Leitsatz (amtlich)

Die dienstliche Äußerung, die ein abgelehnter Richter gem. § 44 Abs. 3 ZPO abzugeben hat, dient innerhalb des Ablehnungsverfahrens der Feststellung des für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch erheblichen Sachverhaltes. Wenn dieser aus schriftlich niedergelegten oder sonst schriftlich verfassten und somit aktenkundigen Entscheidungen des abgelehnten Richters besteht, ist demnach dessen dienstliche Äußerung nicht erforderlich.

 

Verfahrensgang

LG Dessau-Roßlau (Beschluss vom 09.08.2012; Aktenzeichen 2 O 197/12)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des LG Dessau-Roßlau vom 9.8.2012 - 2 O 197/12, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 33.664 EUR.

 

Gründe

I. In dem Verfahren vor dem LG Dessau-Roßlau, Az. 2 O 197/12, macht der Kläger Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte geltend, weil diese ihn bei der Vermittlung und dem Abschluss einer Maschinen- und Kaskoversicherung für einen Radlader falsch beraten habe.

Der Kläger hatte den Radlader mit Vertrag vom 5.8.2010 von der Firma Z. Baugeräte GmbH gekauft. Die Maschinen- und Kaskoversicherung wurde mit Vermittlung der Beklagten durch den Kläger bei der Streitverkündeten G. Versicherung AG mit einer Versicherungssumme von 150.000 EUR abgeschlossen. Etwa ein Jahr nach Abschluss der Versicherung kam es zu einem Brand des Radladers, der einen wirtschaftlichen Totalschaden der Baumaschine bewirkte. Der Gutachter der Versicherung stellte fest, dass der Neuwert des Radladers für die Versicherung richtigerweise mit 246.200 EUR hätte veranschlagt werden müssen. Auf der Basis dieses Neuwertes ergab sich eine Schadenshöhe von 88.700 EUR. Die G. Versicherung AG regulierte wegen des geringeren versicherten Neuwertes lediglich einen Betrag von 53.036 EUR, und berief sich auf den Unterversicherungseinwand. Hinsichtlich des offen gebliebenen Differenzbetrages abzgl. eines Betrages für niedrigere Versicherungsprämien wegen des zu niedrigen Neuwertes begehrt der Kläger Schadenersatz wegen Verletzung von Aufklärungspflichten durch die Beklagte bei der Vermittlung des Maschinen- und Kaskoversicherungsvertrages.

Die Beklagte berief sich in der Klageerwiderung u.a. darauf, dass der Kläger sich gem. § A 2 Ziff. 5i) der Allgemeinen Bedingungen für die Maschinen- und Kaskoversicherung von fahrbaren und transportablen Geräten (ABMG 2008) für den Schadensausgleich vorrangig an die Verkäuferin des Radladers, die Firma Z. GmbH, hätte wenden müssen, da insofern noch Garantieansprüche bestanden hätten. Gemäß § A 2 Ziff. 5i) ABMG 2008 leistet der Versicherer ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen keine Entschädigung für Schäden, soweit für sie ein Dritter als Lieferant (Hersteller oder Händler), Werkunternehmer oder aus Reparaturauftrag einzutreten hat. Der Kläger ging innerhalb der Replikfrist und bis zur mündlichen Verhandlung nicht auf diesen Einwand der Beklagten ein, sondern erklärte an Stelle einer Replik die Streitverkündung im Verhältnis zur G. Versicherungs AG aufgrund weiterer anderer Einwendungen der Beklagten.

In dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 2.8.2012 führte der Vorsitzende, Richter am LG P., als Einzelrichter in den Sach- und Streitstand ein. Dabei wurde laut Protokoll im Zuge des Rechtsgesprächs mit den Parteivertretern der Einwand der Beklagten erörtert, dass sich der Kläger vor Inanspruchnahme der G. Versicherung an die Firma Z. hätte halten müssen. Der Richter gab im Zuge der Erörterung seine Rechtsansicht bekannt, dass dieser Einwand durchgreifen könne. Er erklärte, dass dies dazu führen dürfte, dass der vom Kläger gegen die Beklagte geltend gemachte Schadenersatzanspruch gegen eine Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzung nicht bestehen könnte, weil es an der Kausalität einer Aufklärung- und Beratungspflichtverletzung, wenn sie denn vorliegen würde, fehlen könnte. Daraufhin erklärte die Klägervertreterin laut schriftlichem Protokoll, dass sie auf den soeben erteilten richterlichen Hinweis gem. § 139 ZPO eine Schriftsatzfrist beantrage, um ggf. dazu ergänzend vorzutragen. Der Vorsitzende erklärte laut Protokoll dann, dass das Gericht mit den Parteivertretern ein Rechtsgespräch geführt habe, aber keinen richterlichen Hinweis gem. § 139 ZPO an die Klägerin erteilt habe. Ein solcher richterlicher Hinweis gem. § 139 ZPO sei nach dem Verständnis des Gerichtes nämlich die Aufforderung an die jeweilige Prozesspartei, schlüssiges Vorbringen weiter zu substantiieren, d.h. detailliert darzulegen. Das Rechtsgespräch mit den Parteien sei nach dem Verständnis des Gerichts somit kein richterlicher Hinweis gem. § 139 ZPO.

Daraufhin lehnte die Klägervertreterin laut Protokoll den Richter am LG P. als Einzelrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ab.

Die mündliche Verhandlung wurde daraufhin auf einen noch nicht bestimmten weiteren Termin vertagt.

Mit Beschluss des LG Dessau-Roßlau vom 9.8.2012 - 2 O 197/12, wurde das gegen den R...

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