Leitsatz (amtlich)

Eine Herabsetzung des sich nach § 50 Abs. 1 FamGKG ergebenden Verfahrenswertes nach Abs. 3 der Vorschrift kommt nur ausnahmsweise in Betracht, nämlich nur dann, wenn der regelrecht ermittelte Wert in keinem angemessenen Verhältnis zum Umfang, zur Schwierigkeit und zur Bedeutung der Sache mehr steht. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht schon dann vor, wenn wegen der Geringfügigkeit der Anrechte vom Ausgleich abgesehen wird.

 

Verfahrensgang

AG Dessau-Roßlau (Beschluss vom 12.04.2013; Aktenzeichen 3 F 768/12 S)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin/Beschwerdeführer wird der Beschluss des AG - Familiengerichts - Dessau-Rosslau vom 12.4.2013 - 3 F 768/12 S, abgeändert und der Verfahrenswert auf insgesamt 30.600,- Euro festgesetzt.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Eine Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung findet nicht statt.

 

Gründe

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des AG - Familiengerichts - Dessau-Roßlau vom 12.4.2013 ist gem. § 59 Abs. 1 FamGKG statthaft und zulässig, insbesondere können die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin (Beschwerdeführer) nach § 32 Abs. 2 RVG aus eigenem Recht Rechtsmittel gegen die vom AG beschlossene Wertfestsetzung einlegen. Auch ist der nach § 59 FamGKG für die Zulässigkeit des Rechtsmittels maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstandes von über 200,- Euro erreicht.

Die Beschwerde ist auch begründet.

Denn das AG, welches mit dem angefochtenen Beschluss den Verfahrenswert auf insgesamt 23.000,- Euro (= 18.000,- Euro Ehescheidung + 5.000,- Euro Versorgungsausgleich) festgesetzt hat, hat den Teilstreitwert betreffend den Versorgungsausgleich - wie die Beschwerdeführer zu Recht rügen - zu niedrig festgesetzt.

Gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG beträgt der Verfahrenswert für die Folgesache Versorgungsausgleich "für jedes Anrecht 10 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten".

Die beteiligten Ehegatten haben ihr gemeinschaftliches Monatsnettoeinkommen mit 6.000,- Euro beziffert. Demzufolge errechnet sich für den Versorgungsausgleich nach § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG ein regulärer Verfahrenswert von (3 Monate × 6000,- Euro Monatsnettoeinkommen beider Ehegatten × 10 % × 7 Anrechte =) 12.600,- Euro anstelle der vom AG nach § 50 Abs. 3 FamGKG festgesetzten 5.000,- Euro.

Der reguläre Verfahrenswert von 12.600,- Euro ist auch hier maßgeblich.

Denn nach dem Willen des Gesetzgebers sollte, abweichend von der alten Regelung des § 49 GKG, 99 KostO a.F., dem mit der Neuregelung des Versorgungsausgleichs durch das VersAusglG einhergehenden erhöhten Arbeitsaufwand Rechnung getragen werden, zumal danach die Einzelrechte regelmäßig umfassend und sorgfältig zu prüfen sind, und zwar sowohl durch das Gericht als auch die Verfahrensbevollmächtigten (OLG München FamRZ 2012, 1973 mit Hinweis auf BT-Drucks. 16/10144, Seite 110).

Nur wenn der regelrecht ermittelte Verfahrenswert in keinem angemessenen Verhältnis zum Umfang, zur Schwierigkeit und zur Bedeutung der Sache mehr steht, dann soll nach § 50 Abs. 3 FamGKG eine Herabsetzung erfolgen können. Dabei ist § 50 Abs. 3 FamGKG restriktiv zu handhaben, denn er stellt eine Ausnahmevorschrift dar, so dass dieser als Härteklausel auch nur auf Ausnahmefälle anzuwenden ist (OLG München,. a.a.O. Seite 1973 m.w.N.). Da somit der gesetzgeberische Wille maßgeblich für den Verfahrenswert auf dem Umfang der sachlichen Prüfung der von den Versorgungsträgern erteilten Auskünfte abstellt, ist ein Ausnahmefall für eine Herabsetzung des Gegenstandswertes, anders als das AG meint, nicht schon dann gegeben, wenn nach § 18 VersAusglG wegen der Geringfügigkeit der Anrechte, wie hier teilweise, vom Ausgleich abgesehen wird (OLG München, a.a.O., Seite 1974 m.w.N.).

Demzufolge kommt im Entscheidungsfall eben keine Billigkeitskorrektur nach § 50 Abs. 3 FamGKG in Betracht, zumal weit mehr als üblich hier gar sieben Versorgungsanrechte zu prüfen waren.

Soweit der angefochtene amtsgerichtliche Beschluss dies außer Acht lässt, war er also auf das erfolgreiche Rechtsmittel der Beschwerdeführer zu korrigieren und der Gegenstandswert für die erste Instanz auf insgesamt (12.600,- Euro Versorgungsausgleich + 18.000,- Euro Ehescheidung =) 30.600,- Euro festzusetzen.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 59 Abs. 2 FamGKG.

III. Die Unanfechtbarkeit der Entscheidung folgt aus den §§ 59 Abs. 1 Satz 5, 57 Abs. 7 FamGKG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 5200987

FamRZ 2014, 1809

NJW-Spezial 2013, 604

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