Leitsatz (amtlich)
Die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit stellt kein Instrument der Verfahrens- bzw. Fehlerkontrolle dar. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Prozessführung des abgelehnten Richters einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage entbehrt und der Richter die seiner richterlichen Tätigkeit gesetzten Schranken grob missachtet oder sich so weit von dem normalerweise geübten Verfahren entfernt, dass seine Prozessleitung den Anschein von Willkür erweckt und sich für einen Beteiligten der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung geradezu aufdrängen muss.(Rz. 18)
Normenkette
ZPO § 42 Abs. 1-2
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Beschluss vom 15.06.2011; Aktenzeichen 9 O 202/07) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den das Ablehnungsgesuch gegen die Vorsitzende Richterin am LG ... zurückweisenden Beschluss der ... Zivilkammer des LG Halle vom 15.6.2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.645.211,72 EUR festgesetzt.
Gründe
I. In dem dem Ablehnungsgesuch zugrunde liegenden Arzthaftungsprozess macht der Kläger materiellen und immateriellen Schadenersatz geltend.
In der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2010 fand die Anhörung des gerichtlich bestellten Sachverständigen statt. Die Parteivertreter beantragten, zum Ergebnis der Anhörung schriftlich Stellung nehmen zu dürfen. Abschließend wiederholten sie jeweils die Eingangsanträge. Mit Beschluss der abgelehnten Einzelrichterin im Termin vom 12.11.2010 wurde den Parteien eine Frist zur Würdigung des Beweisergebnisses und zur Erwiderung auf die Erörterungen der Kammer bis zum 10.1.2011 bewilligt und Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 9.2.2011 anberaumt. Der Kläger äußerte sich mit Schriftsatz vom 5.1.2011. Mit Beschluss der abgelehnten Richterin vom 21.1.2011 wurde der Verkündungstermin auf den 6.4.2011 verlegt und den Parteien ein gerichtlicher Vergleichsvorschlag dahin unterbreitet, dass alle Ansprüche mit der Zahlung von 190.000 EUR an den Kläger abgegolten sein sollen. Auf den Vergleichsvorschlag wird Bezug genommen (Bl. 60 Bd. IV d.A.). Der Vergleich kam nicht zustande. Am 6.4.2011 erging ein Hinweis- und Beweisbeschluss, gegen den der Kläger sofortige Beschwerde erhob. Auf diesen Beschluss wird Bezug genommen (Bl. 102 ff. Bd. IV d.A.). Im Hinblick auf das Ablehnungsgesuch ist das Abhilfeverfahren hierzu noch nicht durchgeführt.
Mit Schriftsatz vom 29.4.2011 hat der Kläger die Vorsitzende Richterin am LG ... wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, die Richterin richte sich nicht nach den Regeln zur Durchführung von Prozessen über medizinrechtliche Haftungsfälle und missachte die eingeschränkte Substantiierungslast des Klägers. Sie genüge ihren richterlichen Aufklärungspflichten nicht. Die abgelehnte Richterin habe sich ihm gegenüber im Termin zur mündlichen Verhandlung unangemessen geäußert, indem sie nach Schilderung seines vormals guten Verdienstes und der Tatsache, sich und seine Familie durch Rücklagen über die lange Verfahrensdauer über Wasser gehalten zu haben, nun aber wirtschaftlich hierzu nicht mehr länger in der Lage zu sei, geäußert haben soll: "Sehen Sie, da hatte das wenigstens etwas Gutes". Dies sei dem Kläger in Anbetracht seiner Situation wie eine Verhöhnung erschienen. Darüber hinaus habe die Richterin im Termin zur mündlichen Verhandlung geäußert, die Parteien bräuchten wegen der Frist zur Stellungnahme keine Angst zu haben, da das Verfahren inzwischen so lange gedauert habe, dass es auf ein paar Wochen nicht mehr ankäme.
Die Richterin habe das Verfahren grundlos verzögert, indem sie den Verkündungstermin vom 9.2.2011 auf den 6.4.2011 verlegt habe und am 21.1.2011 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet habe, dessen Vergleichssumme bereits zuvor schon durch den Kläger abgelehnt worden war. Darüber hinaus verweigere die abgelehnte Richterin dem Kläger das rechtliche Gehör und greife nur das Beklagtenvorbringen auf. Sie nehme den Vortrag des Klägers zu den Behandlungsfehlern nicht ausreichend zur Kenntnis, habe sich nicht in die Akte eingearbeitet und mit dem aus Sicht des Klägers abwegigen und tendenziösen Vergleichsvorschlag, dessen Chancen auf einen fairen Vergleich in angemessener Höhe von vornherein zunichte gemacht. Selbst der Beklagtenvertreter sei davon ausgegangen, dass es in dem Verfahren um Millionen gehe.
Die Richterin habe es nicht zulassen dürfen, dass der Sachverständige unvorbereitet mit den Fragen der Beklagten konfrontiert worden ist. Sie hätte eigene Fragen an den Sachverständigen richten müssen. Grundlos beabsichtige sie die Bestellung eines neuen Sachverständigen. Dabei missachte sie die Einwände des Klägers gegen die Bestellung eines Sachverständigen aufgrund eines Vorschlages der Ärztekammer des Landes Sachsen-Anhalt. Die Frage des Klägers zu der Anzahl vergleichbarer Operationen im Jahr 20...