Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltendmachung einer Folgesache außerhalb des Verbundverfahrens
Leitsatz (redaktionell)
Die Geltendmachung einer Folgesache außerhalb des Verbundverfahrens ist grundsätzlich nicht mutwillig. Auch wenn ein Verbundantrag zulässig ist, steht es jeder Partei frei, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch macht oder eine Geltendmachung nach Abschluss des Verbundes wählt.
Normenkette
ZPO §§ 114, 623
Verfahrensgang
AG Magdeburg (Beschluss vom 16.09.2008; Aktenzeichen 211 F 1201/08 SO) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG Magdeburg vom 16.9.2008 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG Magdeburg - Familiengericht - zurückverwiesen.
Gründe
I. Das AG Magdeburg hat durch Beschluss vom 16.9.2008 der Antragstellerin Prozesskostenhilfe bereits deswegen verwehrt, weil sie ihre Anträge auf Regelung der elterlichen Sorge kostengünstiger im Scheidungsverbund hätte geltend machen können. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde (§§ 127 Abs. 2 Satz 2, 3, 569 ZPO) ist begründet.
Das von der Antragstellerin eingeleitete Verfahren auf Übertragung des alleinigen Sorgerechtes darf grundsätzlich nicht mit dem Argument als mutwillig angesehen werden, dass die Übertragung der elterlichen Sorge kostengünstiger im Rahmen des Scheidungsverbundverfahrens hätte begehrt werden können.
Die Geltendmachung einer Folgesache außerhalb des Verbundverfahrens ist grundsätzlich nicht mutwillig i.S.d. § 114 ZPO (BGH FamRZ 2005, 786). Auch wenn ein Verbundantrag zulässig ist, steht es jeder Partei frei, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch macht oder eine Geltendmachung nach Abschluss des Verbundes wählt (vgl. ständige Rechtsprechung des OLG Naumburg: OLGReport Naumburg 2005, 549; OLG Naumburg, FamRZ 2001, 1082 im Anschluss an OLG Naumburg, OLGReport Naumburg 1996, 206). Art. 3 Satz 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (BGH, a.a.O.).
Ein krasser Ausnahmefall, der eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnte, liegt vorliegend im Hinblick auf das Kindeswohl nicht vor.
Das Familiengericht wird daher zu prüfen haben, ob die übrigen rechtlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorliegen.
Fundstellen
FamRZ 2009, 1423 |
OLGR-Ost 2009, 838 |