Entscheidungsstichwort (Thema)

Mehrvertretergebühr

 

Leitsatz (amtlich)

Der Senat kann offen lassen, ob es in keinem Fall der anwaltlichen Vertretung einer Bietergemeinschaft bzw. einer Auftraggebergemeinschaft in einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren gerechtfertigt ist, eine Mehrvertretungsgebühr in Ansatz zu bringen.

Jedenfalls dann, wenn mehrere öffentliche Auftraggeber ausdrücklich vertraglich vereinbaren, zum Zwecke der Durchführung eines gemeinsamen Beschaffungsvorgangs zu kooperieren (hier: Verkehrsvertrag mit gebietsübergreifendem Streckennetz), und hierzu einem Auftraggeber die ausschließliche Vertretung der Auftraggebergemeinschaft im Vergabe- und Vergabenachprüfungsverfahren unter Auferlegung der alleinigen Haftung für etwaige Verfahrensfehler übertragen, kommt eine Erhöhung der gesetzlichen Gebühren um eine Mehrvertretungsgebühr i.S.v. VV Nr. 1008 RVG nicht in Betracht.

 

Verfahrensgang

1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt (Aktenzeichen 1 VKA LSA 38/11)

 

Tenor

Auf die Erinnerung der Antragstellerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des OLG Naumburg vom 6.9.2013 aufgehoben.

Auf den Antrag der Antragsgegner zu 1) bis zu 4) vom 11.12.2012 werden die aufgrund des Beschlusses des Vergabesenats des OLG Naumburg vom 6.12.2012 von der Antragstellerin an die Antragsgegner zu 1) bis zu 4) als Gesamtgläubiger zu erstattenden Kosten des Beschwerdeverfahrens festgesetzt auf insgesamt ... EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 14.12.2012.

Der weiter gehende Antrag der Antragsgegner zu 1) bis zu 4) wird zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen der Beteiligten werden nicht erstattet.

 

Gründe

A. Im Beschwerdeverfahren hat der Vergabesenat des OLG Naumburg die sofortige Beschwerde der Antragstellerin mit seinem am 6.12.2012 verkündeten Beschluss kostenpflichtig zurückgewiesen. In derselben Entscheidung hat der Senat den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf einen Betrag bis zu ... EUR festgesetzt. Diese Streitwertfestsetzung ist durch den Beschluss des Senats vom 10.6.2013 bestätigt worden.

Die Antragsgegner zu 1) bis zu 4) haben mit Schriftsatz vom 11.12.2012, beim OLG eingegangen am 14.12.2012, die Festsetzung ihrer außergerichtlichen Auslagen im Beschwerdeverfahren beantragt. Dabei haben sie den vorgenannten Geschäftswert in Ansatz gebracht und als Verfahrensgebühr nach VV Nr. 3200 RVG eine 2,5-fache Gebühr (ursprünglicher Ansatz von 1,6 sowie Erhöhung nach VV Nr. 1008 um 0,9 wegen der Vertretung von insgesamt vier Antragsgegnern) berechnet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Kostenfestsetzungsantrags Bezug genommen.

Die Kostenrechtspflegerin des OLG Naumburg hat nach Anhörung der Antragstellerin mit Beschluss vom 6.9.2013 die von der Antragstellerin an die Antragsgegner zu 1) bis zu 4) zu erstattenden Kosten insgesamt auf 195.016,67 EUR festgesetzt und sich zur Begründung im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Voraussetzungen für eine Kostenfestsetzung auf der Grundlage der o.a. Kostenlast- und Streitwertfestsetzungsentscheidungen des Vergabesenats gegeben und der Ansatz einer Mehrvertretungsgebühr sachlich gerechtfertigt seien.

Die Antragstellerin hat gegen diesen ihr am 27.9.2013 zugestellten Beschluss am 11.10.2013 Erinnerung eingelegt und mit der Erinnerung den Ansatz der Mehrvertretungsgebühr beanstandet. Die Antragsgegner sind hierzu angehört worden. Mit Beschluss vom 12.11.2013 hat die Kostenrechtspflegerin der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

B. Die Erinnerung der Antragstellerin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die Festsetzung der erstattungsfähigen außergerichtlichen Auslagen der Antragsgegner zu 1) bis zu 4) als Gesamtgläubiger war zu korrigieren, weil die Erstattung einer Mehrvertretungsgebühr hier nicht gerechtfertigt ist.

I. Die Erinnerung gegen den Kostenansatz ist nach § 66 Abs. 1 GKG i.V.m. § 11 Abs. 1 und 2 RPflG zulässig.

II. Zur Entscheidung über die Erinnerung ist nach § 66 Abs. 6 S. 1 GKG der Vergabesenat durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter berufen, nachdem die Rechtspflegerin dem Rechtsmittel nicht abgeholfen hat.

III. Die angefochtene Kostenfestsetzung erweist sich hinsichtlich des Ansatzes der Mehrvertretungsgebühr als fehlerhaft. Die Voraussetzungen für eine Gebührenerhöhung nach VV Nr. 1008 RVG liegen hier nicht vor.

1. Allerdings sind die Antragsgegner zu 1) bis zu 4) und - ihnen folgend - die Kostenrechtspflegerin zu Recht davon ausgegangen, dass eine Gebühr nach VV Nr. 3200 RVG mit einem Ansatz des 1,6-fachen einer Gebühr angefallen ist. Dies wird von der Antragstellerin im Erinnerungsverfahren nicht mehr angegriffen.

2. Nach VV Nr. 1008 RVG erhöht sich die Verfahrens- oder Geschäftsgebühr, welche für einen Mandanten des Verfahrensbevollmächtigten anfällt, für jede weitere Person um den Summand von 0,3, wenn der Verfahrensbevollmächtigte in derselben Ang...

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