Leitsatz (amtlich)
1. Eine Partei, der Prozesskostenhilfe gewährt worden ist, darf auch dann nicht von der Staatskasse auf Gerichtskosten in Anspruch genommen werden, wenn sie die Kosten in einem Vergleich ganz oder teilweise übernommen hat. An einer Ermittlung und Festsetzung des gegen die Partei bestehenden Gerichtskostenanspruchs ist das Gericht hierdurch nicht gehindert.
2. Die Vorschrift des § 31 Abs. 3 S 1 GKG ist auf den sog. Übernahmeschuldner nach § 29 Nr. 2 GKG nicht, auch nicht entsprechend anwendbar. Das gilt insbesondere auch in den Fällen, in denen § 31 Abs. 4 GKG n.F. nach § 71 Abs. 1 S 1 GKG nicht anwendbar ist.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Beschluss vom 14.02.2014; Aktenzeichen 10 O 1582/11) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 14.2.2014 wird zurückgewiesen.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen der Beteiligten werden nicht erstattet.
Gründe
A. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Zahlungsanspruch i.H.v. 377.550,79 EUR als Schadensersatz aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin O. KG geltend gemacht. Der Beklagte hatte am 21.7.2010 eine Lagerhalle der Versicherungsnehmerin in Brand gesetzt; hierdurch war erheblicher Sachschaden entstanden.
Dem Beklagten ist durch Beschluss des Einzelrichters des 10. Zivilsenats des OLG Naumburg vom 20.3.2012 ratenfreie Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewilligt worden, soweit er sich gegen die Klageforderung bis zu einer Höhe von 134.848,22 EUR verteidigt hat; dies entspricht einem Anteil an der Klageforderung i.H.v. 35,71 %. Die Bewilligung ist insbesondere darauf gestützt worden, dass für die Ermittlung des Schadens im Hinblick auf die Wiedererrichtung der Lagerhalle ein Vorteilsausgleich - ein sog. Abzug "neu für alt" - zu berücksichtigen sei.
Auf Vorschlag des Gerichts, dem ein Formulierungsvorschlag der Prozessparteien zugrunde gelegen hat, haben die Prozessparteien einen Prozessvergleich geschlossen, welcher mit Beschluss der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 18.5.2012 nach § 278 Abs. 6 S. 1 ZPO festgestellt worden ist. Danach hat sich der Beklagte zur Zahlung von 242.702,57 EUR und - im Hinblick auf seine mangelnde Leistungsfähigkeit - zur Ratenzahlung i.H.v. monatlich 100 EUR verpflichtet. Der Vergleich enthält eine Verfall- und eine Erledigungsklausel. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs sind gegeneinander aufgehoben worden; der Kostenwert des Rechtsstreits und des Vergleichs ist auf 377.550,79 EUR festgesetzt worden.
Die Kostenbeamtin des LG Magdeburg hat mit Kostenrechnung III vom 23.5.2012 die Höhe der Gerichtskosten mit 2.356 EUR ermittelt und den hälftigen Anteil i.H.v. 1.178 EUR dem Beklagten zugeordnet. Der von der Klägerin gezahlte Gerichtskostenvorschuss i.H.v. 7.068 EUR ist zunächst auf ihre eigenen Kosten und sodann auf die auf den Beklagten entfallenden Gerichtskosten verrechnet worden. Der Überschuss i.H.v. 4.712 EUR ist an die Klägerin zurücküberwiesen worden. Eine Zahlungsaufforderung an den Beklagten ist nicht ergangen.
Mit Schriftsatz vom 7.10.2013, beim LG eingegangen am 8.10.2013, hat die Klägerin beantragt, die Gerichtskosten i.H.v. 1.178 EUR gegen den Beklagten festzusetzen und anzuordnen, dass der festgesetzte Betrag in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes zu verzinsen ist. In seiner Stellungnahme vom 17.10.2013 hat der Beklagte darauf verwiesen, dass die auf den Beklagten entfallenden Gerichtskosten von der Staatskasse zu tragen seien. Er hat zugleich Beschwerde gegen die o.g. Kostenrechnung, soweit sie zu seinem Nachteil ergangen ist, eingelegt.
Die Bezirksrevisorin bei dem LG Magdeburg hat in ihrer Stellungnahme vom 30.10.2013 die Auffassung vertreten, dass die Kostenrechnung III nicht zu beanstanden sei, weil die Vorschrift des § 31 Abs. 3 GKG, wonach der Gegner einer Partei, welcher Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, nicht als Zweitschuldner der Gerichtskosten in Anspruch genommen werden dürfe, bei einer (teilweisen) Übernahme der Kosten im Rahmen eines Vergleichs nicht anwendbar sei.
Die 10. Zivilkammer des LG Magdeburg, auf welche die Sache von der Einzelrichterin wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 66 Abs. 6 S. 2 GKG übertragen worden ist, hat mit Beschluss vom 14.2.2014 die Erinnerung des Beklagten gegen den Kostenansatz zurückgewiesen. Sie hat sich auf den Wortlaut der Vorschriften des § 123 ZPO und § 31 Abs. 3 S. 1 GKG berufen und eine entsprechende Anwendung der letztgenannten Vorschrift auf den sog. Übernahmeschuldner nach § 29 Nr. 2 GKG abgelehnt. Insoweit hat sie sich darauf berufen, dass der Gesetzgeber in Kenntnis der in dieser Rechtsfrage divergierenden Rechtsprechung es bei der Neufassung des GKG im Jahre 2004 bewusst bei dem bisherigen Wortlaut belassen habe, um Kostenmanipulationen zu Lasten der Staatskasse auszuschließen. Die Kammer hat eingeräumt, dass ihre Rechtsauffassung grundsätzlich vergleichshemmende ...