Leitsatz (amtlich)
Wird Prozesskostenhilfe mangels Aussicht auf Erfolg verweigert, ist eine sofortige Beschwerde nur zulässig, wenn auch die Entscheidung in der Hauptsache – hier: einstweilige Anordnung – einem Rechtsmittel oder Rechtsbehelf unterliegt.
Durch das Rechtsinstitut der einstweiligen Anordnung wird die einstweilige Verfügung verdrängt. Im Gegensatz zu dieser bedarf es keines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses für eine Eilentscheidung. Ausreichend ist ein wirtschaftliches Interesse des Gläubigers; der Anspruch auf laufenden Unterhalt ist schlüssig darzulegen und glaubhaft zu machen.
Verfahrensgang
AG Merseburg (Beschluss vom 05.06.2003; Aktenzeichen 2 F 50/03) |
Tenor
Der als sofortige Beschwerde wertende Rechtsbehelf der Klägerin gegen den Beschluss des AG – FamG – Merseburg vom 15.4.2003 in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 5.6.2003 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Gründe
1. Die Entscheidung richtet sich nach dem am 1.1.2002 in Kraft getretenen neuen Zivilprozessrecht, da der angefochtene Beschluss – mit dem der Klägerin für das einstweilige Anordnungsverfahren Prozesskostenhilfe versagt worden ist – weder vor dem 1.1.2002 verkündet noch vor diesem Zeitpunkt der Geschäftsstelle übergeben worden ist (§ 26 Nr. 10 EGZPO). Nach neuem Zivilprozessrecht ist gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe allenfalls noch die – sofortige – Beschwerde statthaft (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO n.F.), über die der originäre Einzelrichter des Senats zu entscheiden hat, falls er die Entscheidung nicht – wie hier – dem Senat in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung übertragen hat (§ 568 ZPO n.F.). Daneben bleibt – bei krassem Unrecht – die außerordentliche Beschwerde zulässig.
2. Der – als sofortige Beschwerde zu wertende – Rechtsbehelf gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe für das einstweilige Anordnungsverfahren ist unzulässig:
Das FamG hat die Prozesskostenhilfe nämlich nicht mangels Kostenarmut, sondern mangels Erfolgsaussicht des von der – in Prozessstandschaft (§ 1629 Abs. 3 BGB) klagenden – Kindesmutter angestrengten einstweiligen Anordnungsverfahrens versagt. Wird Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung versagt (§ 114 ZPO), ist eine sofortige Beschwerde gegen eine solche Entscheidung nur zulässig, wenn auch die Entscheidung in der Hauptsache – hier also die Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren – einem Rechtsmittel oder Rechtsbehelf unterliegt. Dies ergibt sich aus der Bestimmung zu § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO n.F., wie inzwischen allgemein anerkannt ist; die abweichende Ansicht, die zu der bis 31.12.2001 geltenden alten Zivilprozessordnung vertreten wurde, kann auf Grund der am 1.1.2002 in Kraft getretenen neuen Zivilprozessordnung nicht mehr aufrechterhalten werden, wie von den Vertretern dieser Ansicht eingeräumt wird (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 127 Rz. 47).
Einstweilige Unterhaltsanordnungen (§ 620 Nr. 4, § 644 ZPO) unterliegen keinem Rechtsbehelf, da eine sofortigen Beschwerde nicht statthaft ist (§ 620c S. 2, § 644 S. 2 ZPO). Unanfechtbar ist auch die Ablehnung einer einstweiligen Anordnung (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 620c, Rz. 3 m.w.N.).
Infolgedessen ist auch keine sofortige Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe eröffnet.
3. Die unzulässige sofortige Beschwerde kann auch nicht in eine – innerhalb einer Zwei-Wochen-Frist (entspr. § 321a Abs. 2 S. 2 ZPO n.F.) zulässige – außerordentliche Beschwerde gegen eine greifbar gesetzwidrige Entscheidung (vgl. OLG Naumburg, Beschl. v. 24.1.2003 – 8 WF 14/03; ferner OLG Frankfurt v. 18.9.1984 – 3 WF 224/84, FamRZ 1985, 193 [194]; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 620c, Rz. 12 ff.) umgedeutet werden, weil außerordentliche Beschwerden auf Ausnahmefälle krassen Unrechts beschränkt sind, in denen Entscheidungen mit dem geltenden Recht schlechthin unvereinbar (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 620c, Rz. 12 m.w.N.), d.h. der Rechtsordnung „fremd” sind (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 567 Rz. 18b m.w.N.).
Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben, obgleich das FamG die begehrte Prozesskostenhilfe für das einstweilige Anordnungsverfahren i.E. zu Unrecht versagt hat. Zwar hat das FamG die an den Erlass einer einstweiligen Unterhaltsanordnung zu stellenden Anforderungen überspannt, indem es – im Wege einer teleologischen Reduktion des Gesetzes – ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Eilentscheidung verlangt. Denn nicht einstweilige Anordnungen (§ 620, § 644 ZPO), sondern nur einstweilige Leistungsverfügungen sind nach geltendem Recht erst zulässig, wenn ihr Erlass zur Abwendung wesentlicher Nachteile „nötig erscheint” (§ 940 ZPO). Durch die – mittlerweile vom Gesetzgeber geschaffenen – Sonderregelungen zur einstweiligen Anordnung (§ 620, § 644 ZPO) wird das Rechtsinstitut der einstweiligen Verfügung verdrängt (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 620 Rz. 23, § 644 Rz. 2 m.w.N.). Nach diesen Sonderregelungen können einstweilige Anordnunge...