Leitsatz (amtlich)
Besteht materiell-rechtlich ein Anspruch des Begünstigten eines Berechtigungsscheines für Beratungshilfe gegen die Gegenpartei auf (teilweisen) Ersatz der Rechtsverfolgungskosten, so geht dieser - auf die gesetzliche (Wahlanwalts-)Vergütung gerichtete Anspruch - nach § 9 S. 2 BerHG auf den Rechtsanwalt über.
Zahlungen, die der Rechtsanwalt auf diesen Anspruch erhalten hat, muss er sich nach § 58 Abs. 1 RVG auf die aus der Landeskasse zu zahlende (Beratungshilfe-) Vergütung anrechnen lassen.
Verfahrensgang
AG Zerbst (Beschluss vom 21.03.2011; Aktenzeichen 5 II 263/09) |
Tenor
Die Beschwerde der Rechtsanwältin H. vom 6.4.2011 gegen den Beschluss des AG Zerbst vom 21.3.2011 wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Das AG hat der Mandantin der Antragstellerin, Frau M. S., unter dem Datum des 21.7.2009 einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe für die Angelegenheit: "Widerspruchsangelegenheit hinsichtlich der Bescheide des Landesverwaltungsamtes vom 16.4.2009 sowie vom 6.6.2007" ausgestellt. Frau S. ließ sich in einem verwaltungsrechtlichen Widerspruchsverfahren, in dem es um die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) für ihre minderjährige Tochter J. ging, von der Antragstellerin - Frau Rechtsanwältin H. - vertreten.
In dem abschließenden Widerspruchsbescheid vom 8.12.2009 verpflichtete sich das Landesverwaltungsamt gegenüber der Antragstellerin bzw. deren Mandantin zur Erstattung eines Drittels der Kosten des Vorverfahrens. Die von der Antragstellerin beim Landesverwaltungsamt eingereichte Rechnung vom 17.12.2009, die eine Geschäftsgebühr gem. Nr. 2400 RVG-VV von 240 EUR, eine Postpauschale gem. Nr. 7002 RVG-VV von 20 EUR, eine Dokumentenpauschale gem. Nr. 7000 RVG-VV von 19 EUR sowie 19 % MwSt. von 53,01 EUR - insgesamt 332,01 EUR - umfasste, wurde dementsprechend am 26.1.2010 in Höhe eines Teilbetrages von 110,67 EUR ausgeglichen.
Unter dem Datum des 2.8.2010 hat die Antragstellerin beim AG die Festsetzung einer Beratungshilfevergütung i.H.v. 99,96 EUR - eine Geschäftsgebühr gem. Nr. 2503 RVG-VV von 70 EUR sowie eine Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 RVG-VV von 14 EUR, zzgl. 19 % MwSt. - beantragt. Der Antrag ist von der Rechtspflegerin in ihrer Verfügung vom 17.8.2010 zunächst als sachlich und rechnerisch richtig festgestellt und die Auszahlung an die Antragstellerin veranlasst worden. Zugleich forderte die Rechtspflegerin, die die Mitteilung der Antragstellerin über die Erstattung von 110,67 EUR durch die Gegenseite übersehen hatte, das Landesverwaltungsamt auf, an den Justizfiskus ein Drittel der festgesetzten Vergütung - das sind 33,32 EUR - zu überweisen. Das wurde vom Landesverwaltungsamt in seinem Schreiben vom 28.9.2010 unter Hinweis auf die unmittelbar an die Antragstellerin geleistete Zahlung von 110,67 EUR abgelehnt.
Nach Anhörung der Bezirksrevisorin hat die Rechtspflegerin durch Beschluss vom 2.12.2010 den Antrag der Antragstellerin vom 2.8.2010 auf Festsetzung der Beratungshilfeverfügung zurückgewiesen und zugleich entschieden, dass der aus der Landeskasse bereits gezahlte Betrag i.H.v. 99,96 EUR zurückzuerstatten sei.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 15.12.2010, der noch am selben Tage beim AG eingegangen ist, Erinnerung eingelegt, der die Rechtspflegerin in ihrer Verfügung vom 11.1.2011 nicht abgeholfen hat und die von dem zuständigen Richter des AG mit Beschluss vom 21.3.2011 zurückgewiesen worden ist. Das AG hat außerdem die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage, nämlich ob in Fällen der Beratungshilfe Zahlungen des erstattungspflichtigen Gegners ohne Einschränkung auf die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung anzurechnen sei, zugelassen.
Gegen den ihr am 23.3.2011 zugegangenen Beschluss hat die Antragstellerin wiederum mit Schriftsatz vom 6.4.2011, der am selben Tage beim AG eingegangen ist, Beschwerde eingelegt. Das AG - Richter - hat der Beschwerde in seiner Verfügung vom 8.4.2011 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
Der zuständige Einzelrichter hat das Verfahren dem Senat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache durch Beschluss vom 17.8.2011 gem. § 56 Abs. 2 S. 1, § 33 Abs. 8 S. 2 RVG übertragen.
II. Die Beschwerde ist gem. § 56 Abs. 2 S. 1, § 33 Abs. 3 S. 2 u. 3 RVG zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
1. Die Rechtspflegerin war berechtigt, die ursprüngliche Festsetzung der der Antragstellerin zustehenden Beratungshilfevergütung zu ändern und den bereits ausgezahlten Betrag zurückzufordern.
a) Allerdings leitet sich die Änderungsbefugnis nicht bereits daraus her, dass die Festsetzung von der Rechtspflegerin zunächst nur durch eine - interne - Verfügung vorgenommen worden ist und die Antragstellerin hiervon lediglich aufgrund der Auszahlung der beantragten Vergütung Kenntnis erlangt hat. Denn die Festsetzung der Vergütung kann g...