Leitsatz (amtlich)
Bei dem Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren handelt es sich um ein selbständiges Verfahren, auf das in Familiensachen die Vorschriften des FamFG Anwendung finden, wenn es nicht vor dem 01.09.2009 eingeleitet worden ist.
Bei der der Partei zu setzenden Frist zur Erklärung über eine etwaige Veränderung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse handelt es sich um eine solche nach § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO, sodass sie nur dann wirksam gesetzt wird, wenn die entsprechende Verfügung förmlich zugestellt wird. Dabei hat die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten/Verfahrensbevollmächtigten der Partei zu erfolgen, der die Partei bereits im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren vertreten hat.
Verfahrensgang
AG Halle (Westfalen) (Entscheidung vom 04.04.2012; Aktenzeichen 28 F 964/07 SO) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Kindesmutter und weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Halle (Saale) vom 04.04.2012 (Az.: 28 F 964/07) aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - Halle (Saale) zurückverwiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
Weil das (selbständige) Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren nicht vor dem 01.09.2009 eingeleitet worden ist, finden die Vorschriften des FamFG Anwendung (vgl. OLG Dresden FamRZ 2010, 1754).
Die nach diesem Maßstab zulässige sofortige Beschwerde gegen die Aufhebung der mit Beschluss des Amtsgerichts vom 19.06.2007 bewilligten Prozesskostenhilfe (§§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 S. 2 und 3 ZPO) ist begründet, denn zu Unrecht ist das Amtsgericht davon ausgegangen, die Kindesmutter habe ihre Auskunftspflicht nach §§ 76 Abs. 1 FamFG, 120 Abs. 4 S. 2, 124 Nr. 2 ZPO trotz Aufforderung nicht erfüllt. Das Amtsgericht hat nämlich die ihr zur Erklärung über eine etwaige Veränderung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einzuräumende Frist (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 120 Rn 29; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 120 Rn 28 und § 124 Rn 10a) nicht wirksam gesetzt. Bei dieser Frist handelt es sich um eine solche nach § 329 Abs. 2 S. 2 ZPO (Baumbach/Lauter-bach/Albers/Hartmann aaO.), sodass sie nur dann wirksam gesetzt wurde, wenn die entsprechende Verfügung förmlich zugestellt worden ist (vgl. zum Ganzen OLG Brandenburg FamRZ 2008, 72). Hieran fehlt es. Auch nach dem formellen Abschluss des Hauptsacheverfahrens hätte diese Zustellung im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 120 Abs. 4, 124 ZPO) nämlich gemäß §§ 15 Abs. 2 S. 1 FamFG, 172 Abs. 1 ZPO an den Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter, von der sie bereits im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren vertreten worden war, erfolgen müssen (vgl. BGH FamRZ 2011, 463).
Dies ist nicht geschehen, denn das Amtsgericht hat lediglich die (noch dazu formlose) Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses vom 04.04.2012 an den Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter veranlasst. Seine Aufforderungsschreiben vom 03.11.2011 und 31.01.2012 hat es hingegen der Kindesmutter (und nicht ihrem Bevollmächtigten) förmlich zugestellt.
Mangels wirksamer Aufforderung gemäß §§ 76 Abs. 1 FamFG, 120 Abs. 4 S. 2 ZPO nebst ordnungsgemäßer Fristsetzung in diesem Verfahren kann die Kindesmutter daher nach wie vor Angaben über möglicherweise geänderte persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse machen. Dies wird innerhalb einer vom Amtsgericht noch festzusetzenden Frist, die der Kindesmutter nach Maßgabe des § 329 Abs. 2 S. 2 ZPO und unter Beachtung der vorbezeichneten Entscheidung des BGH mitzuteilen ist, zu geschehen haben. Dabei ist von ihr entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht die Abgabe eines Vordrucks über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzuverlangen, denn abweichend von der erstmaligen Bewilligung der Prozesskostenhilfe besteht für die nach §§ 76 Abs. 1 FamFG, 120 Abs. 4 S. 2 ZPO abzugebende Erklärung kein Vordruckzwang (OLG Naumburg FamRZ 2000, 1224; OLG Brandenburg aaO.).
Der festgestellte Verfahrensfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Verfahrens zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht (§§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 S. 2, 572 Abs. 3 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 1, 20 FamGKG; 76 Abs. 1 FamFG, 118 Abs. 1 S. 4 ZPO.
Fundstellen