Leitsatz (amtlich)
1. Die Anwendung einer Gebührentabelle, welche – gestaffelt nach dem Auftragswert einer Vergabe – Richtwerte für die zu erhebenden Gebühren im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer vorgibt, hält sich im Rahmen des der Vergabekammer nach § 128 Abs. 2 GWB eingeräumten Ermessens (Bestätigung der bisherigen Senatsrechtsprechung).
2. Dies gilt auch dann, wenn der Auftragswert einer konkreten Vergabe den bisher höchsten Auftragswert eines im Lande vergebenen öffentlichen Auftrages, für den nach der Gebührentabelle auf den Ansatz der Höchstgebühr orientiert wird, um mehr als das Doppelte überschreitet (sog. „Ausreißer”).
3. In einem solchen Ausnahmefall kommt dem Kriterium der wirtschaftlichen Bedeutung ein so erhebliches Gewicht zu, dass schon diese die Festsetzung der Höchstgebühr rechtfertigen kann, ohne dass es auf den Umfang des personellen und sachlichen Aufwandes ankommt.
Verfahrensgang
Vergabekammer Halle (Beschluss vom 23.06.2003; Aktenzeichen VK Hal 06/03) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Vergabekammer beim Regierungspräsidium Halle vom 23.6.2003, VK Hal 06/03, wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Gebührenstreitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 25.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin schrieb im Juli 2002 die o.g. Teilprivatisierung im Dienstleistungsbereich im Verhandlungsverfahren mit Öffentlichem Teilnahmewettbewerb auf der Grundlage der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL 2002) EU-weit aus.
Nach Auswertung der Teilnahmeanträge hat die Vergabestelle acht Bewerber, darunter die Antragstellerin und die Beigeladenen, aufgefordert, ein erstes indikatives Angebot abzugeben. Mit Schreiben vom 26.11.2002 schloss die Antragsgegnerin das Angebot der Antragstellerin mit der Begründung aus, ihre Teilnahme an Vergabeverfahren außerhalb der Verbandsgrenzen des Kommunalverbandes Ruhrgebiet (KVR) verstoße gegen die Vorschrift des § 107 Abs. 2 GO-NRW. Nach erfolgter Rüge stellte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag, über den die Vergabekammer am 23.1.2003 verhandelt hat (VK Hal 26/02). Nach diesem Kammertermin teilte die Antragsgegnerin den Beteiligten mit, sie werde das Vergabeverfahren wiederholen, und forderte die Beteiligten zu einer erneuten Angebotsabgabe auf.
Auch das hierauf abgegebene neue Angebot der Antragstellerin schloss die Antragsgegnerin wieder aus, da ihre Teilnahme am Vergabeverfahren gegen geltendes Rechts verstoße. Wiederum stellte die Antragstellerin nach fruchtloser Rüge einen Nachprüfungsantrag, über den die Vergabekammer mit Beschluss vom 23.6.2003 im schriftlichen Verfahren entschied.
Die Vergabekammer hat die Antragsgegnerin im vorliegenden Nachprüfungsverfahren verpflichtet, die Antragstellerin weiterhin am Vergabeverfahren teilnehmen zu lassen. Sie hat der Antragsgegnerin außerdem die Kosten des Nachprüfungsverfahrens auferlegt, die sie zugleich auf 50.283,59 Euro festgesetzt hat. Zur Begründung der Kostenfestsetzung hat die Kammer im Rahmen des § 128 Abs. 2 GWB vor allem auf die wirtschaftliche Bedeutung abgestellt. Bei einem außergewöhnlich hohen Auftragsvolumen von weit über 100 Mio. Euro ergebe sich auf der Grundlage der Gebührentabelle des Landes Sachsen-Anhalt ein Gebührenbetrag von 85.998,20 Euro. Daher halte sie es für angemessen, die Gebühr hier gem. § 128 Abs. 2 S. 3 GWB auf den Höchstbetrag von 50.000 Euro festzusetzen. Hinzu komme die Summe der Auslagen von 283,59 Euro.
Der Antragsgegnerin wurde der Beschluss vom 23.6.2003 am 25.6.2003 zugestellt. Am 9.6.2003 legte sie gegen die Gebührenfestsetzung sofortige Beschwerde ein. Sie ist der Ansicht, der Aufwand und die wirtschaftliche Bedeutung der Sache sei nicht außergewöhnlich hoch. Zum einen sei der Vergabekammer der Sachverhalt bereits auf Grund des ersten Nachprüfungsantrages bekannt gewesen, zum anderen handele es sich bei dem streitgegenständlichen Vergabeverfahren um eine „klassische Teilprivatisierung, die über die Stadt H. hinaus keine besondere wirtschaftliche Bedeutung” habe. Insoweit erachtet die Antragsgegnerin Gebühren i.H.v. allenfalls 25.000 Euro für angemessen, zumal dieser Betrag gem. § 128 Abs. 2 S. 3 GWB grundsätzlich als Maximalbetrag anzusehen sei.
Die Antragstellerin hat sich dem angeschlossen und ebenfalls die Ansicht vertreten, eine Gebühr von mehr als 25.000 Euro sei unangemessen. Auch wenn die wirtschaftliche Bedeutung des vorliegenden Verfahrens hoch sein mag, so meint die Antragstellerin, dürfe der geringe Verwaltungsaufwand nicht außer Betracht bleiben. Allein dieser rechtfertige es nicht, den Regelsatz von 25.000 Euro zu überschreiten.
Mit Zustimmung aller Beteiligten hat der Senat durch Beschluss vom 1.9.2003 das schriftliche Verfahren angeordnet und als Schlusstermin den 22.9.2003 bestimmt.
II.1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Auch gegen einen Kostenfestsetzungsbescheid der...