Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen der Beigeladenen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach Rücknahme der sofortigen Beschwerde hat der Vergabesenat auch ohne ausdrücklichen Antrag über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden.

2. Hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdegericht auf Nachfrage ausdrücklich erklärt, selbst keinen Sachantrag stellen zu wollen, so sind ihre Aufwendungen im Beschwerdeverfahren nach Rücknahme des Rechtsmittels nicht erstattungsfähig.

 

Verfahrensgang

2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 13.02.2012; Aktenzeichen 2 VK LSA 05/11)

 

Tenor

Die Anhörungsrüge der Beigeladenen gegen die in Ziff. III. des Senatsbeschlusses vom 13.2.2012 getroffene Kostenentscheidung wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene hat die Kosten des Rügeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

A. Die Antragstellerin hat gegen den am 19.10.2011 verkündeten Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt sofortige Beschwerde eingelegt, soweit ihr Nachprüfungsantrag zurückgewiesen worden ist. Der Antragsgegner hat eine unselbständige Anschlussbeschwerde gegen diese Entscheidung erhoben, soweit ihm die Wiederholung von Verfahrensabschnitten des Vergabeverfahrens aufgegeben worden ist. Die Beigeladene ist die Zuschlagsaspirantin und hat sich mit mehreren Schriftsätzen am Beschwerdeverfahren beteiligt, ohne selbst Sachanträge zu stellen. Im Termin der mündlichen Verhandlung ist sie ausdrücklich danach gefragt worden, ob sie selbst Sachanträge stelle, und darauf hingewiesen worden, dass nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich durch eine eigene Antragstellung kenntlich zu machen ist, ob der Beteiligte bereit sei, ein eigenes Kostenrisiko zu übernehmen - mit der Chance auf Kostenerstattung im Obsiegensfall und der Gefahr der anteiligen Kostentragung im Unterliegensfall. Daraufhin hat die Beigeladene erklärt, dass sie keine eigenen Sachanträge stelle und dass ihre Schriftsätze im Beschwerdeverfahren ebenfalls keine entsprechende Antragstellung enthielten (vgl. Sitzungsprotokoll vom 8.2.2012, Seite 2 oben, GA Bd. IV Bl. 172 f.).

Im weiteren Verlauf der Sitzung hat die Antragstellerin ihre sofortige Beschwerde zurückgenommen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 13.2.2012 u.a. eine Kostengrundentscheidung zu Lasten der Antragstellerin getroffen und dieser auch die außergerichtlichen Auslagen des Antragsgegners auferlegt. Er hat weiter angeordnet, dass im Übrigen eine Kostenerstattung nicht stattfindet. In den Gründen seiner Entscheidung hat der Senat hierzu ausgeführt, dass die außergerichtlichen Auslagen der Beigeladenen nicht zu erstatten seien, weil es nicht der Billigkeit i.S.v. § 78 S. 1 GWB entspreche, da sich die Beigeladene nicht durch Antragstellung ähnlich einem streitgenössischen Nebenintervenienten am Beschwerdeverfahren beteiligt habe.

Die Beigeladene hat gegen die ihr am 27.2.2012 zugestellte Entscheidung am 12.3.2012 eine Anhörungsrüge erhoben. Sie macht geltend, dass sie vor der Entscheidung des Senats keine Gelegenheit zur Stellungnahme zur Erstattungsfähigkeit ihrer Aufwendungen gehabt habe und sie insbesondere angesichts einer Abweichung des erkennenden Senats von der Rechtsprechung anderer OLG und des BGH zumindest auf die Auffassung des Senats hätte hingewiesen werden müssen.

Im Rügeverfahren hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 28.3.2012 Stellung genommen.

B. Der Senat geht zugunsten der Beigeladenen von der Zulässigkeit der Anhörungsrüge aus; der Rechtsbehelf hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

I. Es bestehen erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit der Anhörungsrüge der Beigeladenen. Zwar ist der Rechtsbehelf der Anhörungsrüge auch im vergaberechtlichen Beschwerdeverfahren nach §§ 120 Abs. 2, 71a GWB eröffnet, ohne dass es einer Gesetzesanalogie bedarf (vgl. BVerfG, Beschluss v. 26.2.2008, 1 BvR 2327/07, NJW 2008, 2167; so auch OLG Naumburg, vgl. Beschl. v. 2.4.2009 - 1 Verg 10/08; Beschl. v. 21.6.2013 - 2 Verg 8/12). Die Voraussetzung, dass gegen die Entscheidung des Senats ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist (§ 71a Abs. 1 Nr. 1 GWB), ist erfüllt. Es liegt aber zumindest fern, dass der Senat den Anspruch der Beigeladenen auf rechtliches Gehör verletzt haben soll. In der Sitzung ist die Beigeladene im Rahmen der Antragstellung, wie dargestellt, ausdrücklich darauf hingewiesen worden, welche rechtlichen Folgen eine Antragstellung hat, woraus im Umkehrschluss zu entnehmen war, welche kostenrechtlichen Folgen der Senat zumindest regelmäßig an das Unterlassen einer Antragstellung durch die Beigeladene knüpft. Nachdem die Antragstellerin die Rücknahme ihrer sofortigen Beschwerde erklärt hat, hat eine Erörterung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der Auswirkungen der Rücknahme des Hauptrechtsmittels auf die Anschlussbeschwerde stattgefunden. Alle Beteiligten, auch die Beigeladene, hatten im Termin ausreichend Gelegenheit, zu den Rechtsfolgen der Rücknahme der sofortigen Beschwerde Stellung zu n...

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