Leitsatz (amtlich)

Über den reinen Wortlaut hinaus erfasst § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB im Hinblick auf seinen Normzweck, das Kind aus dem Scheidungsstreit der Kindeseltern herauszuhalten, bis zur Rechtskraft einer etwaigen Ehescheidung auch die gerichtliche Vertretung des Kindes als Prozessstandschafter auf der Passivseite.

 

Verfahrensgang

AG Wernigerode (Aktenzeichen 11 F 1007/02)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG – FamG – Wernigerode vom 11.4.2002 – 11 F 1007/02, wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Gerichtsgebühr des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und auch sonst zulässige, insb. fristgemäß eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den ihm Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des AG – FamG – Wernigerode vom 11.4.2002 (Bl. 59 – 61 d.A.) hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

Denn der negativen Feststellungsklage des Antragstellers, mit welcher dieser gerichtlich festzustellen begehrt, dass er seiner Tochter, der Antragsgegnerin, ab dem 27.11.2001 keinen Kindesunterhalt mehr schuldet, fehlt die hinreichende Erfolgsaussicht, deren es gem. § 114 ZPO zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe bedarf.

1. Die negative Feststellungsklage des Antragstellers ist in zweifacher Hinsicht gegen die falsche Partei gerichtet, sodass es bereits an der Passivlegitimation der Antragsgegnerin mangelt.

a) Unbestritten lebt der Kläger mit seiner Ehefrau, der Kindesmutter S. S., in dauerhafter Trennung und die Beklagte befindet sich in deren Obhut. Für diesen Fall bestimmt jedoch § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB, dass der Elternteil, in dessen Obhut sich das minderjährige unverheiratete Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen kann. Über den reinen Wortlaut hinaus erfasst § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB im Hinblick auf seinen Normzweck, das Kind aus dem Scheidungsstreit der Kindeseltern herauszuhalten, bis zur Rechtskraft einer etwaigen Ehescheidung auch die gerichtliche Vertretung des Kindes als Prozessstandschafter auf der Passivseite, d.h. als Beklagter oder Beklagte etwa in einem Abänderungsklageverfahren nach § 323 ZPO oder, wie hier, bei einer negativen Feststellungsklage des anderen Elternteils (vgl. Palandt/Diederichsen, 61. Aufl. 2002, § 1629 Rz. 40; Huber, in: MünchKomm, BGB, Bd. 8, Familienrecht II, 4. Aufl. 2002, § 1629 Rz. 96 m.w.N.) Da sich die beabsichtigte negative Feststellungsklage des Antragstellers gegen seine minderjährige Tochter, und nicht, wie nach § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB geboten, gegen deren gesetzliche Prozessstandschafterin, die Kindesmutter, als Beklagte richtet, fehlt der ins Auge gefassten Rechtsverfolgung mithin schon deshalb die notwendige Erfolgsaussicht.

b) Soweit die Antragsgegnerin bis zum 8.4.2002 vom Landkreis W. Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bezogen hat und infolgedessen die gesetzliche Prozessstandschaft der Kindesmutter teilweise erloschen ist (Palandt/Diederichsen, 61. Aufl. 2002, § 1629 Rz. 35 m.w.N.), wäre die negative Feststellungsklage – wie das AG zutreffend ausgeführt hat – gegen das durch den Landkreis W. vertretene Land Sachsen-Anhalt zu richten, weil in diesem Umfang der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin gem. § 7 Abs. 1 S. 1 UVG kraft Gesetzes auf das den Unterhaltsvorschuss gewährende Land übergegangen ist. Im Übrigen bleibt es jedoch, soweit der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin der Höhe nach über dem auf das Land übergegangenen Anspruch liegt, bei der gesetzlichen Prozessstandschaft der Kindesmutter, sodass die Antragsgegnerin auch in diesem Fall nicht die richtige Beklagte wäre.

2. Unbeschadet des Problems der Passivlegitimation hätte die beabsichtigte negative Feststellungsklage in Bezug auf den künftigen Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin auch materiellrechtlich nicht die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe notwendige hinreichende Erfolgsaussicht.

a) Der Antragsteller ist grundsätzlich gem. den §§ 1601 ff. BGB der Beklagten zur Zahlung von Kindesunterhalt i.H.d. Mindestunterhaltes von 100 % des Regelbetrages der 3. Altersstufe nach § 2 der Regelbetrag-Verordnung verpflichtet.

b) Er kann sich nicht auf seine fehlende Leistungsfähigkeit nach § 1603 Abs. 1 BGB berufen, weil er gem. § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB ggü. der minderjährigen unverheirateten Antragsgegnerin einer gesteigerten Erwerbsobliegenheit unterliegt, derzufolge er alle erdenklichen und ihm zumutbaren Anstrengungen unternehmen muss, um ihren gesetzlichen Mindestunterhalt sicherzustellen. Dass der Antragsteller dieser qualifizierten Obliegenheit auch nur ansatzweise im gehörigen Maße nachgekommen wäre, kann nicht festgestellt werden.

ba) Erwerbsbemühungen, insb. umfangreiche Bewerbungen, des arbeitslosen Antragstellers sind weder dargetan noch ersichtlich und dies, obgleich den Antragsteller für seine fehlende Leistungsfähigkeit schon nach der gesetzlichen Konzeption des § 1603 BGB, d...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge