Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich (hier: Aussetzung des Verfahrens nach § 2 VAÜG)
Leitsatz (amtlich)
Die Aussetzung nach § 2 VAÜG kann nur durch eine Vereinbarung entsprechend der Rechtsprechung des BGH vermieden werden.
Es ist unzulässig, von Amts wegen geringe Anrechte, die zu einer Aussetzung führen würden, als dynamische Anrechte zu behandeln (OLG Naumburg v. 22.4.2004 - 14 UF 52/04, OLGReport Naumburg 2004, 355); die Rechtsbeschwerde wurde deswegen zugelassen.
Normenkette
BGB § 1587o Abs. 2
Verfahrensgang
AG Naumburg (Urteil vom 30.11.2004; Aktenzeichen F 179/04) |
Tenor
Das Urteil des AG Naumburg vom 30.11.2004 - F 179/04, wird im Ausspruch zum Versorgungsausgleich aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das FamG zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Rechtsmittels zu entscheiden hat.
Die Gerichtskosten des Rechtsmittelverfahrens werden nicht erhoben.
Wert: 1.000 EUR.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Durch Verbundurteil vom 30.11.2004 hat das FamG die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durch Rentensplitting durchgeführt. Da die Ehefrau auch geringfügige Wert-Anrechte erworben hat, enthält das Protokoll folgende Aussage:
"Der Prozessvertreter der Antragstellerin und der Antragsgegner erklären, dass man damit einverstanden sei, dass die geringfügige Westanwartschaften der Ehefrau i.H.v. 4,12 EUR als Ostanwartschaften gewertet wird, um den Versorgungsausgleich zwischen den Parteien abschließend regeln zu können".
Entsprechend dieser Vereinbarung hat das FamG den Versorgungsausgleich durchgeführt.
Die LVA Sachsen-Anhalt hat fristgerecht Rechtsmittel eingelegt und begründet dies damit, dass die Rentenauskunft für den Ehemann von einer unzutreffenden Ehezeit erteilt wurde. Die LVA hat eine neue Rentenauskunft übersandt, die auf 60,43 EUR angleichungsdynamisch lautet.
Das Rechtsmittel ist begründet, denn die Entscheidung des FamG ist aus mehreren Gründen nicht korrekt, soweit es den Versorgungsausgleich betrifft.
Die Rentenauskunft für den Ehemann lautete auf eine unzutreffende Ehezeit. Weder die Parteien noch das Gericht haben dies erkannt. Dieser Mangel wäre im Rechtsmittelverfahren heilbar, nicht jedoch die fehlerhafte Behandlung der West-Anrechte. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat angeschlossen hat, können die Parteien die Aussetzung vermeiden, indem sie eine Vereinbarung nach § 1587o Abs. 2 BGB schließen, die durch Genehmigung des FamG wirksam wird (BGH, Beschl. v. 5.9.2001 - XII ZB 28/97, MDR 2001, 1410 = BGHReport 2002, 20; AnwK-BGB/Friederici, § 1587o Rz. 31). Nach § 1587o Abs. 2 S. 2 BGB bedarf eine solche Vereinbarung der notariellen Beurkundung oder gerichtlichen Protokollierung. Beides ist vorliegend nicht erfolgt. Der 3. Familiensenat des OLG Naumburg hat von dieser Rechtsprechung abweichend - entschieden, dass geringe angleichungsdynamische Anrechte von Amts wegen als dynamische Anrechte behandelt werden können, um eine Aussetzung zu vermeiden (OLG Naumburg, Beschl. v. 22.4.2004 - 14 UF 52/04, OLGReport Naumburg 2004, 355; jurisPR-FamR 19/2004, Rehbein, Frank). Die Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert auch eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 ZPO).
Das FamG wird unter Beachtung der Rechtsauffassung des OLG die inzwischen vorliegende richtige Auskunft für den Ehemann der Bewertung zugrunde legen und auch den Parteien Gelegenheit geben, entweder notariell oder - bei entsprechender anwaltlicher Vertretung - durch Protokollierung eine genehmigungsfähige Vereinbarung herbeizuführen, um die Aussetzung zu vermeiden, oder aber mangels einer wirksamen Vereinbarung die Aussetzung zu beschließen.
Fundstellen
Haufe-Index 1351627 |
FamRZ 2005, 2074 |
OLGR-Ost 2005, 666 |