Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorvertragliche Pflichten des Franchisegebers

 

Leitsatz (amtlich)

Der Franchisegeber hat als Vertragspartei nicht die Aufgaben eines Existenzgründungsberaters. Ihm obliegt es insbesondere nicht, den Franchisenehmer über die allgemeinen Risiken einer beruflichen Selbständigkeit - auch nicht über die "Durststrecke" in der Aufbauphase - aufzuklären oder für ihn umfassende Kalkulationen zu erstellen, die ein mit betriebswirtschaftlichen Grundkenntnissen vertrauter Franchisenehmer selbst erstellen kann.

 

Normenkette

BGB § 311 Abs. 2, § 355 Abs. 2 BGB; BGB-InfoV § 14

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Beschluss vom 23.04.2007; Aktenzeichen 2 O 419/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG vom 23.4.2007 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist gem. § 127 Abs. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist indes unbegründet.

Zu Recht hat das LG die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgewiesen, denn die beabsichtigte Klage hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

1. Der Antragsteller hat - wie das LG zutreffend ausführt - die Verletzung einer vorvertraglichen Pflicht durch die Antragsgegnerin nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

Grundsätzlich trägt bei einem Franchisevertrag - ebenso wie bei jedem anderen Vertrag - jede Partei ihr Vertragsrisiko. Es obliegt den Vertragsparteien selbst, sich über die Risiken und Chancen einer geschäftlichen Verbindung zu informieren und sich ein eigenes Bild von den Marktchancen zu verschaffen (vgl. Böhner, BB 2001, 1749 [1750], OLG Hamburg, DB 2003, 1054 [1055]; OLG Brandenburg NJW-RR 2006, 51). Der Franchisegeber hat als Vertragspartei nicht die Aufgaben eines Existenzgründungsberaters; ihm obliegt es insbesondere nicht, den Franchisenehmer über die allgemeinen Risiken einer beruflichen Selbständigkeit aufzuklären oder für ihn umfassende Kalkulationen zu erstellen, die ein mit betriebswirtschaftlichen Grundkenntnissen vertrauter Franchisenehmer selbst erstellen kann. Den Franchisegeber treffen bei den Vertragsverhandlungen vor allem zwei Arten von Pflichten (zur Differenzierung zwischen Aufklärungspflichten und dem Täuschungsverbot Giesler/Nauschütt, BB 2003, 435 f.): Es ist dem Franchisegeber zum einen verboten, den (potentiellen) Franchisenehmer über vertragswesentliche Umstände zu täuschen oder in die Irre zu führen. Zum anderen ist der Franchisegeber verpflichtet, den (potentiellen) Franchisenehmer über solche Umstände aufzuklären, die alleine ihm bekannt sind und von denen er weiß oder wissen muss, dass die Entscheidung der anderen Partei durch deren Kenntnis beeinflusst wird (OLG München BB 2001, 1759). Diese Aufklärungspflicht betrifft insbesondere diejenigen für den geschäftlichen Erfolg des Franchisenehmers relevanten Umstände, mit denen der Franchisegeber aufgrund seiner Kenntnis des Systems und dessen Wirkungsweise am Markt besser vertraut ist (OLG Hamburg a.a.O.). Die Reichweite dieser Aufklärungspflicht hängt von den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ab (OLG Brandenburg, a.a.O.). Allgemeinverbindliche Vorgaben dafür, was der Franchisegeber dem Franchisenehmer im Vorfeld des Vertragsschlusses konkret mitzuteilen und vorzulegen hat, lassen sich deshalb nicht aufstellen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann daher nicht bereits daraus, dass ein bestimmtes Dokument - wie hier eine Standortanalyse - nicht vorgelegt wurde, auf eine Verletzung einer Aufklärungspflicht geschlossen werden.

Der Antragsteller hat weder eine Täuschung oder Irreführung durch die Antragsgegnerin (a) noch eine Verletzung einer Aufklärungspflicht (b) substantiiert vorgetragen.

a) Eine Täuschung der Antragsgegnerin über vertragswesentliche Umstände hat der Antragsteller nicht schlüssig dargelegt. Die pauschale Behauptung des Antragstellers, die von der Antragsgegnerin in der "Ertragsvorschau K." vorgelegten Zahlen seien "geschönt", ist nicht hinreichend substantiiert und steht teilweise sogar im Widerspruch zum weiteren Vortrag des Antragstellers. Diese Behauptung ist insbesondere nicht geeignet, eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast zu Lasten der Antragsgegnerin zu rechtfertigen.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass jedenfalls zwei der von der Antragsgegnerin prognostizierten Kennziffern - nämlich der Umsatz und der Rohertrag - auf den Getränkemarkt in K. zutrafen. Dies sind zugleich die beiden Kennziffern, für die die Antragsgegnerin als Vorbetreiberin des Marktes eine besondere Aufklärungspflicht traf, da diese Werte die Eckdaten für den betriebswirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens darstellen und für einen außenstehenden Betriebsübernehmer nicht selbst zu ermitteln sind. Auch die übrigen Prognosewerte, die die Antragsgegnerin in ihre Ertragsvorschau eingestellt hatte, stimmten unstreitig weitgehend mit den Betriebsergebnissen überein, die der Antragsteller erzielen konnte. Dies ergibt sich aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung (Bl. 75 ff....

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