Leitsatz (amtlich)
Über das Miet- und Pachtrecht hinausgehend liegt für die Anordnung einer Sicherheitsleistung eine Räumungsklage im Sinne des § 283a Abs. 1 ZPO immer schon dann vor, wenn Räumung oder Herausgabe einer unbeweglichen Sache begehrt wird; der Rechtsgrund des Anspruchs ist gleichgültig.
Verfahrensgang
LG Dessau-Roßlau (Beschluss vom 19.08.2015; Aktenzeichen 2 O 549/14) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des LG Dessau-Roßlau vom 19.8.2015 über die Anordnung einer Sicherheitsleistung wird zurückgewiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die gemäß §§ 283a Abs. 1 Satz 4, 567 ZPO zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Sicherheitsleistung gemäß § 283a ZPO liegen vor.
§ 283a ZPO ist auf das Rechtsverhältnis der Parteien anzuwenden. Über das Miet- und Pachtrecht hinausgehend liegt eine Räumungsklage im Sinne des § 283a Abs. 1 ZPO immer schon dann vor, wenn Räumung oder Herausgabe einer unbeweglichen Sache begehrt wird, der Rechtsgrund des Anspruchs ist gleichgültig (vgl. Streyl, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl., Rdn. 8 zu § 283a ZPO).
Überdies ist die Klage auf Herausgabe und Räumung des streitgegenständlichen Grundstücks auch mit einer Klage auf Zahlung von Nutzungsentschädigungen, die erst nach Rechtshängigkeit der Klage fällig geworden sind, verbunden worden.
Die Zahlungsklage aus den Geldforderungen hat auch hohe Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 283a ZPO. Diesbezüglich wird keine Glaubhaftmachung, sondern eine prognostische Entscheidung des Gerichts verlangt. Es soll nach dem Vortrag der Parteien und eventuellen Beweisergebnissen eine Prognose über den Verfahrensausgang treffen. Hierfür reicht hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO nicht aus. Das Gericht darf seine Prognose nur mit den Mitteln des Strengbeweises gewinnen, ohne die Beweisangebote jedoch voll ausschöpfen zu müssen (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl., Rdn. 3 zu § 283a ZPO).
Der Kläger hat gegen die Beklagten, was von diesen grundsätzlich auch nicht in Abrede genommen wird, Anspruch auf Zahlung einer regelmäßigen Nutzungsentschädigung ab November 2014, solange die Beklagten das Grundstück noch nicht zurückgewährt haben. Das LG hat zutreffend eine hohe Erfolgsaussicht hinsichtlich einer monatlichen Nutzungsentschädigung von 675,00 EUR bejaht. Es ist nicht zu beanstanden, auf der Grundlage des Vortrages der Parteien zu den ortsüblichen Mieten, der Kläger 5,00 EUR pro qm und die Beklagten 4,00 EUR pro qm, im Rahmen einer Schätzung zu prognostizieren, dass am Ende Verfahrens eine Miete in Höhe des Mittelwertes (4,50 EUR pro qm) zutreffend festgestellt sein könnte. In gleicher Weise hat das LG zu Recht eine relevante Fläche von 150 qm für die Nutzungsentschädigung zugrunde gelegt. Nachdem nämlich der Kläger, der zunächst eine Fläche von 150 qm behauptet hatte, auf die Behauptung der Beklagten, dass die Wohnfläche des Gebäudes nur 129,17 qm betrage, eine Fläche von 179,95 qm behauptet und diesen Wert durch eine Flächenberechnung weiter vereinzelt hat, die für jeden einzelnen Raum des Gebäudes dessen Maße (jeweils die Wandstrecken und die sich daraus ergebende Fläche) angibt, haben darauf die Beklagten nicht mit der gebotenen Substanz reagiert, sondern sich auf die Wiederholung ihrer Behauptung beschränkt und auf den Verweis, dass sie die einzelnen Wohnflächen bereits in dem Schriftsatz vom 9.12.2014 konkret aufgeführt hätten. Allerdings enthält dieser Schriftsatz nicht den erforderlichen Vortrag. Er stellt zwar dar, auch unter Angabe der jeweiligen Fläche, in welchem Raum welche Sanierungsarbeiten durchgeführt worden seien. Diese Angaben (87,57 qm in der Summe) decken sich, was das Erdgeschoss angeht, durchaus mit den Angaben des Klägers (87,41 qm). Betreffend das Obergeschoss sind die Angaben der Beklagten allerdings ersichtlich unvollständig. Durch den Kläger sind fünf Räume mit den jeweiligen Flächenmaßen angegeben worden (kleine Kammer, Diele, Bad, Kinderzimmer und Stube, zusammen 92,54 qm). Die Beklagten haben demgegenüber, was das Obergeschoss angeht, offenbar nur diejenigen Räume mitgeteilt, in denen Sanierungsarbeiten stattgefunden haben sollen, nämlich Flur/Korridor, Gäste-WC und Büro (zusammen 31,60 qm). Dies ist aber nicht die gebotene Auseinandersetzung mit den vom Kläger im Einzelnen vorgetragenen Daten. Ist dann zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Beklagten selbst im Rahmen eines Antrages gegenüber einer Versicherung - vor einer Vermessung - eine geschätzte Wohnfläche von 150 qm angegeben haben, ist es nicht zu beanstanden, dass das LG im Rahmen seiner Prognose nach § 283a ZPO eine Mindestfläche von 150 qm zugrunde gelegt hat.
Im Ergebnis zu Recht hat das LG die hohe Aussicht auf Erfolg eines Anspruches auf Zahlung von Nutzungsentschädigung nicht durch eine Aufrechnung der Beklagten mit einem Anspruch auf Ersatz notwendiger Verwendungen...