Leitsatz (amtlich)
Die Vorpfändung eines Miterbenanteils gemäß § 845 ZPO kann im Wege eines Vermerks in das Grundbuch eingetragen werden.
Verfahrensgang
AG Magdeburg (Aktenzeichen MD-... -6) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird die Zwischenverfügung des AG Magdeburg - Grundbuchamt - vom 7.9.2015 aufgehoben.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Vollzug des Antrages auf Eintragung eines Vorpfändungsvermerks nicht aus den Gründen der Zwischenverfügung vom 7.9.2015 zu verweigern.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt bis zu 5.000,00 EUR.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 2) ist neben der Beteiligten zu 3) in Erbengemeinschaft als Eigentümer des im Grundbuch von Magdeburg Blatt ... verzeichneten Grundstücks eingetragen.
Aufgrund eines am 5.2.2015 verkündeten rechtskräftigen 2. Teilversäumnis- und Schlussurteils des AG Magdeburg (Gesch. Nr.: 123 C 2300/14), ist der Beteiligte zu 2) zur Herausgabe einer Wohnung und zur Zahlung von 4.877,09 EUR nebst Zinsen und außergerichtlichen Kosten an die Beteiligte zu 1) verurteilt worden. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 6.8.2015, der Beteiligten zu 3) zugestellt am 14.8.2015, hat die Beteiligte zu 1) ein vorläufiges Zahlungsverbot mitgeteilt und darüber informiert, dass die gerichtliche Pfändung der Ansprüche aus der angeblichen Forderung des Beteiligten zu 2) gegen die Beteiligte zu 3) auf den angeblichen Nachlass-(Miterben-) Anteil des Beteiligten zu 2) an dem Nachlass des verstorbenen W. G. zusammen mit dem Anspruch auf Auseinandersetzung des Nachlasses bevor stehe. Zugleich wurde die Beteiligte zu 3) aufgefordert, über die pfändbare Forderung nicht mehr zu verfügen, insbesondere sie nicht einzuziehen.
Mit Beschluss vom 1.9.2015 hat das AG Halle (Gesch. Nr.: 50 M 4754/15), auf Antrag der Beteiligten zu 1) wegen Forderungen in Höhe von 5.992,43 EUR den Anspruch des Beteiligten zu 2) gegen die Beteiligte zu 3) auf den angeblichen Nachlass-(Miterben-)Anteil des Beteiligten zu 2) an dem Nachlass des verstorbenen W. G. zusammen mit dem Anspruch auf Auseinandersetzung des Nachlasses gepfändet und den Anspruch der Beteiligten zu 1) zur Einziehung überwiesen. Dieser Beschluss ist der Beteiligten zu 3) am 8.9.2015 zugestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 3.9.2015, bei dem AG Magdeburg eingegangen am gleichen Tage, hat die Beteiligte zu 1) beantragt, die Vorpfändung des Anteils am Nachlass des verstorbenen Erblassers im Grundbuch von Magdeburg Blatt ... einzutragen. Darauf hat das AG (Grundbuchamt) mit Beschluss vom 7.9.2015 die Beteiligte zu 1) darauf hingewiesen, dass die beantragte Eintragung eines Vorpfändungsvermerks nicht möglich sei, weil es hierfür keine rechtliche Grundlage gebe und der Antrag zurückgewiesen werde, falls binnen Monatsfrist keine Antragsrücknahme erfolge.
Hiergegen hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz vom 11.9.2015 Beschwerde eingelegt mit der Begründung, dass das vorläufige Zahlungsverbot eine Verfügungsbeschränkung auslöse. Eine Verfügungsbeschränkung sei zur Vermeidung des gutgläubigen Erwerbs eintragbar. Nach herrschender Meinung könne die Vorpfändung in das Grundbuch eingetragen werden.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Auf Hinweis hat die Beteiligte zu 1) ihr Vorbringen zu der Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ergänzt.
II. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch in der Sache begründet und führt zur Aufhebung der Zwischenverfügung vom 7.9.2015, da die Voraussetzungen für deren Erlass nicht vorgelegen haben.
Soweit das Grundbuchamt darauf hingewiesen hat, dass es keine rechtliche Grundlage für die Eintragung eines Vorpfändungsvermerks gebe, trifft dies nicht zu. Es ist vielmehr ganz überwiegend anerkannt, dass die Eintragung einer Vorpfändung nach § 845 ZPO im Wege eines Vermerks in das Grundbuch eingetragen werden kann. Dies wird in Rechtsprechung und Literatur zumindest im Zusammenhang mit der Pfändung von Grundpfandrechten bejaht (z.B. KG, OLGE Band 45, 200; OLG Celle, NdsRpfl 1958, 93; OLG Köln, OLGZ 1991, 154; Demharter, GBO, 29. Aufl., Anhang zu § 26 Rdn. 38; Morvilius, in: Meikel, GBO, 11. Aufl., Einl B Rdn. 644; Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., Rdn. 1868; Lüke, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., Rdn. 20 zu § 845 ZPO; Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., Rdn. 25 zu § 845 ZPO). Es sind keine Gründe erkennbar, weshalb nicht auch die als solche fraglos zulässige Vorpfändung eines Miterbenanteils in das Grundbuch möglich sein soll. Zwar wird dies von einer Mindermeinung teilweise abgelehnt (z.B. Hintzen, Pfändung und Vollstreckung im Grundbuch, 4. Aufl., § 1 B III.1(Rdn. 60 ff.); Böttcher, Zwangsvollstreckung im Grundbuch, Rdn. 416), von der Rechtsprechung und Literatur im Übrigen aber für zulässig erachtet (z.B. Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., Rdn. 1682; Mümmler, Pfändung eines Miterbenanteils, JurBüro 1983, 818; Schiffhauer, Buchbesprechung zu Hintze...