Verfahrensgang

LG Stendal (Entscheidung vom 05.07.2017; Aktenzeichen 509 StVK 58/17)

 

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Stendal vom 5. Juli 2017 (509 StVK 58/17) wird als unzulässig verworfen, weil die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht geboten ist (§§ 166 Nr. 3 JVollzGB LSA, 116 Abs. 1 StVollzG).

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie seine notwendigen Auslagen hat der Beschwerdeführer zu tragen (§§ 166 Nr. 3 JVollzGB LSA, 121 Abs. 1 und 4 StVollzGB, 473 Abs. 1 StPO).

3. Der Gegenstandswert wird auf 500,00 € festgesetzt (§§ 65, 60, 52 Abs. 1 GKG).

 

Gründe

Ergänzend bemerkt der Senat:

Die Vollzugsplanfortschreibung (früher § 7 Abs. 3 S. 1 StVollzG, jetzt § 14 Abs. 3 JVollzG LSA) kann insgesamt mit der Behauptung angefochten werden, das Aufstellungsverfahren sei fehlerhaft durchgeführt worden bzw. die Fortschreibung genüge nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen; ferner kann die Vollzugsplanfortschreibung angefochten werden, wenn und soweit sie konkrete Einzelfallregelungen enthält (vgl. Hanseatisches OLG, Beschl. v. 13. Juni 2007, 3 Vollz (Ws) 26-28/07, Rn. 42, 44, m.w.N., zitiert nach juris). Bei der Prüfung der Flucht- und Missbrauchsgefahr bei der Unterbringung im offenen Vollzug oder bei der Gewährung von Vollzugslockerungen (früher §§ 10 Abs. 1, 11 Abs. 2 StVollzG, jetzt § 45 Abs. 3 JVollzG LSA) steht der Vollzugsbehörde ein Beurteilungsspielraum zu, den die Strafvollstreckungskammer nur dahingehend zu überprüfen hat, ob die Behörde von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, ob sie ihrer Entscheidung den richtigen Begriff des Versagungsgrundes zugrunde gelegt und ob sie dabei die Grenzen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums eingehalten hat. Dabei muss eine Flucht- oder Missbrauchsgefahr positiv festgestellt werden; es reicht nicht aus, dass eine derartige Gefahr nicht sicher ausgeschlossen werden kann. Zu den dabei zu ermittelnden und berücksichtigenden Umständen gehören vor allem die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, etwaige frühere Straftaten, die Umstände und das Gewicht der Tat sowie die Tatmotivation, sein Verhalten und seine Persönlichkeitsentwicklung im Vollzug. Fehlende Mitarbeit an der Behandlung reicht für sich allein zur positiven Feststellung der Missbrauchsgefahr ebenso wenig aus wie das Fehlen einer günstigen Sozialprognose (Hanseatisches OLG, a.a.O., Rn. 69). Allgemeine Strafzwecke, wie Schuldschwere, Sühne und Vergeltung sind allein für die Gestaltung des Erkenntnisverfahrens von Bedeutung, nicht aber für die Gestaltung des nachfolgenden Strafvollzuges (KG Berlin, Beschl. v. 16. Februar 2015, 2 Ws 11/15, Rn. 366, zitiert nach juris).

Diesen Vorgaben wird Ziff. 15 der Vollzugs- und Eingliederungsplanfortschreibung der Antragsgegnerin vom 09.03.2017 aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung gerecht; insbesondere stellt die dort im Einzelnen beschriebene unbehandelte Devianz einen tatsächlichen Anhaltspunkt für die angenommene Missbrauchsgefahr dar.

Wie der Senat bereits im Beschluss vom 09.02.2017 (1 Ws (RB) 2/17) ausgeführt hat, dürfen begleitete Ausführungen (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 JVollzGB LSA) auch von einem behandlungsbezogenen Anlass und vom konkreten Behandlungsfortschritt abhängig gemacht werden. Da das Endziel der Resozialisierung nicht vom diesbezüglichen konkreten Behandlungsstand abgekoppelt werden kann, hat sich die nach § 115 Abs. 5 StVollzG nur beschränkt überprüfbare Ermessensentscheidung der Vollzugsbehörde auch am Behandlungsstand zu orientieren. Selbst wenn hinsichtlich der konkreten Lockerung (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.03.2009, 1 Ws 292/08, Rn. 18) keine Flucht- oder Missbrauchsgefahr i.S.d. § 45 Abs. 2 JVollzGB LSA vorliegt, ist für deren Anordnung daher nur Raum, wenn der Gefangene hierdurch in der Erreichung des Vollzugsziels tatsächlich gefördert wird (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.07.1987, 1 Vollz (Ws) 128/87, Rn. 5; Beschl. v. 13.03.2007, 1 Ws 183/06, Rn. 16; OLG München, Beschl. v. 21.07.2010, 4 Ws 81/10 (R), Rn. 53; Callies/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., § 11, Rn. 14; Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel, StVollzG, 12. Aufl., E Rn. 124). Dass dies bei einer Ausführung nicht per se der Fall ist, ergibt sich bereits daraus, dass die Ausführung (überhaupt erst) bei fehlender Flucht- oder Missbrauchsgefahr im Ermessen der Vollzugsbehörde steht (§§ 45 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 JVollzGB LSA), sodass der Gefangene in diesem Fall lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hat. Die Rechtsauffassung des Antragstellers läuft demgegenüber darauf hinaus, entgegen dieser gesetzlichen Systematik bei fehlender Missbrauchs- oder Fluchtgefahr einen Anspruch auf Ausführung zu begründen.

Vor diesem Hintergrund war es nicht ermessensfehlerhaft, dass die Vollzugsbehörde darauf abgestellt hat, dass im Falle des Antragstellers nicht erkennbar ist, dass mit einer Ausführung...

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