Leitsatz (amtlich)
Eine Versendung i. S. d. Nr. 9003 Ziffer 1 KostVerzGKG liegt nicht vor, wenn die Akten von der aktenversendenden Behörde innerhalb eines Justizzentrums in ein dort befindliches Fach eines Anwaltes gelegt werden. Es ist dabei unerheblich, ob das Justizzentrum aus einem Gebäude, in welchem mehrere Gerichte bzw. die Staatsanwaltschaft untergebracht sind, oder aus mehreren nahegelegenen Gebäuden besteht.
Verfahrensgang
LG Stendal (Entscheidung vom 19.05.2011; Aktenzeichen 501 Qs 41/11) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Beschwerdeführers werden die Beschlüsse der 1. Strafkammer des Landgerichts Stendal vom 19. Mai 2011 und des Amtsgerichts Stendal vom 11. April 2011 sowie der Kostenansatz der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle der Staatsanwaltschaft Stendal vom 14. Februar 2011 aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt und mit der Vertretung der rechtlichen Interessen des Anzeigeerstatters in einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Stendal beauftragt. In dieser Eigenschaft beantragte er Akteneinsicht und bat um Übersendung der Akten in seine Büroräume.
Diese wurde ihm nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Stendal antragsgemäß gewährt und die Akten zu diesem Zweck in das sich innerhalb des aus u. a. der Staatsanwaltschaft Stendal und dem Amtsgericht Stendal bestehenden Justizzentrums befindliche Gerichtsfach des Beschwerdeführers beim Amtsgericht unter Erhebung einer Kostenpauschale in Höhe von 12 Euro gemäß Nr. 9003 KostVerzGKG eingelegt. Zwar lässt sich der Akte eine Anforderung der Kostenpauschale nicht entnehmen. Gerichtsbekannt ist jedoch, dass der Kostenansatz zugleich mit Ausführung der bewilligten Akteneinsicht, vorliegend am 14. Februar 2011, von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle erhoben wird.
Der Beschwerdeführer reichte die Akte mit Schreiben vom 16. Februar 2011 zurück unter der Mitteilung, von der Entrichtung der Aktenversendungspauschale abzusehen, da die Übersendung der Akte über das Gerichtsfach erfolgt sei.
Die Bezirksrevisorin vertritt die Ansicht, für die Versendung von Akten auf Antrag falle gemäß Nr. 9003 Ziffer 1 KostVerzGKG je Versendung grundsätzlich eine Pauschale in Höhe von 12 Euro an. Lediglich die Einlegung der Akte in das anwaltliche Gerichtsfach bei der aktenversendenden Behörde löse die Pauschale Nr. 9003 KostVerzGKG nicht aus, da es sich hierbei nicht um eine "Versendung" handele. Würden die Akten der Staatsanwaltschaft hingegen den Rechtsanwälten über deren im Amtsgericht befindliches Gerichtsfach zugeleitet, handele es sich um eine Aktenversendung i. S. d. Nr. 9003 Ziffer 1 KostVerzGKG, zumal der Transport der zu versendenden Akten von der Staatsanwaltschaft zum Amtsgericht kostenpflichtig durch einen Fremddienstleister durchgeführt werde.
Das Amtsgericht Stendal hat der Erinnerung mit Beschluss vom 11. April 2011 (21 Gs 494 Js 15845/10 (182/11)) nicht abgeholfen und wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage die Beschwerde zugelassen.
Mit der Beschwerde trägt der Beschwerdeführer im Weiteren vor, nicht er, sondern der von ihm vertretene Beteiligte sei als Kostenschuldner i. S. d. Nr. 9003 KostVerzGKG anzusehen. Im Übrigen bestreitet er, dass der Transport der zu versendenden Akten von der Staatsanwaltschaft zum Amtsgericht über eine Entfernung von ca. 50 Meter kostenpflichtig durch einen Fremddienstsleister durchgeführt werde, da dies gegen jegliche Wirtschaftlichkeit spräche. Zudem habe die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht ein Postfach, so dass, da das Überbringen und Einlegen der Akte in das Gerichtsfach beim Amtsgericht verbunden werden könnte, ein zusätzlicher Aufwand nicht entstehe.
Das Landgericht Stendal hat durch Beschluss vom 19. Mai 2011 (501 Qs 41/11 581 Js 15845/10) die Beschwerde zurückgewiesen und wegen der grundsätzlichen Bedeutung die weitere Beschwerde zugelassen. Zur Begründung führt es aus, lediglich dann, wenn sich ein Gerichtsfach unmittelbar bei der übersendenden Behörde befinde, falle die Kostenpauschale nach Nr. 9003 KostVerzGKG nicht an. Die Erhebung der Versendungspauschale im vorliegenden Fall entspräche dem Zweck des Kostentatbestandes, durch den die Aufwendungen des Justizfiskus für den Transport, die Bereitstellung von Personal für die Fertigung eines Begleitschreibens, das Erfassen des Standortes der Akte, das Anlegen eines Retentes sowie die Einsortierung der Akte in das Gerichtsfach und die Anschaffung und Entsorgung von Verpackung abgegolten werden sollen.
Mit der weiteren Beschwerde vom 14. Juni 2011 trägt der Beschwerdeführer unter Verweis auf sein bisheriges Vorbringen ergänzend vor, die vom Landgericht angeführten Personalkosten seien auch vorhanden, wenn die Akte in den Räumlichkeiten des jeweiligen Gerichts dem Anwalt übergeben bzw. in dessen Gerichtsfach gelegt werde. Auch eine Bereitstellung und Entsorgung von Verpackungsmaterial sei für den Transpor...