Leitsatz (amtlich)
Von der Doppel- bzw. Mehrfachbelegung von Haftzellen kann nicht ohne weiteres auf eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechtes geschlossen werden, die allein zu einem Schmerzensgeldanspruch führen kann.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Beschluss vom 05.02.2004; Aktenzeichen 7 O 495/03) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den die beantragte Prozesskostenhilfe versagenden Einzelrichterbeschluss der 7. Zivilkammer des LG Halle vom 5.2.2004 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Schmerzensgeldklage wegen Unterbringung in einem mit mehreren Gefangenen belegten Haftraum. Er verbüßt in der Justizvollzugsanstalt H. bis 28.2.2005 Strafthaft im geschlossenen Vollzug.
Er war dort nach den Feststellungen des LG wie folgt untergebracht:
Zeitraum Größe des Haftraumes Anzahl der Häftlinge Besonderheiten m. = mit/o. = ohne
14.-28.5.2002 16,3 m2 3 separater Sanitärbereich
29.-31.5.2002 16,3 m2 2 separater Sanitärbereich
1.-6.6.2002 16,3 m2 3 separater Sanitärbereich
7.6.-26.8.2002 10,0 m2 2 Sanitärbereich m. Abtrennung
27.8.-6.9.2002 10,0 m2 2 Sanitärbereich o. Abtrennung
7.9.-23.12.2002 10,0 m2 2 Sanitärbereich m. Abtrennung
24.12.-23.9.2003 9,47 m2 2 Sanitärbereich o. Abtrennung
Mit Beschl. v. 3.9.2003 verpflichtete die Strafvollstreckungskammer des LG Halle die Justizvollzugsanstalt, den Antragsteller während der Ruhezeiten gem. § 18 Abs. 1 StVollzG einzeln unterzubringen, was seit dem 25.9.2003 der Fall ist.
Der Antragsteller hat die Möglichkeit der Teilnahme an zahlreichen Freizeitmaßnahmen in Form von Gemeinschaftssport, Sektionsveranstaltungen (Schach, Tischtennis, Dart, Computerlehrgänge) sowie Gelegenheit, die Bibliothek der Haftanstalt zu benutzen. Er kann ferner an kirchlichen Gemeinschaftsveranstaltungen teilnehmen und bei der Erstellung der Gefangenenzeitung mitwirken. Des Weiteren besteht die Möglichkeit des Umschlusses zu anderen Häftlingen.
Das LG Halle hat seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Schmerzengeldklage zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er mit Ausnahme der Zeit vom 14.5. bis 6.6.2002 weiterhin Prozesskostenhilfe für eine Schmerzensgeldklage begehrt.
II. Die gem. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 S. 1, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist nicht begründet, da die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO). Das LG hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht und mit einer zutreffenden Begründung abgelehnt. Daran vermag das Beschwerdevorbringen nichts zu Gunsten des Antragstellers zu ändern.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schmerzensgeld wegen Amtspflichtverletzung gem. § 839 Abs. 1 i.V.m. Art. 34 GG, §§ 18 Abs. 1 S. 1, 144, 146 StVollzG gegen das beklagte Land.
Ein Schmerzensgeldanspruch kommt nur bei einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts in Betracht. Ob eine solche schwerwiegende Verletzung vorliegt, hängt insb. von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffes sowie von Anlass und Beweggründen des Handelnden sowie vom Grad seines Verschuldens ab (BGH NJW 1975, 1617; v. 15.11.1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1 = MDR 1995, 804; Palandt/Sprau, BGB, 63. Aufl., § 823 Rz. 124).
Soweit der Antragsteller mit einem bzw. zwei weiteren Häftlingen in einem 16,3 m2 großen und mit separaten Sanitärbereich versehenen Haftraum untergebracht war, liegt bereits keine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, insb. ist er nicht in seinem Anspruch auf menschenwürdige Unterbringung beeinträchtigt. Entsprechendes gilt für die Zeiträume, in denen er in einem ca. 10,0 m2 großen Haftraum mit einem weiteren Mitgefangenen untergebracht war und der Haftraum über einen separaten Sanitärbereich mit Abtrennung verfügte.
Daran ändert auch nichts der Umstand, dass es sich bei dem Raum um einen Einzelhaftraum handelte und die Strafvollstreckungskammer des LG Halle die Unterbringungen insb. in der Zeit von Dezember 2002 bis Dezember 2003 in einer 9,47 m2 großen Zelle mit einem weiteren Haftgefangenen ohne abgetrennten Sanitärbereich als rechtswidrig qualifiziert hat. Selbst im Falle einer Bindung des Senats an die in den Gründen dieser Entscheidung festgestellte Rechtswidrigkeit der Unterbringung in diesem Zeitraum kann aus der Doppelbelegung des Einzelhaftraumes nicht ohne Weiteres auf eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Antragstellers oder die Verletzung seiner Menschenwürde geschlossen werden. Dem stehen auch die Beschlüsse des BVerfG vom 27.2.2002 (BVerfG v. 27.2.2002 - 2 BvR 553/01, NJW 2002, 2699 [2700]) und vom 13.3.2002 (BVerfG v. 13.3.2002 - 2 BvR 261/01, NJW 2002, 2700 [2701]) nicht entgegen. Denn es hat in diesen Beschlüssen nicht festgestellt, dass bei einer Doppelbelegung von Einzelhafträumen wie im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 GG oder eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrec...