Leitsatz (amtlich)

1. Bleibt eine vom Antragsteller vorgenommene Schlüsselung von Gemeinkosten der Stromsparte i.S.v. § 4 Abs. 4 Satz 2 StromNEV auch nach deren Erläuterung nicht nachvollziehbar als verursachungsgerechte Aufteilung der Kosten auf Netz und Vertrieb, so ist die Regulierungsbehörde berechtigt und verpflichtet, unter Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu prüfen, ob eine Anerkennung zumindest eines Teils der für den Netzbetrieb geltend gemachten Kosten in Betracht kommt. Die von ihr unterstellte Kostenzuordnung muss lediglich ermessensfehlerfrei die Mindestkosten des Netzes abbilden.

2. Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 3 StromNEV ist dahin auszulegen, dass das betriebsnotwendige Eigenkapital i.S.v. § 6 Abs. 2 StromNEV, welches unmittelbar zur Finanzierung der Beschaffung von Altanlagen eingesetzt wurde (s. g. BEK I), hinsichtlich des die höchst zulässige Eigenkapitalquote des § 6 Abs. 2 Satz 4 StromNEV übersteigenden Betrages so zu verzinsen ist, wie ein mit diesem Eigenkapitalanteil vergleichbares Kapitalmarktprodukt. Die Vorschrift enthält keine Anordnung einer Höchstquote für die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung (Festhalten an eigener Rechtsprechung trotz Divergenz zu OLG Düsseldorf, Beschluss v. 9.5.2007, VII-3 Kart 289/06, und OLG Stuttgart, Beschluss v. 3.5.2007, 202 EnWG 4/06).

3. Im Rahmen der Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer nach § 8 StromNEV sind die Vorschriften der §§ 8 und 9 GewStG zu beachten.

 

Verfahrensgang

Landesregulierungsbehörde (Beschluss vom 31.07.2006)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Bescheid der Landesregulierungsbehörde vom 31.7.2006 aufgehoben.

Die Landesregulierungsbehörde wird verpflichtet, über den Antrag der Antragstellerin auf Genehmigung von Netzentgelten vom 27.10.2005 unter Beachtung der Rechtsauffassungen des Senats erneut zu entscheiden. Die zu genehmigenden Netznutzungsentgelte gelten für die Zeit vom 1.8.2006 bis zum 31.12.2007.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin zu 90 % und die Landesregulierungsbehörde zu 10 % zu tragen.

Der Kostenwert des Beschwerdeverfahrens wird auf ... EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde an den BGH wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist ein kommunales Unternehmen, dessen Gesellschafterinnen die Stadt E. und der vorgelagerte Übertragungsnetzbetreiber e. AG sind. Gegen-stand des Unternehmens ist u.a. die Verteilung und der Handel mit Elektrizität. Das Netzgebiet umfasst eine geographische Fläche von ... km2 und ca. ... Einwohner. Die Antragstellerin ist sowohl Grundversorgerin im Bereich der Elektrizität als auch Verteilernetzbetreiberin auf der Niederspannungs- und der Mittelspannungsebene. Daneben befasst sie sich auch mit der Erzeugung und Verteilung von Fernwärme, mit der Versorgung von Endkunden mit Gas und Trinkwasser, ist als Betriebsführerin in der Abwasserentsorgung tätig und betreibt weitere energienahe Dienstleistungen. Dies bedeutet, dass die Antragstellerin ein sog. vertikal integriertes Unternehmen ist, bei der die Stromsparte und darin der Netzbetrieb noch nicht real vom Stromhandel entflochten sind. In der Sparte Elektrizität erwirtschaftete die Antragstellerin in den letzten Geschäftsjahren jeweils Gewinne.

Die Antragstellerin hat am 27.10.2005 bei der Landesregulierungsbehörde einen Antrag auf Genehmigung von Netzentgelten für das Jahr 2006 gestellt. Diesen Antrag hat sie mit Schreiben vom 28.11.2005 sowie vom 23.12.2005 erläutert und ergänzt. Am 30.3.2006 haben die Verfahrensbeteiligten ein Gespräch über offene Fragen des Antragsverfahrens geführt, zu dessen Inhalt die Antragstellerin mit Schreiben vom 8.6.2006 nochmals Stellung genommen hat. Die Regulierungsbehörde hat unter dem 17.7.2006 einen Prüfbericht verfasst, in dem sie die beabsichtigte Entscheidung bekannt gegeben hat. Hierzu hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 24.7.2006 Stellung genommen.

Mit Bescheid vom 31.7.2006 hat die Landesregulierungsbehörde kostenorientierte Entgelte für den Netzzugang Strom als Höchstpreise netto, d.h. ohne KWK-G-Zuschlag, Konzessionsabgabe und Mehrwertsteuer, für die Zeit vom 1.8.2006 bis zum 31.12.2007 unter dem Vorbehalt des generellen Widerrufs und mit vier Auflagen genehmigt.

Gegen diesen ihr am 31.7.2006 bekannt gegebenen Bescheid hat die Antragstellerin mit einem am 31.8.2006 vorab per Fax beim OLG Naumburg eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Sie hat ihr Rechtsmittel innerhalb der bis zum 31.10.2006 verlängerten Beschwerdebegründungsfrist auch begründet.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Nichtanerkennung eines Teils der von ihr veranschlagten aufwandsgleichen bzw. Plankosten sowie der kalkulatorischen Kosten und begehrt insgesamt eine Anerkennung von weiteren ... EUR als kostenwirksam für das Jahr 2006.

Die Antragstellerin beantragt, unter Aufhebung des Bescheids vom 31.7.2006

1. die Landesregulierungsbehörde zu verpflichten, die Entgelte der Antragstellerin mit Wirkung vom 1.8.2006 bis 31.12.2007 nac...

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