Leitsatz (amtlich)
1. Ist ein Franchisevertrag auf die Erweiterung der gewerblichen Tätigkeit des Franchisenehmers gerichtet und ist daher § 355 BGB (früher § 7 VerbraucherkreditG) über ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht anwendbar, so können die Vertragsparteien gleichwohl freiwillig ein Widerrufsrecht des Franchisenehmers vereinbaren.
2. Für den Fristlauf des vertraglich vereinbarten Widerrufs gelten nur die vereinbarten, ggf. durch Auslegung zu ermittelnden Voraussetzungen und nicht die strengen formellen Voraussetzungen des § 355 Abs. 2 BGB, soweit in der Vereinbarung nicht auf sie Bezug genommen wird.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Beschluss vom 07.02.2008; Aktenzeichen 4 O 507/07) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Halle vom 7.2.2008 - 4 O 507/07, wird zurückgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen; außergerichtliche Auslagen der Beteiligten werden nicht erstattet.
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässig; sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Das LG hat den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug für die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung zu Recht zurückgewiesen. Der beabsichtigten Rechtsverfolgung fehlt eine hinreichende Aussicht auf Erfolg, was nach § 114 ZPO der Bewilligung entgegen steht, weil eine Prozesspartei, die über ausreichende finanzielle Mittel zur Prozessführung verfügt, unter diesen Bedingungen eine Klage auf eigenes Kostenrisiko nicht erheben würde.
Für den Senat ist schon zweifelhaft, ob die Klage zulässig ist. Die Beteiligten des Verfahrens haben in § 21 ihres Vertrages eine Pflicht zur vorrangigen Streitbeilegung durch ein Mediationsverfahren vereinbart. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit der Antragsteller dieser vertraglichen Verpflichtung nachgekommen ist. Letztlich kann diese Frage und ihre Erheblichkeit für die Zulässigkeit einer Klage jedoch dahin stehen und muss hier offen bleiben, weil der Antragsteller hierzu noch kein rechtliches Gehör hatte.
Der Senat geht nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand davon aus, dass der Widerruf des Franchisevertrages durch den Antragsteller zu spät erhoben worden ist. Ein gesetzliches Widerrufsrecht besteht nach zutreffender übereinstimmender Auffassung beider Verfahrensbeteiligter nicht, weil das auf den Vertragsschluss gerichtete Verhalten des Antragstellers seinem bereits zuvor bestehenden beruflich-gewerblichen Bereich zuzuordnen ist. Der persönliche Anwendungsbereich der den privaten Endverbraucher besonders schützenden gesetzlichen Vorschriften ist nicht eröffnet. Allerdings ist dem Antragsteller darin zu folgen, dass grundsätzlich ein Widerrufsrecht in einem Franchisevertrag auch für gewerbliche Franchisenehmer freiwillig vereinbart werden kann. Ist eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden, kann der Franchisenehmer dieses ihm vertraglich eingeräumte Recht natürlich auch in Anspruch nehmen. Ob eine solche Vereinbarung hier vorliegt, mag zweifelhaft sein. Sie ist jedenfalls nicht in § 22 des Vertrages zu sehen, weil dort lediglich eine Belehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht enthalten ist, keine darüber hinaus gehende Regelung eines nicht gesetzlichen Widerrufsrechts. Die Aufnahme der Formulierung in den Vertrag mit dem Antragsteller ist wohl dem Umstand geschuldet, dass die Antragsgegnerin einen vorformulierten Vertragstext für gewerbliche und private Vertragspartner verwendet. Ein entsprechender objektiver Erklärungswert könnte allenfalls der "Belehrung" auf S. 19 des Vertrags zukommen, weil diese Erklärung konkret auf den Antragsteller Bezug nimmt. Die Auslegungsfrage kann hier aber offen bleiben. Denn im vorliegenden Falle kommt es nicht entscheidend darauf an, ob ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt worden war. Der Widerruf des Franchisevertrages vom 20.6.2007 entfaltet selbst dann, wenn er vertraglich vereinbart gewesen sein sollte, jedenfalls schon deshalb keine Wirkungen, weil die vertraglich vereinbarte Widerrufsfrist zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen war. Anders, als in dem vom Antragsteller immer wieder angeführten Fall des LG Zwickau war hier im Vertrag keine Bezugnahme auf § 7 Verbraucherkreditgesetz oder eine vergleichbare Rechtsnorm erfolgt, d.h. die gesetzlichen Regelungen sind weder originär anwendbar noch auch nur subsidiär für anwendbar erklärt worden. Da der Anwendungsbereich der gesetzlichen Vorschriften ohne eine entsprechende vertragliche Inkraftsetzung, wie vorausgeführt, nicht eröffnet ist, ist hinsichtlich der formellen Anforderungen für den Beginn der Widerrufsfrist allein auf den Inhalt des Vertrages abzustellen. Für diese vertragliche Regelung gilt die formenstrenge Rechtsprechung zum Inhalt einer Belehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht nicht. Hier ist nur vereinbart, dass der Lauf der Widerrufsfrist mit Aushändigung einer gesonderten Urkunde zum Widerrufsrecht...