Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Ausschluss wegen der Ausübung eines Kapitalwahlrechts
Leitsatz (amtlich)
Die Ausübung eines Kapitalwahlrechtes hinsichtlich einer auf Rente lautenden Lebensversicherung und damit der Wegfall der Einbeziehung in den Versorgungsausgleich (§ 1587 Abs. 3 BGB) ist nicht ausreichend, um eine grobe Unbilligkeit anzunehmen. Dies kann nur dann der Fall sein, wenn im Verhalten des Anrechtsinhabers ein illoyaler und zumindest grob leichtfertiger Verzicht auf eine eigene Altersversorgung zu erblicken wäre (OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 463; das. FamRZ 2006, 1457).
Normenkette
BGB § 1587 Abs. 3, § 1587c
Verfahrensgang
AG Halle (Saale) (Urteil vom 24.04.2008; Aktenzeichen 28 F 2727/04) |
Tenor
Die befristete Beschwerde der Antragstellerin gegen das Urteil des AG - FamG - Halle (Saale) vom 24.4.2008 (Az.: 28 F 2727/04) wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien haben am 27.5.1988 die Ehe geschlossen und leben seit Juli 2004 räumlich und wirtschaftlich voneinander getrennt. Aus der Ehe der Parteien ist ein am 30.10.1991 geborenes minderjähriges Kind hervorgegangen.
Der Ehescheidungsantrag der Antragstellerin vom 18.2.2005 ist am 18.3.2005 rechtshängig geworden. Das AG hat die Ehe der Parteien mit Urteil vom 24.4.2008 geschieden und den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich zu Lasten der Antragstellerin dergestalt durchgeführt, dass von ihrem Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund auf das Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund monatliche und auf das Ende der Ehezeit bezogene Rentenanwartschaften, denen Entgeltpunkte (Ost) zugrunde liegen, i.H.v. 235,66 EUR übertragen. Ferner hat es die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs mit Blick auf eine private Leibrentenversicherung der Antragstellerin bei der M. Lebensversicherung AG vorbehalten.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde.
II. Die Beschwerde ist gem. §§ 629a Abs. 2 S. 1, 621e Abs. 1 und 3, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zulässig; insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Sie hat jedoch - auch unter Berücksichtigung des Weiteren Beschwerdevorbringens mit Schriftsätzen vom 22.7.2008 und 28.7.2008 - in der Sache keinen Erfolg, denn zutreffend ist das AG zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen des § 1587c Nr. 1 und 2 BGB für einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs nicht vorliegen.
Der Tatbestand der in § 1587c Nr. 1 BGB normierten Härteklausel ist erfüllt, wenn aufgrund besonderer Verhältnisse die starre Durchführung des öffentlich-rechtlichen Wertausgleichs dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widerspricht und daher zu grob unbilligen Ergebnissen führen würde (BGH FamRZ 2005, 2052 ff.). Dies ist hier im Hinblick auf die Inanspruchnahme der Antragstellerin nicht der Fall.
Soweit es um die Rentenversicherung des Antragsgegners bei der A. Lebensversicherung AG geht, führt die Ausübung des Kapitalwahlrechts seitens des Antragsgegners bei ursprünglich vereinbartem Rentenbeginn nicht zur Annahme einer groben Unbilligkeit im vorgenannten Sinne. Diese wäre nur anzunehmen, wenn im Verhalten des Antragsgegners ein illoyaler und zumindest grob leichtfertiger Verzicht auf eine eigene Altersvorsorge zu erblicken wäre (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 463 und FamRZ 2006, 1457). Davon kann aber nach Lage des Sachverhalts nicht ausgegangen werden, denn konkrete Anhaltspunkte für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens fehlen. Vielmehr indiziert die von der Antragstellerin wegen einer durch Urteil des LG Halle vom 3.2.2006 titulierten Forderung i.H.v. 16.313,80 EUR in die - gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen - Forderungen des Antragsgegners gegen die A. Lebensversicherung AG, namentlich in die Ansprüche aus privater Rentenversicherung, betriebene Zwangsvollstreckung, dass die Ausübung des Kapitalwahlrechts der Notwendigkeit geschuldet war, die Forderung der Antragstellerin zu befriedigen. Entsprechend hat die A. Lebensversicherung AG den Betrag von 17.844,29 EUR aus der Versicherungssumme und weitere 1.148,82 EUR aus der Lebensversicherung des Antragsgegners bei dem vorbezeichneten Versicherungsunternehmen (Haupt- und Nebenforderungen) unter dem 13.7.2007 auf das Anderkonto des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin überwiesen. Dass der Antragsgegner den nach Kapitalauszahlung verbleibenden Differenzbetrag von 25.114,86 EUR nicht für den Ausgleich anderer Verbindlichkeiten ggü. der Antragstellerin eingesetzt hat, spricht nicht für ein dem Antragsgegner anzulastendes illoyales und grob leichtfertiges Unterlassen einer eigenen Altersvorsorge.
Ein solches Verhalten kann mangels Erkennbarkeit dahingehender Umstände des Einzelfalls auch nicht in der Beitragsfreistellung seiner Renten- und seiner Lebensversicherung...