Leitsatz (amtlich)
Es ist keine Voraussetzung einer Streitverkündung, dass der behauptete Anspruch gegen den Streitverkündungsempfänger wirklich besteht. Diese Prüfung findet erst in dem Prozess zwischen dem Streitverkünder und dem Dritten statt.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 30.12.2004; Aktenzeichen 4 O 1562/02) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird das am 30.12.2004 verkündete Zwischenurteil der 4. Zivilkammer des LG Magdeburg abgeändert.
Die Streitverkündung der Beklagten wird zugelassen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Streitverkündete.
Gründe
I. Mit der angefochtenen Entscheidung hat das LG einen der I. Schadensversicherung verkündeten Streit auf deren Antrag zurückgewiesen. Sie hatte die Auffassung vertreten, dass die Streitverkündung unzulässig sei, weil der behauptete Versicherungsvertrag nicht bestehe und deshalb daraus keine Ansprüche gegen sie geltend gemacht werden könnten. Darüber hinaus hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
In der Begründung der angefochtenen Entscheidung hat das LG ausgeführt, dass der Beklagte nicht bewiesen habe, dass ihm im Falle eines Unterliegens im Hauptprozess gegen die Streitverkündete nach griechischem Recht ein Regressanspruch aus einem zwischen dem Vermieter des unfallbeteiligten Motorrades und der Streitverkündeten abgeschlossenen Versicherungsvertrag zustehe, zumal sich aus den vorgelegten Urkunden unterschiedliche Versicherungsnummern ergeben würden.
Mit seiner sofortigen Beschwerde erhebt der Beklagte diverse Verfahrensrügen und ist darüber hinaus der Ansicht, dass die Zulässigkeit seiner Streitverkündung keinen bewiesenen Sachvortrag erfordere, wonach ihm im Falle eines Unterliegens im Hauptprozess gegen die Streitverkündete ein Regressanspruch (nach griechischem Recht) zustehe. Zumindest bedürfe es insoweit nicht des vom LG unterstellten Vollbeweises. Im Übrigen sei das Gericht den insoweit vorsorglich von ihm angebotenen Beweisen nicht nachgegangen worden, was einen weiteren Verfahrensfehler darstelle. Schließlich trägt der Beklagte erneut zu den materiellen Voraussetzungen seines behaupteten Anspruches gegen die Streitverkündete vor.
Die Klägerin ist den Verfahrensrügen und der übrigen Beschwerdebegründung des Beklagten beigetreten. Die Streitverkündete hat keine Stellungnahme mehr abgegeben.
II. Die nach § 71 Abs. 2 zulässige sofortige Beschwerde, über die nach § 568 S. 1 ZPO der Einzelrichter zu befinden hat, da die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde, ist begründet.
Es kann dahingestellt bleiben, ob bereits die Verfahrensrügen des Beklagten eine Aufhebung des Zwischenurteils erfordern, da er sich jedenfalls zu Recht darauf beruft, dass das LG die sachlichen und formellen Voraussetzungen der Streitverkündung verkannt hat. Danach ist objektiv lediglich erforderlich, dass die Partei gegen den Dritten im Fall eines ihr ungünstigen Ausgangs des Rechtsstreits einen zum eingeklagten Anspruch in einem bestimmten Abhängigkeitsverhältnis stehenden Anspruch erheben könnte oder es muss ihm ein Anspruch des Dritten drohen. Hierfür muss jedoch nicht der Nachweis erbracht werden, dass der Drittanspruch - wie das LG meint - auch tatsächlich besteht. Denn für die Wirksamkeit der Streitverkündung ist allein die berechtigte Annahme des Streitverkünders ausschlaggebend, bei ungünstigem Ausgang des Rechtsstreits die erwähnten Ansprüche zu haben oder befürchten zu müssen. Entspricht die Streitverkündung den sachlichen Voraussetzungen des § 72 ZPO und den formellen Vorgaben des § 73 ZPO, so ist sie grundsätzlich zulässig. So liegt der Fall hier. Der Beklagte hat hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass ihm im Falle eines ungünstigen Ausgangs des vorliegenden Rechtsstreits ein möglicher Regressanspruch gegen die Streitverkündete zustehen könnte. Hierfür ist lediglich erforderlich, dass der Streitverkünder einen Schriftsatz einreicht, in dem der Grund der Streitverkündung und die Lage des Rechtsstreits anzugeben sind. Ob die hierzu vom Beklagten behauptete materielle Rechtslage tatsächlich vorliegt, wird somit - abgesehen von den Förmlichkeiten bei der Zustellung des Streitverkündungsschriftsatzes - in dem anhängigen Verfahren selbst nicht geprüft. Diese Prüfung findet vielmehr erst in dem Prozess zwischen dem Streitverkünder und dem Dritten statt. In dem Streitverkündungsschriftsatz muss lediglich die Erklärung enthalten sein, dass der Streit verkündet werde, ferner die Angabe des Grundes der Streitverkündung, d.h. des Rechtsverhältnisses, aus dem der Rückgriffsanspruch gegen den Dritten oder der Anspruch gegen den Streitverkünder hervorgehen soll, sowie die Mitteilung über die Lage des Rechtsstreits, also die Bezeichnung nach Parteien und Streitgegenstand und die Angabe des Stadiums, in dem sich der Prozess befindet. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Eine Festsetzung des Beschwerdewertes ist nicht veranlasst (Nr. 1811 KV-VV, Nr. 350...