Leitsatz (amtlich)
Der Unterbringung eines Betroffenen in einer Justizvollzugsanstalt nach § 1 Abs. 1 UBG (Gesetz über die Unterbringung besonders rückfallgefährdeter Personen zur Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vom 06. März 2002, GVBl. LSA Nr. 12/2002, S. 80 f. ) steht grundsätzlich nicht entgegen, dass der Betroffene - aufgrund Ablehnung der Unterbringung durch die Strafvollstreckungskammer - vor Entscheidung des Beschwerdegerichts aus der Strafhaft entlassen worden ist.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Aktenzeichen 50 StVK 104/02) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Landes Sachsen-Anhalt, vertreten durch das Ministerium der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt, gegen den Beschluß des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - Magdeburg vom 27. 3. 2002, mit dem das Landgericht abgelehnt hat, die Unterbringung des Betroffenen in einer Justizvollzugsanstalt anzuordnen,
wird verworfen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; die notwendigen Auslagen des Betroffenen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
Der Betroffene verbüßte bis zum 28. 3. 2002 eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten wegen versuchter Vergewaltigung aufgrund des Urteils des Landgerichts Magdeburg vom 26. 3. 1998 (25 Kls 7/98). Das Landgericht Magdeburg - Strafvollstreckungskammer - hat durch Beschluß vom 27. 3. 2002 (50 StVK 104/02) die Unterbringung des Strafgefangenen nach dem Gesetz über die Unterbringung besonders rückfallgefährdeter Personen zur Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vom 6. 3. 2002 (UBG) abgelehnt. Hiergegen wendet sich das Land Sachsen-Anhalt, vertr. durch das Ministerium der Justiz, mit der sofortigen Beschwerde, die am 27. 3. 2002 bei dem Landgericht Magdeburg eingegangen ist.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 3 Abs. 2, Abs. 4 S. 2 UBG, § 311 Abs. 2 StPO).
In der Sache bleibt sie indes ohne Erfolg.
Das Landgericht hat die Unterbringung des Betroffenen zu Recht abgelehnt.
Nach § 1 Abs. 1 UBG kann gegen eine Person, die unter den Voraussetzungen von § 66 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 2 bis 4 des Strafgesetzbuches eine zeitige Freiheitsstrafe verbüßt, die Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt angeordnet werden, wenn aufgrund von Tatsachen, die nach der Verurteilung bekannt geworden sind, davon auszugehen ist, dass von dem Betroffenen eine erhebliche gegenwärtige Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung anderer ausgeht, insbesondere weil er im Vollzug der Freiheitsstrafe beharrlich die Mitwirkung an der Erreichung des Vollzugsziels verweigert, namentlich eine rückfallvermeidende Psycho- oder Sozialtherapie ablehnt oder abbricht. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Zwar hat der Betroffene bis zum 28. 3. 2002 Strafhaft in einer Justizvollzugsanstalt des Landes Sachsen-Anhalt unter den Voraussetzungen von § 66 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB (Sicherungsverwahrung) verbüßt, wobei das Gesetz lediglich an die formalen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung anknüpft (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf, Landtagsdrucksache 3/5167, S. 12). Der Betroffene war vor der Verurteilung durch das Landgericht Magdeburg vom 26. 3. 1998, die der letzten Strafvollstreckung zugrunde lag, bereits durch Urteil des Amtsgerichts Burg vom 17. 12. 1993 ( 1 Ls 22 Js 16301/93 - 30/93) wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und durch Urteil des Kreisgerichts Schönebeck vom 24. 5. 1988 ( S 106/88 - 1-401-88) wegen Diebstahls u. a. zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt worden. Aufgrund dieser beiden Verurteilungen hatte er insgesamt fünf Jahre, zwei Monate und zwanzig Tage Freiheitsstrafe verbüßt, so dass die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB gegeben sind. Dass der Betroffene zwischenzeitlich aus der Strafhaft entlassen worden ist, stünde der Anordnung der Unterbringung im Beschwerdeverfahren - die weiteren Anordnungsvoraussetzungen als gegeben unterstellt - nicht entgegen. Der Wortlaut des § 1 Abs. 1 UBG "Gegen eine Person, die eine zeitige Freiheitsstrafe verbüßt" könnte zwar nahelegen, dass die Unterbringung nur gegen eine Person angeordnet werden kann, die zur Zeit der Entscheidung über die Anordnung, mithin bis zur Entscheidung des Beschwerdegerichts, noch immer Strafhaft verbüßt. Diese Gesetzesauslegung hätte jedoch zur Konsequenz, dass rechtsfehlerhafte Ablehnungen beantragter Unterbringungen auf sofortige Beschwerde der Justizvollzugsverwaltung in den Fällen nicht mehr korrigiert werden könnten, in denen das Ende der Strafhaft vor Entscheidung des Beschwerdegerichts eintritt und der Betroffene entlassen wird. Dass eine solche Gesetzesauslegung nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht, ergibt sich aus § 3 Abs. 4 S. 1 UBG, der die Anfechtbarkeit der Entscheidung über die Anordnung, also der positiven wie auch der ablehnenden Entscheidung, vorsieht. Zudem sind keine Anhaltspunkte ersichtli...