Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an die Kündigung einer wirksam vereinbarten Schiedsklausel wegen wirtschaftlichen Unvermögens eines Vertragspartners.
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens aus dem Kooperationsvertrag der Parteien vom 5.6.2002 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Der Streitwert für das Verfahren wird auf 6.912,50 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien schlossen am 5.6.2002 einen Kooperationsvertrag über die Entwicklung und Erstellung einer Kälteanlage.
§ 12 Abs. 4 des Vertrages hat folgenden Wortlaut: "Streitfragen, die nicht eigenverantwortlich geklärt werden können, werden unter Ausschluss des Rechtswegs vor einer Schiedskommission der zuständigen IHK entschieden und geschlichtet."
Mit Schreiben vom 28.5.2004 kündigte der Antragsgegner den Kooperationsvertrag aus wichtigem Grund. Die Antragstellerin kündigte mit Schreiben vom 1.10.2004 die in § 12 Abs. 4 des Vertrags enthaltene Schiedsklausel und berief sich darauf, dass der Antragsgegner finanziell nicht in der Lage sei, die erforderlichen Kostenvorschüsse für das Schiedsverfahren aufzubringen.
Die Antragstellerin behauptet, der Antragsgegner sei nicht in der Lage, die Kosten für ein Schiedsverfahren aufzubringen. Schließlich sei er noch nicht einmal in der Lage gewesen, die Kosten für die Rechtsverteidigung im ordentlichen Gerichtsverfahren (Geschäftszeichen 4 O 1554/04) aufzubringen. Mit Eingang des Schriftsatzes des Antragsgegners vom
22.9.2004 in diesem Verfahren sei sie zur fristlosen Kündigung der Schiedsvereinbarung berechtigt gewesen. Sein Steuerbescheid ergebe negative Einkünfte für das Jahr 2003. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zahle ihm aufgrund seiner Vermögenslosigkeit Zuschüsse zur Kranken- und zur Pflegeversicherung. Er kämpfe ständig mit finanziellen Problemen und sei seit geraumer Zeit nicht mehr in der Lage gewesen, die nach dem Kooperationsvertrag geschuldeten Entwicklungsleistungen zu zahlen. Auch durch die Rücknahme des Prozesskostenhilfeantrags habe sich an den wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragsgegners nichts geändert. Seine Behauptung, er könne sich Geld von Freunden leihen, sei ins Blaue hinein erfolgt. Da sie die persönlichen Verhältnisse des Antragsgegners nicht kenne, sei ein Bestreiten mit Nichtwissen zulässig.
Die Antragstellerin beantragt, festzustellen, dass Streitigkeiten aus dem zwischen den Parteien am 5.6.2002 geschlossenen Kooperationsvertrags nicht im Wege eines schiedsrichterlichen Verfahrens zu klären seien, da die Schiedsklausel nach § 12 Abs. 4 des vorgenannten Kooperationsvertrages durch Kündigung erloschen und ein Schiedsverfahren im Übrigen wegen der Vermögenslosigkeit des Antragsgegners undurchführbar sei.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsgegner behauptet, er sei in der Lage, die für die Durchführung des Schiedsverfahrens erforderlichen Kosten über Freunde zu besorgen.
II. Der Antrag der Antragstellerin ist zulässig. Der Senat ist gem. §§ 1032 Abs. 2, i.V.m. 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zur gerichtlichen Feststellung der Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens zuständig.
In der Sache hat der Antrag indes keinen Erfolg. Im gerichtlichen Verfahren gem. § 1032 Abs. 2 ZPO hat eine Prüfung dahingehend zu erfolgen, ob eine wirksame Schiedsvereinbarung besteht, sie durchführbar ist und der Gegenstand des Schiedsverfahrens dieser Schiedsvereinbarung unterfällt (BayOblGZ 1999, 255). Diese Voraussetzungen liegen vor, so dass die Feststellung der Unzulässigkeit nicht in Betracht kommt.
Insbesondere ist in § 12 Abs. 4 des zwischen den Parteien geschlossenen Kooperationsvertrags eine wirksame Schiedsvereinbarung zu erblicken. Notwendiger Inhalt einer Schiedsvereinbarung gem. § 1029 ZPO ist es, dass die Entscheidung eines Rechtsstreits den staatlichen Gerichten entzogen und den Schiedsrichtern übertragen wird (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 25. Aufl., § 1029 Rz. 15). Wenn der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten nach dem Scheitern des Versuchs, die Meinungsverschiedenheiten anderweitig beizulegen, offen bleiben soll, liegt nur eine Güte- oder Schlichtungsvereinbarung vor (Zöller/Geimer, ZPO, 25. Aufl., § 1029 Rz. 29). Vorliegend haben die Parteien den Rechtsweg indes ausdrücklich ausgeschlossen, so dass keine Zweifel daran bestehen, dass die Streitfragen, die sich aus dem Kooperationsvertrag ergeben, vor einem Schiedsgericht geklärt werden sollen. Auch ist die Schiedsvereinbarung nicht außer Kraft getreten. Im Falle der Verarmung einer Partei mit der Folge, dass sich die Durchführung des Schiedsverfahrens praktisch als unmöglich erweist, hat die Rechtsprechung auf der Grundlage des seinerzeit geltenden Schiedsverfahrensrechts ein Kündigungsrecht für die Parteien entwickelt (BGH v. 10.4.1980 - III ZR 47/79, MDR 1980, 830 = NJW 1980, 2136; v. 12.11.1987 - III ZR 29/87, MDR 1988, 386 = NJW 1988, 1215 f.). Im Schiedsverfahrens-Neuregelungsgese...