten einstweiligen Anordnungen kraft Gesetzes als besondere Angelegenheit (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 28. Aufl., § 41 BRAGO Rz. 1, sowie OLG Düsseldorf v. 10.6.1991 – 2 WF 63/91, FamRZ 1992, 1329). Nach dem bis zum 31.12.2001 geltenden Recht gehörten zu diesen die vorläufigen Anordnungen ohne gesetzliche Grundlage, wie im Falle des selbstständig geltend gemachten Sorgerechtes, grundsätzlich nicht.
Allerdings ist nunmehr aufgrund des Art. 4 Nr. 7 des Gesetzes zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung vom 11.12.2001 (Gewaltschutzgesetz – GewSchG, BGBl. I, S. 3513), in Kraft getreten am 1./2.1.2002, die neue Regelung des § 621g ZPO zu beachten, mit welcher die von der Rechtsprechung u.a. für die Verfahren zur Regelung des elterlichen Sorgerechts entwickelten vorläufigen Anordnungen ersetzt werden (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 621g, Rz. 1). Nach dem neu eingefügten § 621g ZPO kann das Gericht in anhängigen Verfahren nach § 621 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 oder 7 ZPO, also auch in den dort aufgeführten selbstständigen (isolierten) Familiensachen, Regelungen im Wege der einstweiligen Anordnung treffen.
Gleichzeitig mit der Einfügung des § 621g ZPO infolge des Gesetzes vom 11.12.2001 ist auch § 41 BRAGO geändert worden, wonach nunmehr gem. § 41 Abs. 1 S. 1 lit. d BRAGO das Verfahren gem. § 621g ZPO als besondere Angelegenheit gilt (Art. 9 Nr. 2a, aa GewSchG).
Bei dem Antrag der Antragstellerin vom 11.2.2002 (Bl. 1 d.A.) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teilbereich der elterlichen Sorge betreffend die gemeinsame minderjährige Tochter der Parteien hat es sich ohne Zweifel um einen solchen gem. den §§ 621g, 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gehandelt mit der Folge, dass dieser, da das einstweilige Anordnungsv...