Leitsatz (amtlich)
Ist Räumungsklage wegen Zahlungsverzug erhoben und hat der Beklagte auf eine rechtskräftige Sicherungsanordnung nach § 283a ZPO die Sicherheit nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist geleistet, bedarf es für den Erlass einer einstweiligen Verfügung keiner weiter gehenden Begründung des Verfügungsgrundes. Dieser besteht unter den besonderen Voraussetzungen des § 940a Abs. 3 ZPO allein in dem Verstoß gegen die Sicherungsanordnung.
Verfahrensgang
LG Dessau-Roßlau (Beschluss vom 30.10.2015; Aktenzeichen 2 O 549/14) |
Tenor
Die Beklagten tragen die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Einzelrichterbeschluss der 2. Zivilkammer des LG Dessau-Roßlau vom 30.10.2015 zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens (12 W 37/16 und 12 W 69/16) tragen der Kläger zu 3/10 und die Beklagten zu 7/10.
Der Beschwerdewert beträgt bis zu 6.000,00 EUR.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss vom 30.10.2015 hat keinen Erfolg, soweit der Kläger die Festsetzung eines niedrigeren Streitwerts als 80.000,00 EUR anstrebt (12 W 69/16). Zur Begründung ist auf die insoweit zutreffenden und durch das Beschwerdevorbringen nicht ausgeräumten Gründe des angefochtenen Beschlusses und des Nichtabhilfebeschlusses vom 6.9.2016 zu verweisen, denen sich der Senat nach eigener Prüfung vollumfänglich anschließt.
Im Übrigen hat die sofortige Beschwerde des Klägers indes Erfolg. Mit Blick auf die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien mit den Schriftsätzen vom 13.11.2015 und vom 26.11.2015 war im Rahmen des Beschwerdeverfahrens allerdings nur nach § 91a ZPO über die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu entscheiden (12 W 37/16). Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes hätte der Antrag des Klägers auf Erlass der einstweiligen Verfügung ohne den erledigenden Auszug der Beklagten nach summarischer Prüfung Erfolg gehabt.
Die Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Verfügung, gerichtet auf Räumung von Wohnraum, nach §§ 940a Abs. 3, 283a ZPO lagen vor. Der Kläger hatte gegen die Beklagten Räumungsklage wegen Zahlungsverzugs erhoben (Verfügungsanspruch). Der Verfügungsgrund ergibt sich aus der Nichtbefolgung der Sicherungsanordnung durch die Beklagten. Gegen die Beklagten war nämlich durch Beschluss der Kammer vom 19.8.2015 rechtskräftig eine Sicherungsanordnung nach § 283a ZPO getroffen worden, wonach sie Sicherheit in Höhe der monatlich zu entrichtenden Nutzungsentschädigung von 675,00 EUR ab dem 18.11.2014 zu leisten haben. Ergänzend war den Beklagten durch Kammerbeschluss vom 1.9.2015 zur Einzahlung der Sicherheit für die aufgelaufene Nutzungsentschädigung eine Frist bis zum 1.10.2015 gesetzt worden. Die Sicherheit ist durch die Beklagten nicht eingezahlt worden.
Einer weiter gehenden Begründung des Verfügungsgrundes bedurfte es nicht. Dieser besteht unter den besonderen Voraussetzungen des § 940a Abs. 3 ZPO allein in dem Verstoß gegen die Sicherungsanordnung (vgl. Mayer, in: BeckOK, ZPO, Stand 1.7.2016, Rdn. 7 zu § 940a ZPO; Streyl, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl., Rdn. 33 zu § 940a ZPO; Huber, in: Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., Rdn. 9 zu § 940a ZPO). Die Ansicht (vgl. Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl., Rdn. 9 zu § 940a ZPO), wonach die Räumungsverfügung nach § 940a Abs. 3 ZPO für den Verfügungsgrund zusätzlich voraussetze, dass der Gläubiger auf die sofortige Leistung dringend, etwa zur Existenzsicherung, angewiesen sei, setzt sich in Widerspruch zu der Absicht der Gesetzgebers (BT-Drucksache 17/10485, Seite 34). Danach ist Verfügungsgrund im Sinne des § 940a Abs. 3 ZPO der Verstoß gegen die Sicherungsanordnung. Die Begründung des Mietrechtsänderungsgesetzes führt - woran sich die Auslegung der Vorschrift maßgeblich zu orientieren hat - zu § 940a Abs. 3 ZPO überzeugend aus:
Die Sicherungsanordnung dient dem Schutz des Vermieters, der über die Dauer des Räumungsverfahrens seine Leistung erbringen muss, ohne die Gegenleistung zu erhalten. Die Sicherungsanordnung sorgt für einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Recht des Mieters, durch Minderung oder Zurückbehalten der Miete, seinen Anspruch auf eine mangelfreie Mietsache durchzusetzen, und dem berechtigten Anliegen des Vermieters, seinen Zahlungsanspruch im Falle seines Obsiegens auch realisieren zu können. Ein Mieter, der die Sicherungsanordnung missachtet, setzt sich dem erhöhten Verdacht der Verzögerungsabsicht aus. Denn die Sicherungsanordnung darf nur erlassen werden, wenn die Zahlungsklage hohe Aussicht auf Erfolg hat, also die Einwendungen des Mieters wenig werthaltig sind. In dieser Situation ist es erforderlich, den dem Vermieter drohenden Schaden so gering wie möglich zu halten und ihm zu ermöglichen, den Mieter aus der Wohnung zu zwingen, bevor über seine Räumungsklage in der Hauptsache entschieden ist.
Für wertende Argumente ist hier grundsätzlich kein Raum. Der Wortlaut des § 940a Abs. 3 ZPO, wonach ei...