Leitsatz (amtlich)
Grundsätzlich braucht eine im Übrigen mittellose Partei eine bestehende Lebensversicherung nicht aufzulösen, um Kosten eines Gerichtsverfahrens aus dem Rückkaufwert zu bestreiten.
Verfahrensgang
AG Köthen (Beschluss vom 02.02.2005; Aktenzeichen 11 F 478/04) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG Köthen vom 2.2.2005 - 11 F 478/04, abgeändert und der Antragsgegnerin für das Scheidungsverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin C. W. aus B. zu ihrer Vertretung bewilligt.
2. Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren sind nicht angefallen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen gem. § 569 ZPO i.V.m. § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den ihr Prozesskostenhilfe für das Scheidungsverfahren versagenden Beschluss des AG Köthen vom 2.2.2005 (Bl. 25-26 PKH-Heft) hat in der Sache Erfolg.
Entgegen der Annahme des AG kann der Antragsgegnerin gem. § 115 Abs. 2 S. 1 ZPO zumutbarerweise nicht angesonnen werden, die Kosten der Prozessführung aus dem Rückkaufswert der von ihr abgeschlossenen Lebensversicherung zu bestreiten.
Nicht unproblematisch erscheint bereits, ob eine sonst uneingeschränkt der Prozesskostenhilfe bedürftige Partei wie die Antragsgegnerin überhaupt, zumal in Zeiten des fortschreitenden Abbaus der Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, darauf verwiesen werden kann, eine ergänzend zur Altersvorsorge privat abgeschossene Lebensversicherung zu kündigen, um den so erzielten Rückkaufswert für die Prozesskosten verwenden zu können (zum Meinungsstand im Einzelnen Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 115 Rz. 58c, m.w.N.). Eine derartige Maßnahme kommt jedenfalls dann zumutbarerweise für eine Partei im Rahmen der Prozesskostenhilfe nicht in Betracht, wenn, wie hier detailliert und schlüssig von der Antragsgegnerin dargetan, keine auch nur halbwegs hinreichende Alterssicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht ist und damit die generell mit finanziellen Nachteilen nicht unerheblichen Ausmaßes verbundene vorzeitige Auflösung der Versicherung sich in besonderer Weise als ökonomisch unverhältnismäßig erweist.
Die sicherlich prinzipiell statt der Kündigung zumutbare Alternative, die private Kapital-Lebensversicherung vorübergehend beitragsfrei zu stellen und aus den dergestalt ersparten Beiträgen die Prozesskosten zu finanzieren, scheidet hier ebenfalls aus, da die Antragsgegnerin von dieser Möglichkeit bereits vor Beantragung der Prozesskostenhilfe zwecks notwendiger Sicherung ihres anderenfalls gefährdeten Lebensunterhalts Gebrauch gemacht hat (Bl. 2/40 PKH-Beiheft).
Der seit Beginn dieses Jahres arbeitslosen Antragsgegnerin (Bl. 36/37 PKH-Beiheft) wird auch eine abschließend erwägenswerte Beleihung der seit dem 1.1.2005 beitragsfrei gestellten Lebensversicherung (Bl. 40 PKH-Beiheft) zwecks Kreditierung der Prozesskosten weder finanziell möglich noch prozessual zumutbar sein.
II. Gerichtsgebühren fallen bei einer erfolgreichen Beschwerde wegen nicht bewilligter Prozesskostenhilfe nicht an (§ 1 Nr. 1 GKG i.V.m. Nr. 1811 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG)
Außergerichtliche Kosten sind, wie aus § 127 Abs. 4 ZPO erhellt, im Beschwerdeverfahren wegen nicht bewilligter Prozesskostenhilfe generell nicht erstattungsfähig.
Fundstellen
Haufe-Index 1410426 |
FamRZ 2006, 496 |
FuR 2005, 571 |
MDR 2006, 237 |
ZFE 2005, 412 |
OLGR-Ost 2005, 800 |