Leitsatz (amtlich)

Eine in einem ausländischen Urteil vorgenommene Statusfeststellung, die auf einer unzureichenden sachlichen sowie prozessualen Grundlage erfolgt, ist mit dem deutschen Recht (ordre public) nicht vereinbar. Damit steht der Anerkennung des Urteils auch im Ausspruch zum Unterhalt ein Versagungsgrund des Art. 5 Nr. 1 des Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommens vom 2.10.1973 entgegen.

 

Verfahrensgang

AG Bernburg (Beschluss vom 29.05.2008; Aktenzeichen 3 F 153/08)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - FamG - Bernburg vom 29.5.2008 (Az.: 3 F 153/08) aufgehoben soweit der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Antrag auf Feststellung der Vaterschaft zurückgewiesen wurde und die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG zurückverwiesen.

Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zugelassen.

 

Gründe

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat teilweise Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung vom 29.5.2008 (Bl. 29 d.A.), soweit Prozesskostenhilfe für den Antrag auf Feststellung der Vaterschaft versagt worden ist.

Denn das Verfahren leidet an erheblichen Verfahrensfehlern.

Entgegen der Auffassung des AG liegt kein beachtlicher Titel über die Feststellung der Vaterschaft des Antragsgegners und Unterhaltsansprüche der Antragstellerin gegen den Antragsgegner vor. Die Anerkennung des Urteils des AG -FamG- K., gelegen in der Republik Polen, vom 28.4.2003 ist nach § 328 Abs. 1 Nr. 2 und 4 ZPO -wie die Antragstellerin zutreffend ausführt- ausgeschlossen, weil dem Antragsgegner vor seinem Erlass keine Möglichkeit der Einlassung gegeben worden ist und ferner die Anerkennung im Ergebnis mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar wäre.

Die Mutter der Anragstellerin als gesetzliche Vertreterin hatte im in der Republik Polen geführten Verfahren auf Vaterschaftsfeststellung und Unterhalt bereits in der Klageschrift vom 21.12.1998 einen unrichtigen Namen und eine unzutreffende Anschrift des Antragsgegners angegeben, so dass weder die Zustellung der Klageschrift und die Teilnahme an einem Verhandlungstermin noch die Zustellung des ergangenen Urteils möglich gewesen sind. Vielmehr lief das Verfahren unnötig über eine Verfahrensvormündin, die ihrerseits keinen Kontakt zum Antragsgegner hatte. Hinzu kommt, dass dem Antragsgegner im Verfahren deshalb in keinster Weise rechtliches Gehör eingeräumt worden ist. Ferner hatte das polnische Gericht zur Frage der Abstammung keine Erkenntnisse. Eine Statusfeststellung auf einer solchen unzureichenden sachlichen sowie prozessualen Grundlage ist mit den Grundsätzen des deutschen Rechts (ordre public) schlicht unvereinbar. Damit steht der Anerkennung des Urteils auch im Ausspruch zum Unterhalt der Versagungsgrund des Art. 5 Nr. 1 des Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommens vom 2.10.1973 und des Art. 27 des ebenfalls anwendbaren Luganer Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.9.1968, im Verhältnis zu Polen in Kraft seit dem 1.2.2000, entgegen. Das Urteil ist dementsprechend schlicht unbeachtet zu lassen (Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl., § 328 Rz. 341).

Eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft ist daher nunmehr gem. § 640a Abs. 1 Satz 2 ZPO beim AG -FamG- Bernburg zulässig, was das AG bei seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat. Es ist nach dem Haager Übereinkommen zwar das Recht des Landes des Wohnsitzes des Kindes anzuwenden und damit polnisches Recht. Hiernach bestimmen sich gem. Art. 19 § 1 IPRG die Rechtsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern grundsätzlich nach dem Heimatrecht des Kindes. Nach Art. 19 § 2 IPRG bestimmt sich die Feststellung der Vaterschaft nach dem im Zeitpunkt der Geburt des Kindes geltenden polnischen Heimatrecht des antragstellenden Kindes. Da aber bereits ein rechtskräftiges polnisches Urteil vom 28.4.2003 vorliegt, ist ein erneutes Verfahren vor einem polnischen Gericht unzulässig. Andererseits ist eine Umsetzung/Anerkennung in Deutschland, wie oben dargestellt wurde, nicht möglich. Daher ist nunmehr für die Feststellung der Vaterschaft das AG berufen.

Der Senat kann aber noch nicht abschließend über den insoweit gestellten Prozesskostenhilfeantrag befinden. Für die Prozessführung und damit für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist das deutsche Verfahrensrecht anzuwenden. Nach den §§ 114 ff. ZPO ist vor Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Bedürftigkeit darzulegen und zu belegen. Vorliegend betrifft dies jedoch nicht nur die Antragstellerin, die über keine Einkünfte und Vermögenswerte verfügt. So wie nach deutschem Unterhaltsrecht haben die unterhaltsverpflichteten Eltern für den Bedarf ihres Kindes einzutreten. Auch die Kindesmutter hat dementsprechend darzustellen und zu belegen, dass sie zur Aufbrin...

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