Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Verurteilung zur Zahlung einer Abfindung. Umfang der Amtsermittlungspflicht des FamG
Leitsatz (amtlich)
Die Verurteilung zur Zahlung einer Abfindung in einen noch nicht abgeschlossenen Versicherungsvertrag ist zulässig, wenn bei der etwaigen Vollstreckung der Versicherungsvertrag besteht.
Das Familiengericht hat im Rahmen seiner Amtsermittlung zu prüfen, ob der beabsichtigte Vertrag eine preiswerte Versicherung mit hoher Effiziens ist. Aus diesem Grund hätte es der Berechtigten aufgeben müssen, mehrere Angebote vorzulegen.
Eine Verurteilung kommt nur in Betracht, wenn von Amts wegen auch die finanzielle Leistungsfähigkeit festgestellt wird.
Normenkette
BGB §§ 1587g, 1587l
Verfahrensgang
AG Haldensleben (Beschluss vom 27.02.2009; Aktenzeichen 8 F 175/06) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Haldensleben, Zweigstelle Wolmirstedt, vom 27.2.2009 (Az.: 8 F 175/06) aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG - Familiengericht - Haldensleben, Zweigstelle Wolmirstedt, zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beschwerde des Antragsgegners vom 27.3.2009 ist gem. §§ 621e Abs. 1 und 3, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zulässig und führt in der Sache zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung an das AG.
Das AG hat seiner Entscheidung über die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs im Wege einer Abfindungszahlung mit Blick auf künftige Ausgleichsansprüche der Antragstellerin nach § 1587l BGB als Abfindungsart Zahlung in eine private Rentenversicherung der Antragstellerin mit Kapitalwahlrecht auf der Grundlage eines von der Antragstellerin eingeholten Vertragsangebots der "A." AG vom 31.7.2008 zugrunde gelegt (§ 1587l Abs. 3 BGB). Es ist nicht zu beanstanden, dass die Antragstellerin den Versicherungsvertrag noch nicht abgeschlossen hat, denn die Verurteilung zur Einzahlung in einen noch abzuschließenden Versicherungsvertrag ist möglich; ausreichend ist es, wenn bei der etwaigen Vollstreckung der Beitragszahlungsverpflichtung der Versicherungsvertrag besteht (vgl. OLGReport Schleswig 2006, 88; jurisPK-BGB/Bregger, 4. Aufl., § 1587l Rz. 15; Palandt/Brudermüller, BGB, 68. Aufl., § 1587l Rz. 10). Allerdings war die Antragstellerin aus Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Belange des Antragsgegners gehalten, Angebote mehrerer Versicherungsunternehmen einzuholen und eine preiswerte Versicherung mit hoher Effizienz auszuwählen (vgl. OLGReport Schleswig, a.a.O.). Auf die Vorlage nur eines einzigen Angebots durfte sie sich nicht beschränken. Das AG hätte daher im Rahmen der ihm auch bei der Durchführung des Verfahrens über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich obliegenden Amtsermittlungspflicht (§ 621a Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 12 FGG; vgl. insoweit FAKomm-FamR/Rehme, 3. Aufl., vor § 1587l BGB Rz. 77, 95, 108; Palandt/Brudermüller, BGB, 68. Aufl., Vorb vor § 1587 Rz. 12) vor Entscheidung über eine Abfindungszahlung des Antragsgegners auf der Grundlage eines Angebots eines privaten Renten- oder Lebensversicherungsunternehmens die Antragstellerin zur Vorlage einer angemessenen Anzahl von Vertragsangeboten verschiedener Versicherungen veranlassen müssen, um auf dieser Grundlage beurteilen zu können, ob die Antragstellerin eine kostengünstige Versicherung mit hoher Effektivität ausgewählt hat. Dies ist jedoch unterblieben.
Ferner hätte das AG vor dem Hintergrund des Amtsermittlungsprinzips positive Feststellungen dazu treffen müssen, dass eine dem Antragsgegner aufgegebene Abfindungszahlung diesem nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zuzumuten ist (vgl. OLGReport Schleswig, a.a.O.; Palandt/Brudermüller, BGB, 68. Aufl., § 1587l Rz. 8; jurisPK-BGB/Bregger, 4. Aufl., § 1587l Rz. 9). Zu diesem Zweck hätte es die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragsgegners zugrunde legen müssen, was es unterlassen hat. Vielmehr hat es sich mit der nicht weiter untersetzten Feststellung begnügt, der Antragsgegner müsse nach dem Angebot der "A." AG auf den Monat bezogen 49,83 EUR in die Lebensversicherung der Antragstellerin einzahlen, und dies erscheine in Anbetracht der Einkommensverhältnisse des Antragsgegners als Mediziner zumutbar. Über welche konkreten Einkünfte und Vermögensgegenstände im Einzelnen der Antragsgegner verfügt, hat das AG nicht ermittelt.
Da all dies vom AG nachzuholen und eine Neuberechnung durchzuführen sein wird, ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses analog § 572 Abs. 3 ZPO zur erneuten Behandlung und Beschlussfassung über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich an das AG zurückzuverweisen.
Der Schriftsatz der Antragstellerin vom 22.5.2009 rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht.
II. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 21 Abs. 1 Satz 1, 49 Nr. ...