Leitsatz (amtlich)
1. Das Beschwerdegericht ist berechtigt, im Rahmen seiner Kostenfestsetzung auch die Aufwendungen des obsiegenden Verfahrensbeteiligten festzusetzen, die im Verfahren vor der Vergabekammer entstanden sind. Es bleibt offen, ob das Beschwerdegericht zu dieser Kostenfestsetzung auch verpflichtet ist.
2. Hat das Beschwerdegericht eine Entscheidung in der Hauptsache einschließlich einer Kostenentscheidung getroffen, so liegt hierin zugleich ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel bezüglich der Erstattungspflicht für Kosten und Aufwendungen im Verfahren vor der Vergabekammer.
3. Überschreitet der vom Verfahrensbevollmächtigten des obsiegenden Verfahrensbeteiligten vorgenommne Gebührenansatz einer Rahmengebühr die einem Rechtsanwalt im Rahmen der Billigkeitskontrolle nach § 14 RVG eingeräumte Toleranzgrenze von 20 % nicht, so kommt ihr kraft Gesetzes Verbindlichkeit zu und hindert das Beschwerdegericht daran, eigene Vorstellungen über einen angemessenen Gebührenansatz an die Stelle der Festlegungen der Verfahrensbevollmächtigten zu setzen.
4. Das Gestattungsverfahren nach § 115 Abs. 2 S. 1 GWB ist kostenrechtlich als eine vom Hauptsacheverfahren verschiedene Angelegenheit i.S.v. § 17 RVG anzusehen, in dem weitere - erstattungsfähige - Gebührenansprüche entstehen können (unter Aufgabe der Rechtsprechung im Beschl. v. 15.6.2006 - 1 Verg 5/06).
Verfahrensgang
1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt (Aktenzeichen 1 VK LSA 14/13, 1 VK LSA 6/14) |
Tenor
Die Erinnerung des Antragsgegners gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des OLG Naumburg vom 3.12.2014 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 27.1.2015 wird zurückgewiesen.
Auf die Erinnerung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des OLG Naumburg vom 3.12.2014 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die aufgrund des Beschlusses des OLG Naumburg vom 30.4.2014 vom Antragsgegner an die Antragstellerin zu erstattenden Kosten werden auf 5.237,08 EUR nebst Zinsen hierauf i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 2.6.2014 festgesetzt.
Der weiter gehende Kostenfestsetzungsantrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Die weiter gehende Erinnerung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Erinnerungsverfahrens haben der Antragsgegner zu 71 % und die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zu 29 % zu tragen.
Der Kostenwert des Erinnerungsverfahrens wird auf insgesamt 3.730,90 EUR festgesetzt, wovon 2.004,90 EUR auf die Erinnerung des Antragsgegners und 1.726 EUR auf die Erinnerung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin entfallen.
Gründe
A. Das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren hat sich auf ein am 11.10.2013 eingeleitetes Vergabeverfahren, betreffend die EU-weite Ausschreibung eines Lieferauftrags zur Beschaffung von Baumanagementsoftware, bezogen. Mit Schriftsatz vom 12.11.2013 hat die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit dem Ziel beantragt, dass dem Antragsgegner die Auswahl von Teilnehmern für das Verhandlungsverfahren untersagt werden möge und dass er verpflichtet werde, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht die Durchführung des Teilnahmewettbewerbs unter Beachtung der Rechtsauffassungen der Vergabekammer zu wiederholen. Das Nachprüfungsverfahren ist von der 1. Vergabekammer unter dem Aktenzeichen 1 VK LSA 14/13 geführt worden. Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 24.1.2014 die vorzeitige Gestattung der Zuschlagserteilung beantragt und hierzu ausgeführt, dass er inzwischen den Teilnahmewettbewerb durch Auswahl von drei Bietern abgeschlossen, mit diesen das Verhandlungsverfahren durchgeführt und das Angebot eines Bieters für die Erteilung des Zuschlags ausgewählt habe. Das insoweit zunächst unter dem Aktenzeichen 1 VK LSA 6/14 gesondert registrierte Verfahren ist mit Beschluss vom 30.1.2014 mit dem - fortan führenden - Nachprüfungsverfahren 1 VK LSA 14/13 verbunden worden.
Die Vergabekammer hat dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 31.1.2014 stattgegeben und zugleich den Antrag auf vorzeitige Zuschlagsgestattung des Antragsgegners als erledigt angesehen. Hiergegen hat der Antragsgegner sofortige Beschwerde mit dem Ziel der Zurückweisung des Nachprüfungsantrags eingelegt. Das Begehren einer vorzeitigen Zuschlagserteilung hat er im Beschwerdeverfahren nicht weiter verfolgt.
Der Senat hat nach mündlicher Verhandlung mit seinem am 30.4.2014 verkündeten Beschluss die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen und ihm die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Auslagen der Antragstellerin auferlegt. Den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens hat der Senat auf eine Gebührenstufe bis zu 30.000 EUR festgesetzt.
Die Antragstellerin hat nach Rücknahme ihres Kostenfestsetzungsan...