Leitsatz (amtlich)

1. Der im Anschluss an ein Aufgebotsverfahren nach § 927 BGB auf Eigentümereintragung gerichtete Antrag bedarf nicht der Form des § 29 GBO, weil sich der erforderliche Aneignungswille bereits aus der vorzulegenden Ausschlussentscheidung ergibt.

2. Der Ausschließungsbeschluss hat keine Wirkungen gegen das Eigentumsrecht anderer - nicht eingetragener - Personen, wenn der Beschlusstenor vorschriftswidrig statt gegen "den bisherigen Eigentümer" gegen den "eingetragenen Eigentümer" gerichtet ist.

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Beschwerde des Beteiligten im Übrigen wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Sangerhausen - Grundbuchamt - vom 20. April 2016 aufgehoben, soweit die Vorlage einer Aneignungserklärung in der Form des § 29 GBO verlangt wird.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Vollzug des Antrages auf Eigentumsumschreibung nicht wegen mangelnder Vorlage einer Aneignungserklärung in der Form des § 29 GBO zu verweigern.

Der Beteiligte trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt bis zu 2.500,00 EUR.

 

Gründe

I. In das Grundbuch von B. Blatt ... ist als Eigentümer der Flurstücke 299 und 304 der Flur 4, des Flurstücks 6/11 der Flur 7 und des Flurstücks 62/1 der Flur 10 eingetragen: "E., F. in T. ".

Das Grundbuch weist in Abteilung II den Vermerk auf: "Diese Länderei kann lt. Artikel VI der 1. Verordnung über die Bodenreform vom 3. September 1945 nicht verkauft oder verpfändet werden, sowohl im ganzen als auch in Teilstücken. Eingetragen am 10.6.1949 und mit den belasteten Grundstücken hierher übertragen am 11.01.1978".

Der Beteiligte hat unter dem 2. Juli 2015 einen rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts Sangerhausen (Gesch.Nr.: 10 II 19/11) erwirkt, wonach der am 03. Dezember 1978 verstorbene F. E. als bisheriger Eigentümer der im Grundbuch von B. Blatt ... eingetragenen Grundstücke mit seinen Rechten ausgeschlossen ist.

Am 15. September 2015 hat der Beteiligte unter Vorlage einer Ausfertigung dieses Beschlusses bei dem Amtsgericht Sangerhausen beantragt, ihn als Alleineigentümer an den vorgenannten Grundstücken einzutragen.

Mit Beschluss vom 20. April 2016 hat das Grundbuchamt den Beteiligten darauf hingewiesen, dass der beantragten Eigentumsumschreibung Hindernisse entgegen stünden und zu deren formgerechter Behebung eine Frist von einem Monat bestimmt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es einer Aneignungserklärung in der Form des § 29 GBO bedürfe und darüber hinaus davon ausgegangen werde, dass die (wohl 1995) verstorbene Ehefrau des noch eingetragenen Eigentümers gemäß Art. 233 § 11 Abs. 5 EGBGB hälftiges Miteigentum kraft Gesetzes erworben habe. Diese sei mit ihrem - im Grundbuch nicht verlautbarten Eigentumsrecht (1/2) - nicht als Miteigentümerin ausgeschlossen. Das vom Beteiligten in Anspruch genommene Aneignungsrecht könne sich daher allenfalls auf den hälftigen Miteigentumsanteil des F. E. beziehen.

Hiergegen hat der Beteiligte mit Schriftsatz vom 30. Mai 2016 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass die Aneignungserklärung nach seiner Auffassung nicht der Form des § 29 GBO unterliege. Der Hinweis auf Art. 233 § 11 Abs. 5 EGBGB sei ebenfalls nicht begründet. Der Eigentümerausschluss im Beschluss vom 2. Juli 2015 beziehe sich - da entsprechende Einwendungen/Hinweise des Gerichts im Aufgebotsverfahren nicht ergangen seien - nicht nur auf F. E., sondern auch auf dessen Rechtsnachfolger, also im Ergebnis auf das Eigentum der beschlussgegenständlichen Grundstücke. Dies führe zu deren Herrenlosigkeit und damit zu seinem unbeschränkten Aneignungsrecht, da Einwendungen Dritter - auch von den Rechtsnachfolgern des F. E. - nicht erhoben worden seien. Nur ein im Zeitpunkt des Erlasses des Ausschlussurteils bestehendes, bis dahin angemeldetes und im Ausschlussurteil vorbehaltenes Eigentumsrecht eines Dritten könne die Ausschlusswirkung beseitigen.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde durch Beschluss vom 19. Juli 2016 nicht abgeholfen und diese dem Oberlandesgericht mit der ergänzenden Begründung zur Entscheidung vorgelegt, dass hinsichtlich des hälftigen Miteigentums der Ehefrau nicht von einer Rechtsnachfolge des derzeit noch eingetragenen Eigentümers ausgegangen werden könne. Der Senat hat das Aufgebotsverfahren des Amtsgerichts Sangerhausen - Gesch.Nr.:10 II 19/11 - beigezogen.

II. Die Beschwerde des Beteiligten ist nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist in der Sache aber nur zum Teil begründet. Die Voraussetzungen für den Erlass der Zwischenverfügung vom 20. April 2016 haben nur hinsichtlich eines der beiden mitgeteilten Hindernisse vorgelegen.

Soweit das Grundbuchamt mit seiner Zwischenverfügung darauf hingewiesen hat, dass eine Eigentumsumschreibung auch deshalb nicht eingetragen werden könne, weil es einer Aneignungserklärung in der Form des § 29 GBO bedarf, besteht das Eintragungshindernis nicht. Zwar wird in der Literatur zum...

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