Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergabenachprüfungsverfahren: Abgrenzung zwischen Dienstleistungsauftrag und Dienstleistungskonzession
Normenkette
GWB § 99 Abs. 1 aF, § 102 aF; EWGRL 50/92; EGRL 18/2004
Verfahrensgang
2. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 02.03.2016) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 2. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt vom 2.3.2016 mit Ausnahme der Kostenentscheidung aufgehoben.
Die Sache wird gemäß § 17a Abs. 2 S. 1 GVG an das LG Magdeburg verwiesen.
Gründe
A. Die Antragstellerin wendet sich mit einem Nachprüfungsverfahren gegen die Interimsvergabe von Dienstleistungen im Bereich der Straßenreinigung zu Los 5 - Beseitigung von Ölverunreinigungen auf Verkehrsflächen im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin betreffend den Landkreis M., S. Kreis, B. Kreis und Stadt H. -, den der Antragsgegner im Wege eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb an einen Bieter befristet auf den Zeitraum vom 01.1. bis 31.12.2016 vergeben hat.
Der Antragsgegner beabsichtigt die Neuvergabe von Dienstleistungen zur Beseitigung von Ölspuren auf Verkehrsflächen in ihrem Zuständigkeitsbereich, aufgeteilt in sieben Gebietslose zu einem geschätzten Gesamtauftragswert von 2,3 Millionen Euro mit einer Vertragslaufzeit 2016 und 2017.
Hierzu hatte er am 11.8.2015 im Supplement zum Amtsblatt der EU zunächst eine Vergabe im Offenen Verfahren bekannt gemacht. Gemäß Abschnitt II Ziffer 1.1. der Bekanntmachung war Gegenstand der Ausschreibung die Beseitigung von Öl, Kraft- und anderen Schadstoffen sowie kontaminierten Schadstoffen nach Unfällen und Havarien mit sofortiger Wiederherstellung der gefahrlosen Nutzbarkeit auf Verkehrsflächen der Bundesautobahnen, Bundes-, Landes- und Kreisstraßen im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners, unterteilt in einzelne Landkreise (Los 1 bis 5) sowie zwei Autobahnabschnitte (Los 6 bis 7). Die Antragstellerin rügte bereits das offene Vergabeverfahren mit Schreiben vom 07.9.2015 gegenüber dem Antragsgegner und leitete mit Antragsschrift vom 08.9.2015 hierzu die weiterhin vor der 2. Vergabekammer anhängigen Nachprüfungsverfahren zu den Geschäftsnummern 2 VK LSA 16/15 - 22/15 ein. Nachdem innerhalb der Ausschreibungsfrist keine Angebote eingegangen waren, hob der Antragsgegner das offene Vergabeverfahren auf.
Mit Bekanntmachung vom 25.9.2015 teilte er mit, dass er nunmehr beabsichtige, die Aufträge für die Lose im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb gemäß § 3 Abs. 4a EG VOL/A unter Beibehaltung der ursprünglichen Auftragsbedingungen zu vergeben. Die von dem Antragsgegner angekündigte Verfahrensweise rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 05.10.2015 ebenfalls und machte mit ihrer Rüge geltend, dass auch der neuen Ausschreibung nach wie vor rechtswidrige Vergabebedingungen zugrunde liegen würden. Unter dem 06.10.2015 versandte der Antragsgegner gleichwohl die Vergabeunterlagen an die Antragstellerin und an 18 weitere Firmen und forderte diese zur Angebotsabgabe ab. Als Termin für den Ablauf der Angebotsfrist war der 20.10.2015 benannt.
Unter Ziffer 12.1 der Ausschreibungsbestimmungen ist der Preis als alleiniges Wertung ... riterium vorgesehen, über den die Angebotswertung erfolgen sollte. Die als Anlage beigefügten weiteren besonderen Vertragsbedingungen enthalten zudem spezielle Anforderungen an den Bieter: Dieser muss seine Leistungsbereitschaft rund um die Uhr ohne Einschränkungen sicherstellen können und außerdem eine besondere Kennzeichnung der Einsatzfahrzeuge und Arbeitsgerätschaften entsprechend der RSA (Richtlinie für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen) vorweisen sowie die Ausstattung der Maschinen mit einem gültigen Gütezeichen bzw. einer gleichwertigen Zertifizierung gewährleisten. Außerdem sehen die weiteren besonderen Vertragsbedingungen eine Übernahme der Haftung für Schäden vor, die auf die Reinigungsleistungen zurückgehen. Der Auftragnehmer muss sich verpflichten, sämtliche Schäden auf seine Kosten zu beseitigen, und hat insoweit eine entsprechende Haftpflichtversicherung nachzuweisen. In der Ausführungsbeschreibung heißt es hierzu unter Ziffer 5):
"Der Auftragnehmer haftet im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen für alle Schäden, die auf unsachgemäße Arbeitsweise oder auf mangelnde Absicherung der Gefahrenstelle während seiner Tätigkeit vor Ort zurückzuführen sind. Des weiteren haftet er für Schäden, die nach der Beseitigung der Ölverunreinigungen entstehen. Soweit diese auf unsachgemäße Arbeiten zurückzuführen sind. Der Auftragnehmer stellt den Auftraggeber von allen Ansprüchen Dritter frei."
Zur Abrechnung und Bezahlung ist in den weiteren besonderen Vertragsbedingungen Folgendes ausgeführt:
"Grundsätzlich tritt die Landesstraßenbaubehörde ihre Forderungen an den Auftragnehmer ab. Die Abrechnung erfolgt direkt zwischen Auftragnehmer und Verursacher. Hierfür ist als Anlage eine Abtretungserklärung als Muster beigefügt.
In Ausnahmefällen, wenn der Verursacher nicht ermittelbar ist,...