Verfahrensgang
AG Halle (Saale) (Beschluss vom 15.03.2017; Aktenzeichen 24 F 2795/14 SO) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Halle (Saale) vom 15. März 2017 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert beträgt EUR 3.000; auf diesen Wert wird auch der erstinstanzliche Verfahrenswert herabgesetzt.
Gründe
I. In dem vorliegenden Hauptsacheverfahren begehren die Beteiligten zu 2 und 3 wechselseitig die alleinige elterliche Sorge.
Die (am ... 1979 geb.) Beteiligte zu 2 ist Japanologin und Soziologin, der (am ...1973 geb.) Beteiligte zu 3 ist Diplom-Ingenieur; beide wohnen in H. Nachdem sie 2006 eine nichteheliche Lebensgemeinschaft miteinander aufgenommen hatten und die Beteiligte zu 2 vom Beteiligten zu 3 schwanger geworden war, gaben sie am 15.07.2008 vor dem Jugendamt der Stadt H. gemeinsame Sorgerechtserklärungen ab, so dass sie, als ihr (am...2008 geb.) gemeinschaftliches Kind Viktor zur Welt kam, um das es im vorliegenden Verfahren geht, Inhaber der gemeinsamen elterlichen Sorge wurden (§ 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB). Viktor gaben sie den Nachnamen des Beteiligten zu 3; als das Kind zwei Jahre alt war, brachten sie es in 09.2010 im Kindergarten "G." in H. unter.
In 09.2012 trennten sich die Beteiligten zu 2 und 3. Seit diesem Zeitpunkt, nämlich seit er vier Jahre alt ist - so Viktor bei seiner persönlichen Anhörung vom 02.02.2015 - wolle er lieber ein "Mädchen" sein. Seit der Trennung praktizieren die Beteiligten zu 2 und 3 mit Viktor ein sog. Wechselmodell, nach dem er sich von Montag bis Mittwoch bei der Beteiligten zu 2, von Donnerstag bis Freitag beim Beteiligten zu 3 und an den Wochenenden alle vierzehn Tage mal bei der Beteiligten zu 2 und dann beim Beteiligten zu 3 aufhält.
1. Viktors Äußerungen, lieber ein "Mädchen" sein zu wollen, veranlassten die Beteiligte zu 2 dazu, am 21.11.2014 das vorliegende Hauptsacheverfahren anhängig zu machen, in dem sie begehrt, ihr die alleinige elterliche Sorge zu übertragen. Viktor "bevorzuge Mädchenkleidung", was auf eine "Geschlechtsidentitätsstörung" hindeute, und sie könne sich mit dem Beteiligten zu 3 nicht auf eine Therapie einigen, da er das Problem ignoriere und dem Kind kurzer Hand das Tragen von "Mädchenkleidung" untersage.
Nachdem der Beteiligte zu 3 am 23.01.2015 einen Gegenantrag auf Übertragung der elterlichen Sorge gestellt hatte und der Beteiligte zu 1 zum Verfahrensbeistand des Kindes bestellt war, hörte das Familiengericht am 02.02.2015 das Kind - in Anwesenheit des Beteiligten zu 1 - persönlich an, wobei der (seinerzeit 6-jährige) Viktor als Grund für sein Verhalten angab, dies bleibe sein "Geheimnis" und im Übrigen sei es ihm "eigentlich egal, was er anhabe" (Bl. 47 I f. d.A.). Als das Ergebnis der Kindesanhörung bekannt gegeben war, hörte das Familiengericht am 02.02.2015 auch die Beteiligten zu 2 und 3 persönlich an (Bl. 44 I ff. d.A.) und nachdem sich beide nicht mehr an ihre Absprache halten mochten, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, und der Beteiligte zu 1 unter dem 06.05.2015 berichtet hatte, Viktor habe sich "völlig ungezwungen und frei bewegt", als er ihn beim Beteiligten zu 3 nicht wie bei der Beteiligten zu 2 mit "Strumpfhose und Kleidchen", sondern "geschlechtskonform" bekleidet angetroffen habe, wobei Viktor geäußert habe, "Jungensachen" zu tragen, "weil er das so wolle und nicht, weil der Vater das von ihm erwarte", so dass das Verhalten des Kindes nur auf den ersten Blick "transidentisch" sei, im Grunde jedoch als Reaktion auf die das Kind belastende "Trennungssituation" gewertet werden müsse (Bl. 63 I ff. d.A.), erließ das Familiengericht am 19.05.2015 einen Beweisbeschluss, mit dem der Diplom-Psychologe Dr. D. vom Institut für Rechtspsychologie und forensische Psychiatrie in H. mit einem Sachverständigengutachten zu der Frage beauftragt wurde, welcher Elternteil besser mit Viktors auffälligem Verhalten umgehen und ihn fördern könne (Bl. 85 I d.A.).
2. Als Viktors Einschulung bevorstand, machte der Beteiligte zu 3 am 18.06.2015 ein paralleles einstweiliges Anordnungsverfahren anhängig, damit die Beteiligte zu 2 jedenfalls im Zusammenhang mit dem Schulbesuch verpflichtet werde, das Kind geschlechtskonform zu kleiden (24 F 1245/15 AG Halle / Saale). Auch in jenem Verfahren hörte das Familiengericht - am 27.08.2015 - das Kind und die Beteiligten zu 2 und 3 persönlich an, wobei der (nunmehr 7-jährige) Viktor zwar äußerte, "er wolle das, was die Kindesmutter wolle," und zur Einschulung "lieber Mädchensachen anziehen", sich aber auch in seiner "geschlechtskonformen" Kleidung "wohl fühlte", und die Beteiligte zu 2 erklärte, "auch mit Blick auf die Auswahl der Kleidung für den Tag der Einschulung ... werde sie es halten wie immer und dem Kind die Entscheidung überlassen, ob es jungen- oder mädchentypische Sachen trage". Auf Grund der mündlichen Verhandlung erließ das Familiengericht, weil am nächsten Tag die Einschulung bevorstand, aus Gründen der "Dringlichkeit...