Leitsatz (amtlich)

1. Zur sachgerechten Schlüsselung von Gemeinkosten der sog. "Overhead"-Bereiche (Geschäftsführung, kaufmännische Verwaltung, zentraler Service) hinsichtlich der Personalkosten, der Materialkosten und der kalkulatorischen Abschreibungen für das Verwaltungsgebäude.

2. Pauschalierte Kosten für die Beschaffung von Ausgleichsenergie für die Anwendung synthetischer Lastprofile bei nicht Lastgang gemessenen Kleinkunden sind ihrem Wesen nach Plankosten. Regelmäßig liegen gesicherte Erkenntnisse weder über die Entstehung von Mehrkosten durch die Verwendung synthetischer Lastprofile vor noch sind diese Kosten in ihrer Höhe vorab bestimmbar.

3. Aufwendungen für die Aufnahme von Strom aus sog. Kraft-Wärme-Kopplungs-anlagen (KWK-Strom) sind betriebsnotwendige Aufwendungen, auch wenn der Betreiber der KWK-Anlage und der Netzbetreiber rechtlich identisch sind.

Zur Ermittlung der Plankosten hinsichtlich der Einspeisemenge und der üblichen Vergütung i.S.v. § 4 Abs. 3 Satz 2 und 3 KWK-G 2002 für Strom aus einer KWK-Kleinanlage.

4. Sowohl bei der Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen als auch bei der Berechnung des betriebsnotwendigen Eigenkapitals i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 2 StromNEV (BEK II) ist eine Indizierung der Grundstücksbeschaffungskosten unzulässig.

5. Die Hinzurechnung des hälftigen Betrages der Dauerschuldzinsen ist auch im Rahmen der kalkulatorischen Ermittlung der Gewerbesteuern nach § 8 StromNEV zulässig.

 

Tenor

Der Bescheid der Landesregulierungsbehörde vom 31.8.2006 wird aufgehoben.

Die Landesregulierungsbehörde wird verpflichtet, über den Antrag der Antragstellerin auf Genehmigung von Netzentgelten vom 28.10.2005 unter Beachtung der Rechtsauffassungen des Senats erneut zu entscheiden. Die zu genehmigenden Netznutzungsentgelte gelten für die Zeit vom 1.9.2006 bis zum 31.12.2007.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin zu 95 % und die Landesregulierungsbehörde zu 5 % zu tragen.

Der Kostenwert des Beschwerdeverfahrens wird auf ... EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde an den BGH wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist ein kommunales Unternehmen, dessen Gesellschafterinnen zu 98 Prozent die Stadt Q. und zu je einem Prozent zwei andere Stadtwerke sind. Gegenstand des Unternehmens ist u.a. die Verteilung und der Handel mit Elektrizität. Das Netzgebiet umfasst eine geographische Fläche von ... km2 und ca ... Einwohner. Die Antragstellerin ist sowohl Grundversorgerin im Bereich der Elektrizität als auch Verteilernetzbetreiberin auf der Niederspannungs- und der Mittelspannungsebene. Daneben befasst sie sich auch mit der Erzeugung und Verteilung von Fernwärme, mit der Versorgung von Endkunden mit Gas und mit weiteren Dienstleistungen, z. Bsp. dem Betrieb von Erdgastankstellen, von Bädern sowie der Straßenbeleuchtung. Dies bedeutet, dass die Antragstellerin ein sog. vertikal integriertes Unternehmen ist, bei der die Stromsparte und darin der Netzbetrieb noch nicht real vom Stromhandel entflochten sind. In der Sparte Elektrizität erwirtschaftete die Antragstellerin in den letzten Geschäftsjahren jeweils Gewinne.

Die Antragstellerin hat am 28.10.2005 bei der Landesregulierungsbehörde einen Antrag auf Genehmigung von Netzentgelten für das Jahr 2006 gestellt. Diesen Antrag hat sie mit Schreiben vom 1.12.2005 erläutert und ergänzt. Am 6.4.2006 haben die Verfahrensbeteiligten ein Gespräch über offene Fragen des Antragsverfahrens geführt, zu dessen Inhalt die Antragstellerin mit Schreiben vom 16.5.2006 nochmals Stellung genommen hat. Die Regulierungsbehörde hat unter dem 24.7.2006 einen Prüfbericht verfasst, in dem sie die beabsichtigte Entscheidung bekannt gegeben hat. Hierzu hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 28.7.2006 Stellung genommen.

Mit Bescheid vom 31.8.2006 hat die Landesregulierungsbehörde kostenorientierte Entgelte für den Netzzugang Strom als Höchstpreise netto, d.h. ohne KWK-G-Zuschlag, Konzessionsabgabe und Mehrwertsteuer, für die Zeit vom 1.9.2006 bis zum 31.12.2007 unter dem Vorbehalt des generellen Widerrufs und mit vier Auflagen genehmigt.

Gegen diesen ihr am 31.8.2006 bekannt gegebenen Bescheid hat die Antragstellerin mit einem am 29.9.2006 vorab per Fax beim OLG Naumburg eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Sie hat ihr Rechtsmittel innerhalb der letztlich bis zum 14.11.2006 verlängerten Beschwerdebegründungsfrist auch begründet.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Nichtanerkennung eines Teils der von ihr veranschlagten aufwandsgleichen bzw. Plankosten sowie der kalkulatorischen Kosten und begehrt insgesamt eine Anerkennung von weiteren ... EUR als kostenwirksam für das Jahr 2006.

Die Antragstellerin beantragt, unter Aufhebung ihres Bescheids vom 31.8.2006

1. die Landesregulierungsbehörde zu verpflichten, die Entgelte der Antragstellerin mit Wirkung vom 1.9.2006 bis 31.12.2007 in der mit Antrag vom 28.10.2005 beantragten Höhe zu genehmigen;

2. hilfsweise festzustellen, dass seit dem 1.9.2006 die Entgelte für den Netzzugang in der in An...

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