Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 2 Abs. 1 S. 1 VAÜG bei Rentenbezug

 

Leitsatz (amtlich)

Auch wenn der zum Ausgleich verpflichtete Ehegatte schon Bezieher einer Rente ist, muss bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen das Verfahren zum Versorgungsausgleich ausgesetzt werden.

Eine Aussetzung kann durch Vereinbarung nach § 1587o Abs. 2 BGB bei geringen Anrechten vermieden werden. Durch die Vereinbarung darf die Ausgleichsrichtung jedoch nicht verändert werden.

 

Normenkette

BGB §§ 1587, 1587a, 1587b, 1587o Abs. 2; SGB VI § 101

 

Verfahrensgang

AG Haldensleben (Beschluss vom 26.09.2005; Aktenzeichen 8 F 310/03)

 

Tenor

Der Beschluss des AG Haldensleben vom 26.9.2005 wird abgeändert:

Vom Versicherungskonto Nr. ... des Antragsgegners bei der LVA Sachsen-Anhalt werden Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 3,95 EUR monatlich, bezogen auf den 31.10.2003, auf das Versicherungskonto Nr. ... der Antragstellerin bei der LVA Sachsen-Anhalt übertragen.

Der genannte Monatsbetrag ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens und des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.

Der Geschäftswert für die Beschwerde wird auf 1.000 EUR, für den Vergleich auf 100 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Ehe der Parteien wurde durch Urteil des FamG Haldensleben vom 24.5.2005 geschieden; der Versorgungsausgleich wurde abgetrennt. Durch Beschluss vom 26.9.2005 - in der Hauptakte lautet das Datum unrichtig auf den 24.5.2005 - wurde der Versorgungsausgleich durch Rentensplitting geregelt. Hierbei ging das FamG - zutreffend - davon aus, dass der Ehemann schon Bezieher einer Rente ist.

Die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland hat gegen die Entscheidung Rechtsmittel eingelegt. Sie weist darauf hin, dass der Ehemann zum Ausgleich verpflichtet ist. Da er schon Bezieher einer Rente ist, unterliegt er dem Rentnerprivileg nach § 101 SGB 6. Der Versorgungsausgleich müsse ausgesetzt werden, denn der Ehemann sei einerseits zum Ausgleich verpflichtet, die Ehefrau verfüge aber alleine über West-Anrechte. Die Voraussetzungen für einen Ausgleich derzeit nach den §§ 2,3 VAÜG liegen nach Rechtsansicht der Versicherung nicht vor.

Die statthafte, insb. form- und fristgerechte Beschwerde der Rentenversicherung ist begründet. Dennoch war der Versorgungsausgleich durchzuführen, denn die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung am 26.1.2006 eine Vereinbarung geschlossen, dass die West-Anrechte der Ehefrau, die sich auf 0,30 EUR belaufen, als Ost-Anrechte behandelt werden sollen. Eine solche Vereinbarung ist zulässig und im konkreten Fall auch zweckmäßig (BGH v. 5.9.2001 - XII ZB 28/97, MDR 2001, 1410 = BGHReport 2002, 20 = FamRZ 2001, 1701), denn sie vermeidet die Aussetzung bei geringen Sperrwerten und ermöglicht so eine Beendigung des Verfahrens. Einer ausdrücklichen Genehmigung bedarf es nicht, vielmehr ist es ausreichend, dass das Gericht nach § 53d FGG unter Berücksichtigung der Vereinbarung den Versorgungsausgleich durchführt. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass bei einem Wert von 0,30 EUR keinerlei Bedenken bestehen, diese Vereinbarung als wirksam zu betrachten und zu genehmigen. Auch wird die Ausgleichsrichtung mit dieser Vereinbarung nicht verändert. Der ausgleichspflichtige Ehemann, unter dem Schutz des § 101 SGB 6 stehend, wird von der Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht betroffen.

Auf der Grundlage der genehmigten Vereinbarung ergibt sich daher folgender Ausgleich:

Die Parteien haben in der Ehezeit vom 1.10.1978 bis 31.10.2003 folgende Anrechte erworben:

a) der am 1.11.1949 geborene Antragsgegner:

Ges. Rentenvers. (Ost), monatlich 358,93 EUR, angleichungsdynamisch,

b) die am 8.7.1954 geborene Antragstellerin:

Ges. Rentenvers. (Ost), monatlich 351,04 EUR, angleichungsdynamisch, und zwar 350,74 originär als Ost-Anrecht zzgl. 0,30 EUR aufgrund der Vereinbarung als angleichungsdynamisch (Ost).

Danach ergibt sich folgende Ausgleichsbilanz:

Antragsgegner

Ges. Rentenvers. Ost 358,93 EUR

Antragstellerin

Ges. Rentenvers. Ost 351,04 EUR

Wertunterschied 7,89 EUR

Hälfte 3,95 EUR

Der Ausgleich erfolgt nach § 1587b Abs. 1 BGB i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a VAÜG durch Splitting i.H.v. 3,95 EUR.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 93a, 97 ZPO. Der Regelwert ist für das Rechtsmittelverfahren festzusetzen. Beim Vergleich war der Wert zu schätzen unter Berücksichtigung des Interesses der Parteien, dass das Verfahren nicht ausgesetzt sondern beendet wird.

 

Fundstellen

FamRZ 2006, 1547

NJOZ 2006, 2661

OLGR-Ost 2006, 577

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