Leitsatz (amtlich)

1. Für die Beurteilung des Obsiegens bzw. Unterliegens eines Beteiligten i.S.v. § 128 Abs. 3 S. 1 GWB ist allein der Ausgang des Nachprüfungsverfahrens im Verhältnis zu dem von ihm gestellten Antrag in diesem Verfahren maßgeblich (vgl. OLG Naumburg, Beschl. v. 7.8.2001 – 1 Verg 1/01, S. 4 des Umdruckes; Beschl. v. 28.9.2001 – 1 Verg 9/01 – S. 4 des Umdrucks, so auch Gröning in Motzke/Pietzcker/Prieß, Komm. z. VOB/A, 2001, § 128 GWB Rz. 12). Haben letztlich alle im Nachprüfungsverfahren gestellten Anträge keinen Erfolg, so ist eine Aufteilung der Verfahrenskosten unter allen Beteiligten, die einen Antrag gestellt haben, geboten.

2. Unterliegt sowohl der Antragsteller im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren wegen Zurückweisung seines Nachprüfungsantrages als auch die Vergabestelle wegen einer in den Lauf des Vergabeverfahrens eingreifenden Anweisung der Vergabekammer, so ist für eine Kostenquote zu ungleichen Teilen regelmäßig kein Raum.

3. Die Anwendung einer Gebührentabelle, welche Richtwerte für die zu erhebenden Gebühren im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer vorgibt, hält sich im Rahmen des der Vergabekammer nach § 128 Abs. 2 GWB eingeräumten Ermessens (vgl. OLG Naumburg, Beschl. v. 3.9.2001 – 1 Verg 6/00). Unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Vorgabe, dass die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit ein für die Gebührenhöhe maßgeblicher Umstand sein soll, ist insb. die grundsätzliche Anknüpfung dieser Tabellenwerte am Auftragswert der verfahrensgegenständlichen Vergabe nicht zu beanstanden (vgl. zur gleichartigen Bemessung der Höhe der Verfahrenskosten beim Bundeskartellamt auch Vermerk E/G1–10/96 des Bundeskartellamts vom 9.2.1999, zitiert bei: Franke/Höfler/Bayer, Bauvergaberecht in der Praxis, Lsbl. Stand Februar 2001, Abschnitt III Rz. 249.2; Gröning in Motzke/Pietzcker/Prieß, Komm. z. VOB/A, 2001, § 128 GWB Rz. 4 bis 7 und 10).

4. Der Umstand, dass die Gebühren, die für ein Nachprüfungsverfahren erhoben werden, trotz gleicher Auftragssummen von Bundesland zu Bundesland und auch im Vergleich zu den Gebühren für ein gleichartiges Verfahrens vor der Vergabekammer des Bundes differieren können, ist nicht Ausdruck eines Ermessensfehlers bei der Gebührenfestsetzung, sondern letztlich Ausfluss der Gesetzgebungskompetenz der einzelnen Bundesländer für das Kostenwesen der landeseigenen Verwaltung (Art. 70 Abs. 1 GG).

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Vergabekammer beim Regierungspräsidium Halle vom 9.1.2003, VK Hal 27/02, in Ziffer 4 seines Tenors teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die zu zahlenden Gesamtkosten für das Verfahren werden auf 9.936,92 Euro festgesetzt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Auslagen der Antragsgegnerin zu einem Kostenwert von bis zu 3.500 Euro zu tragen; im Übrigen werden die Gerichtskosten niedergeschlagen und außergerichtliche Auslagen der Beteiligten nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin schrieb im Sommer 2002 den o.g. Dienstleistungsauftrag im Verhandlungsverfahren mit Öffentlichem Teilnahmewettbewerb auf der Grundlage der Verdingungsordnung für Leistungen – Ausgabe 2002 – (VOL 2002) EU-weit zur Vergabe aus.

Von den sechs zur Teilnahme aufgeforderten Bewerbern reichten vier Bewerber innerhalb der Angebotsfrist jeweils ein Angebot ein, darunter auch die Antragstellerin. Die Antragsgegnerin schloss das Angebot der Antragstellerin aus, weil es verspätet eingegangen und zudem unvollständig sei. Nach erfolgloser Rüge des Ausschlusses als vergaberechtswidrig beantragte die Antragstellerin die Durchführung eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens bei der zuständigen Vergabekammer. Sie begehrte letztlich die Fortführung des Verhandlungsverfahrens unter Mitberücksichtigung ihres Angebotes.

Die Vergabekammer wies die Antragsgegnerin auf mögliche schwer wiegende Mängel des Vergabeverfahrens hin, die eine Wiederholung des gesamten Verhandlungsverfahrens ab Aufforderung zur Einreichung von Angeboten in Betracht kommen ließen. Die Antragsgegnerin beantragte im Verfahren vor der Vergabekammer die Zurückweisung des Nachprüfungsantrages.

Mit ihrem Beschluss vom 9.1.2003 hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin als unzulässig verworfen, weil es der Antragstellerin an einer Antragsbefugnis fehle. Auch unabhängig von den gerügten Vergabeverstößen habe die Antragstellerin keine Aussicht auf Zuschlagerteilung, denn ihr Angebot sei wegen Unvollständigkeit (fehlende Angaben in den Verdingungsunterlagen, fehlende rechtsverbindliche Unterschriften, Nichteinreichung von Nachweisen) nach §§ 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2, 25 Nr. 1 Abs. 1b) VOL/A aus der Wertung auszuschließen. Gleichwohl hat die Vergabekammer die Wiederholung der Ausschreibung ab Phase 2 (nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs) angeordnet, weil die Ausschreibung nach ihrer Auffassu...

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