Leitsatz (amtlich)

Geringe angleichungsdynamische Anrechte können von Amts wegen als dynamische Anrechte behandelt werden, um eine Aussetzung zu vermeiden.

 

Verfahrensgang

AG Wittenberg (Beschluss vom 09.02.2004; Aktenzeichen 4 F 280/02)

 

Tenor

1. Auf die befristete Beschwerde der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte wird der Beschluss des AG Wittenberg vom 9.2.2004, Az.: 4 F 280/02 S, hinsichtlich der Regelung zum Versorgungsausgleich - die das gesamte Scheidungsverbundverfahren betreffende Kostenentscheidung bleibt unberührt - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

a) Von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Vers.-Nr.:..., werden, bezogen auf den 30.6.2002 als Ende der Ehezeit, angleichungsdynamische Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 39,57 Euro auf das ebenfalls dort unterhaltene Versicherungskonto der Ehefrau, Vers.-Nr.:..., übertragen.

b) Der Monatsbetrag der übertragenen Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Durch Beschluss vom 9.2.2004 (Bl. 25a/26a UA-VA) hat das AG Wittenberg den zuvor im Scheidungsverbundurteil vom 26.8.2003 (Bl. 29/30 UA-VA) abgetrennten Versorgungsausgleich zugunsten der Ehefrau (Antragstellerin) dergestalt geregelt, dass, bezogen auf den 30.6.2002 als Ende der Ehezeit, mittels Splittings gem. § 1587b Abs. 1 BGB (in Verb. mit § 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG) von dem Versicherungskonto des Ehemannes (Antragsgegners) bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) angleichungsdynamische Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 39,92 Euro auf das ebenfalls dort bestehende Versicherungskonto der Ehefrau (Antragstellerin) nebst Anordnungen nach Maßgabe des - in der Entscheidung nicht erwähnten - § 3 Abs. 2 Nr. 2 VAÜG übertragen wurden.

Gegen diese Entscheidung zum Versorgungsausgleich richtet sich, in formeller Hinsicht bedenkenfrei, die Beschwerde der BfA vom 5.3.2004 (Bl. 32 UA-VA), die moniert, dass die Voraussetzungen für eine Durchführung des Versorgungsausgleichs mangels Eintritts eines Leistungsfalls nicht vorlägen und deshalb eine Aussetzung des Versorgungsausgleichs nach § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG geboten sei.

II. Die Beschwerde der BfA ist zulässig (1) und auch in der Sache begründet (2).

1. Die gem. § 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO i.V.m. § 621e Abs. 1 ZPO gegen eine Endentscheidung zum Versorgungsausgleich statthafte befristete Beschwerde der BfA ist gem. den §§ 621e Abs. 3 S. 2, 517, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist auch im Übrigen zulässig.

Auf eine etwaige Mindestbeschwer kommt es, im Gegensatz zur Berufung, bei der befristeten Beschwerde nicht an, wie schon, auch nach dem novellierten Verfahrensrecht ab Anfang 2002, aus der fehlenden Bezugnahme auf § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO in § 621e Abs. 3 S. 2 ZPO erhellt (vgl.: OLG Bamberg vom 15.10.1996 - 7 UF 108/96, FamRZ 1998, 305; Philippi/Zöller, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 621e Rz. 22; a.A. in Bezug auf das Rechtsschutzbedürfnis minimaler Korrekturen erstrebender Beschwerden: OLG München vom 17.9.1981 - 4 UF 175/81, FamRZ 1982, 187; OLG Dresden vom 19.1.1996 - 11 UF 402/95, FamRZ 1996, 742). Die Beschwerdebefugnis ist auch unabhängig von einer finanziellen Mehrbelastung des Beschwerde führenden Versorgungsträgers (BGH v. 12.11.1980 - IVb ZB 712/80, NJW 1981, 1274).

Die BfA ist vielmehr allein auf Grund des nach ihrem Vortrag gesetzeswidrig durchgeführten Versorgungsausgleichs in ihrem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Recht auf Gewährleistung einer gesetzeskonformen Verwaltung beeinträchtigt (s. dazu beispielhaft: Sedemund/Treiber in Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl. 2003, § 621e ZPO Rz. 9 m.w.N. aus der Rspr.) und damit gem. § 20 Abs. 1 FGG, welche Regelung über § 621a Abs. 1 S. 1 ZPO Anwendung findet, zur Beschwerde berechtigt.

2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg und führt zu einer Abänderung der dem Grunde nach zu Recht angefochtenen Entscheidung zum Versorgungsausgleich.

a) Das AG hat ohne tragfähige und nachvollziehbare Begründung, das Pferd gleichsam von hinten aufzäumend, den Versorgungsausgleich nach Maßgabe des - in der Entscheidung nur teils erwähnten und gar nicht subsumierten - § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VAÜG, d.h. auf der Bewertungsgrundlage des unwesentlichen nichtangleichungsdynamischen Rentenanrechts der Ehefrau von 0,27 Euro gewissermaßen durchgeführt, obwohl die dafür nach dem einleitenden S. der Vorschrift notwendige, mit der Wendung "In den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 2 VAÜG" bestimmte Voraussetzung eines nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 VAÜG durchführbaren und durchzuführenden Versorgungsausgleichs gerade nicht gegeben ist. Denn aus einem im Versorgungsausgleich zu berücksichtigenden Anrecht sind aufgrund des Versorgungsausgleichs derzeit keine Leistungen für die 36 und 37 Jahre alten Parteien zu erbringen oder zu kürzen, wie für eine Durchführung des Versorgungsausgleich nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 VAÜG geboten...

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