Leitsatz (amtlich)

Zwischenentscheidungen, die in die Rechte der Beteiligten eingreifen, sind grundsätzlich unmittelbar anfechtbar. Wird ein Dritter in einem Beweisbeschluss zur Mitwirkung verpflichtet, ist er nicht Beteiligter und seine Rechte ergeben sich aus den §§ 15 FGG, 373401 ZPO.

Steht dem Zeugen nach § 384 ZPO ein Zeugnisverweigerungsrecht zu, kann er die Mitwirkung verweigern und gegen einen Beweisbeschluss Rechtsmittel einlegen.

 

Verfahrensgang

AG Naumburg (Aktenzeichen F 240/99)

 

Tenor

Der Beschluss des AG Naumburg vom 29.10.2001 wird mit dem zu Grunde liegenden Verfahren aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das AG zurückverwiesen.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde gegen den Beweisbeschluss des AG Naumburg ist begründet. Die Zulässigkeit der Beschwerde ergibt sich aus den §§ 19 FGG, 388 ZPO. Grundsätzlich sind Verfügungen des Gerichts, die das Verfahren nicht abschließen, sondern lediglich vorbereitend für die Endentscheidung sind, eine Anfechtung durch das Rechtsmittel der Beschwerde entzogen. Dies gilt allerdings nur für solche Zwischenentscheidungen, die nicht in die Rechte der Beteiligten eingreifen (vgl. hierzu Keitel/Kunze/Winkler/Kahl, FGG, 14. Aufl., § 19 Rz. 9). Hier wird allerdings durch den Beweisbeschluss des AG in die Rechte des Beschwerdeführers eingegriffen, indem die Verpflichtung begründet wird, sich einer Blutgruppenuntersuchung, bzw. einer Blutentnahme zu unterziehen. Da der Beschwerdeführer nicht unmittelbar Beteiligter des vorliegenden Verfahrens ist, sondern allenfalls als Zeuge oder bzw. als Augenscheinsobjekt beteiligt ist, richten sich gem. § 15 Abs. 1 FGG seine Rechte nach den §§ 373401 ZPO. Danach kann gem. den §§ 387, 388 ZPO über die Frage eines Zeugnisverweigerungsrechts ein Zwischenstreit über ein Zeugnisverweigerungsrecht mit abschließendem Urteil geführt werden. Das heißt, die Frage inwieweit ein Zeuge zur Mitwirkung verpflichtet ist, kann bereits vor der Endentscheidung durch Rechtsmittel überprüft werden. So liegt i.E. auch der Sachverhalt hier. Bereits vor Erlass des angefochtenen Beweisbeschlusses hat der Beschwerdeführer seine Mitwirkung bei der Erstellung eines Blutgruppen- bzw. DNA-Gutachtens verweigert. Insoweit kann in der Entscheidung des AG auch eine Entscheidung über die Frage gesehen werden, inwieweit der Beschwerdeführer zur Mitwirkung verpflichtet ist. Diese Entscheidung ist dann gem. § 19 FGG mit dem Rechtsmittel der Beschwerde anfechtbar.

Die Beschwerde ist auch begründet. Mangels Rechtsgrundlage war es dem AG nicht gestattet, den Beschwerdeführer in den Beweisbeschluss mit einzubeziehen. Die Vorschrift des § 372a ZPO ist hier nicht einschlägig. Danach kann lediglich in den Fällen der §§ 1600c BGB und 1600d BGB oder in anderen Fällen zur Feststellung der Abstammung die Entnahme von Blutproben angeordnet werden. Diese Blutprobenentnahme ist dann von jeder Person unter den weiteren in § 372a ZPO genannten Voraussetzungen zu dulden. Das heißt, wenn im vorliegenden Verfahren Streitgegenstand die Feststellung wäre, dass der Beschwerdeführer der Vater der Antragstellerin ist, wäre der Beweisbeschluss gem. § 372a ZPO möglicherweise zutreffend erlassen. So liegt der Sachverhalt hier aber nicht, in diesem Verfahren ist lediglich festzustellen, ob der verstorbene Vater der Antragstellerin nicht deren leiblicher Vater ist. Insoweit kann sich eine Mitwirkungsverpflichtung des Beschwerdeführers nicht aus § 372a ZPO ergeben.

Darüber hinaus steht dem Beschwerdeführer in seiner Funktion als Zeuge aus § 384 Ziff. 2 ZPO auch ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Danach kann ein Zeuge das Zeugnis über Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm oder einem seiner im § 383 Nr. 1–3 ZPO bezeichneten Angehörigen zur Unehre gereichen kann. Die Frage, inwieweit der Zeuge durch eine möglicherweise gegebene Verbindung mit der Kindesmutter außerehelichen Intimverkehr gehabt haben könnte, betrifft nicht nur ihn, sondern auch seine Ehefrau, und könnte für den Fall der positiven Beantwortung ihn und seine Ehefrau dem Vorwurf der Unehre aussetzen.

Darüber hinaus scheint es auch fraglich, ob die Beweisanordnung des AG zweckmäßig ist. Nach einer Mitteilung des Instituts für Molekulargenetik und Vaterschaftsdiagnostik in Bremen lässt sich zweifelsfrei die Vaterschaft bezüglich der Antragstellerin durch ein Gutachten feststellen, bei dem die Antragstellerin, die Mutter der Antragstellerin und die leiblichen Geschwistern der Antragstellerin mit einbezogen werden. Dies zumindest dann, wenn die Vaterschaft bei den Geschwistern der Antragstellerin sicher feststeht und mindestens zwei Geschwister mit in die Untersuchung einbezogen werden. Diese Möglichkeit hat das AG nicht in Betracht gezogen, obwohl dies bei dem vorliegenden Sachverhalt näher liegt als den völlig unbeteiligten Zeugen E. mit einzubeziehen. Letztlich bleibt zu bemerken, dass darüber hinaus wohl auch die Anfechtungsfrist nicht gewahrt sein dürfte. Nach dem Vortrag der Antragstellerin will sie zwar erst 1998 definitiv davon Ken...

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