Normenkette

VAHRG § 3b

 

Verfahrensgang

AG Wittenberg (Aktenzeichen 4 F 570/99)

 

Tenor

I. Auf die befristete Beschwerde der Landesversicherungsanstalt W. wird das Urteil des AG -FamG- Wittenberg v. 10.4.2001 – 4 F 570/99, hinsichtlich Ziff. 3 der Entscheidungsformel abgeändert und der Versorgungsausgleich insgesamt wie folgt neu geregelt:

1. Von dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Landesversicherungsanstalt W., Vers.-Nr. …, werden, bezogen auf den 31.10.1999 als Ende der Ehezeit,

a) Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 25,11 DM und, zum Ausgleich der in den Niederlanden nach dem AOW erworbenen Rentenanwartschaften des Antragsgegners, Rentenanwartschaften i.H.v. weiteren 15,95 DM monatlich sowie

b) angleichungsdynamische Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 45,42 DM

auf das bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte unterhaltene Versicherungskonto der Antragstellerin, Vers.-Nr.: …, übertragen.

2. Der Monatsbetrag der übertragenen Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte und der Monatsbetrag der übertragenen angleichungsdynamischen Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

III. Beiden Parteien wird Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von RAin F. bzw. RA G. zu ihrer Vertretung bewilligt.

IV. Der Beschwerdewert beträgt 1.000 DM.

 

Gründe

I. Das AG Wittenberg hat durch Verbundurteil vom 10.4.2001 (Bl. 26–27 d.A.) die Ehe der Parteien – mittlerweile rechtskräftig – geschieden und zugleich, aus einem ungeklärten Versicherungskonto des Antragsgegners (Bl. 11 Rs. UA-VA), den Versorgungsausgleich im Wege des zweifachen Rentensplittings gem. § 1587b Abs. 1 BGB zu Gunsten der Ehefrau (Antragstellerin) geregelt, der, bezogen auf die Ehezeit vom 1.8.1985 bis zum 31.10.1999 (§ 1587 Abs. 2 BGB), Rentenanwartschaften i.H.v. 24,66 DM monatlich und angleichungsdynamische Rentenanwartschaften i.H.v. 45,37 DM monatlich vom Versicherungskonto des Ehemannes (Antragsgegners) übertragen wurden.

Gegen diese Entscheidung zum Versorgungsausgleich richtet sich, in formeller Hinsicht bedenkenfrei, die Beschwerde der Landesversicherungsanstalt W. (i.F.: LVA; Bl. 46–47 d.), die unter Hinweis auf das bislang ungeklärte Versicherungskonto des Ehemannes für diesen, unter Berücksichtigung der vom Antragsgegner in den Niederlanden nach dem AOW erworbenen Rentenanwartschaften i.H.v. 35,94 hfl brutto pro Monat (Bl. 77 = Bl. 78/79 d.A.), eine neue Berechnung unter Anwendung der einschlägigen EWG-Verordnungen Nr. 1408/71 und 574/72 vorgenommen hat (Bl. 48–76 d.A.). Danach entfallen auf die Ehezeit angleichungsdynamische Rentenanwartschaften des Ehemannes i.H.v. 499,57 DM monatlich und Rentenanwartschaften i.H.v. 50,21 DM monatlich, während die Ehefrau in der Ehezeit ausschließlich angleichungsdynamische Rentenanwartschaften i.H.v. 408,74 DM monatlich bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte erworben hat (Bl. 13a UA-VA).

III. Die gem. § 629a Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 621e Abs. 1 und § 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO statthafte befristete Beschwerde der LVA ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Sie ist auch i.Ü. generell nach Maßgabe des § 621e Abs. 3 ZPO und des § 20 FGG i.V.m. § 621a Abs. 1 S. 1 ZPO zulässig.

Auf eine – hier nicht erreichte – Mindestbeschwer kommt es, im Gegensatz zur Berufung, nicht an, wie schon aus der fehlenden Bezugnahme auf § 511a ZPO in § 621e Abs. 3 S. 2 ZPO erhellt (vgl.: OLG Bamberg v. 15.10.1996 – 7 UF 108/96, FamRZ 1998, 305; Philippi in Zöller, ZPO, 22. Aufl. 2001, § 621e Rz. 16; a.A. in Bezug auf das Rechtsschutzbedürfnis minimaler Korrekturen erstrebender Beschwerden: OLG München v. 17.9.1981 – 4 UF 175/81, FamRZ 1982, 187, und OLG Dresden v. 19.1.1996 – 11 UF 402/95, FamRZ 1996, 742). Die Beschwerdebefugnis ist auch unabhängig von einer finanziellen Mehrbelastung der Beschwerde führenden Versicherungsanstalt (BGH v. 12.11.1980 – IVb 712/80, NJW 1981, 1274).

Die LVA ist vielmehr allein auf Grund des nach ihrem Vortrag gesetzeswidrig durchgeführten Versorgungsausgleichs in ihrem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Recht auf Gewährleistung einer gesetzeskonformen Verwaltung beeinträchtigt (beispielhaft dazu: Sedemund/Treiber in Johannsen/Henrich, Eherecht, 3. Aufl. 1998, § 621e ZPO, Rz. 9 m.w.N. nam. aus der Rechtsprechung) und damit gem. § 20 Abs. 1 FGG, welche Regelung über § 621a Abs. 1 S. 1 ZPO Anwendung findet, zur Beschwerde berechtigt.

III. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg, da dem vom AG, von vornherein ohne Grund oder Veranlassung, aus einem erklärtermaßen ungeklärten Versicherungskonto durchgeführten Versorgungsausgleich letztlich unzutreffende bzw. unvollständige Versorgungsanwartschaften des Ehemannes zu Grunde gelegt worden sind.

Der Versorgungsausgleich ist gem. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. b i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 VAÜG getrennt für angleichungsdynamische und andere Anrechte durchzuführen (1).

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